Germanwings-Absturz Zwei-Personen-Regel im Cockpit von Passagiermaschinen wird wieder aufgehoben

Die Zwei-Personen-Regel im Cockpit von Passagiermaschinen wird wieder aufgehoben. Nach Mitteilung des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) hat die Maßnahme, die nach dem in Selbstmordabsicht eines Copiloten im März 2015 herbeigeführten Absturz eines Germanwings-Flugzeugs eingeführt worden, nicht zu einer verbesserten Sicherheitslage geführt. Vom 1. Juni an dürfen sich Piloten und Copiloten wieder allein in der Flugzeugkanzel aufhalten. Die wichtigsten Fragen zum Thema:
Warum war die Zwei-Personen-Regel eingeführt worden?
Um einen erweiterten Selbstmord, der vor gut zwei Jahren sämtlichen Fluggästen und Besatzungsmitgliedern eines Passagierflugzeugs das Leben gekostet hatte, künftig auszuschließen. Der psychisch kranke Germanwings-Copilot Andreas Lubitz hatte nach Erkenntnissen deutscher und französischer Ermittlungsbehörden am 24. März 2015 einen Airbus A320-211 auf dem Flug von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich gegen ein Felsmassiv in den südfranzösischen Seealpen gelenkt. Dabei kamen alle 150 Passagiere und Besatzungsmitglieder an Bord ums Leben.
Wie hatte es dazu kommen können?
Lubitz nutzte eine kurze Abwesenheit des Piloten im Cockpit, um die Tür zur Kabine über eine Schaltleiste zu schließen, die nur vom Cockpit aus hätte entriegelt werden können. Eigentlich dient dieser Mechanismus dazu, Kanzelbesatzungen im Fall von Flugzeugentführungen zu schützen. In diesem Fall aber nutzte Kubitz die Schließvorrichtung, um die Maschine unter seine alleinige Kontrolle zu bringen, in den Sinkflug überzugehen und die Fluggeschwindigkeit auf das Maximum zu erhöhen.
Alle Versuche der Besatzung, ins Cockpit zu gelangen, blieben erfolglos. Zehn Minuten später zerschellte das Flugzeug auf dem Gebiet der kleinen französischen Gemeinde Prads-Haute-Bléone am Massif des Trois-Évêchés in den Alpen. Die nahe liegende Schlussfolgerung der Fluggesellschaften lautete damals: Kein Solo mehr im Cockpit. Künftig sollten sich stets mindestens zwei Personen in der Flugkanzel aufhalten. Die Neuerung hatte auch die Europäische Agentur für Flugsicherheit Aesa befürwortet.
Warum wird die Regelung nun wieder abgeschafft?
Weil sie die die Flugsicherheit nicht erhöht, sondern tendenziell eher verringert. „Die Evaluierung hat gezeigt, dass die Zwei-Personen-Regelung keinen Sicherheitsgewinn bringt“, begründet BDL die Entscheidung. Das häufigere Öffnen der Cockpittür und der um andere Besatzungsmitglieder erweiterte zugangsberechtigte Personenkreis erhöhten das Risiko, dass Unbefugte das Cockpit stürmen und das Flugzeug in ihre Gewalt bringen könnten.
Die Gefahr eines „Angriffs von außen durch terroristische beziehungsweise kriminelle Handlungen“ müsse „nach wie vor höher eingeschätzt werden“, als eine Wiederholung der Selbstmord-Tragödie, heißt es in einer Erklärung des BDL. Seit dem Jahr 1931 habe es nur vier mit dem Fall Lubitz vergleichbare Suizide gegeben, davon zwei, in denen der Täter allein im Cockpit gewesen sei. Dem stünden 1074 Entführungen im gleichen Zeitraum gegenüber.
Was bleibt als Konsequenz?
Die Fluggesellschaften haben gründlichere ärztliche Untersuchungen der Cockpitbesatzungen eingeführt. Dabei sollen die Mediziner verstärkt auch auf psychologische und psychiatrische Auffälligkeiten achten. Lubitz hatte unter Depressionen gelitten, war am Tag der Tat krankgeschrieben und von seinem Arzt an eine Psychiatrie überweisen worden, ohne dass der Arbeitgeber davon etwas wusste.