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Zoll-Jahresbericht Zoll-Jahresbericht: Milliardenschaden durch Schwarzarbeit

Von Stefan Sauer 17.04.2018, 12:52
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (Mitte, SPD) schaut sich mit Hans Josef Haas (links), Vizepräsident der Generalzolldirektion, bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Zolls für 2017 im Bundesfinanzministerium einige Ausstellungstücke von geschmuggelten Medikamenten an.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (Mitte, SPD) schaut sich mit Hans Josef Haas (links), Vizepräsident der Generalzolldirektion, bei der Vorstellung der Jahresbilanz des Zolls für 2017 im Bundesfinanzministerium einige Ausstellungstücke von geschmuggelten Medikamenten an. dpa

Berlin - Der Jahresbericht des Zolls 2018 kündet von Erfolgen: 2017 haben Zollfahnder fast 2520 Verfahren wegen Verstößen gegen das Mindestlohngesetz eingeleitet. Gegenüber dem Vorjahr mit 1651 Fällen bedeutet das ein Plus von rund 52 Prozent. Auch im Kampf gegen illegale Beschäftigung erzielten die Behörden Fortschritte: Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) prüfte 2017 mehr als 52.000 Arbeitgeber und damit ein Fünftel mehr als im Jahr zuvor. 108.000 Strafverfahren konnten abgeschlossen werden, dabei wurden Freiheitsstrafen von insgesamt 1650 Jahren verhängt. Die ermittelte Schadenssumme belief sich auf knapp eine Milliarde Euro nach 890 Millionen Euro 2016.

Allerdings kann all das nicht darüber hinweg täuschen, dass es sich bei den aufgedeckten Verstößen lediglich um zarte Spitzen furchterregender Eisberge handelt. Das Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Tübingen errechnete für das Jahr 2015 eine Summe von 336 Milliarden Euro, die an Steuerbehörden und Sozialversicherungen vorbei der Schattenwirtschaft zuzurechnen sind. Das entsprach knapp elf Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung des Jahres.

Aufstockung des Personals soll 2019 abgeschlossen 

Ähnliche hohe Dunkelziffern wie im Bereich der Schwarzarbeit dürfte es auch hinsichtlich der Mindestlohnverstöße geben. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kam 2017 auf Basis von Beschäftigtenbefragungen zu dem Ergebnis, dass 2016 rund 1,8 Millionen Beschäftigte weniger Arbeitseinkommen erhalten hatten als die seinerzeit vom Mindestlohngesetz vorgeschriebenen 8,50 Euro pro Stunde. Anfang 2017 war der Mindestlohn auf 8,84 Euro angehoben worden, was einen Rückgang der Verstöße nicht eben wahrscheinlicher macht. Vor diesem Hintergrund nehmen sich 2518 Mindestlohnverfahren im vergangenen Jahr doch recht bescheiden aus.

Immerhin soll die Aufstockung des Zollpersonals um 1600 Stellen, die 2015 bei Einführung des Mindestlohns angekündigt worden, Ende 2019 abgeschlossen sein. Dessen ungeachtet beklagt die Deutsche Zoll-und Finanzgewerkschaft (BDZ) einen eklatanten Personalmangel in den bundesweit 253 Zollämtern und acht Zollfahndungsämtern. Nach Angaben der BDZ fehlen bundesweit 3500 Stellen. Bei einem Personalstand von aktuell 390.000 Beschäftigten bedeutet dies eine Unterdeckung von rund neun Prozent, und dies nicht nur in der FKS mit derzeit rund 6900 Beamtinnen und Beamten, sondern in praktisch allen Bereichen. Der Zoll könne seinen Aufgaben kam mehr nachkommen, sagte der BDZ-Chef Dieter Dewes dem „Handelsblatt“ am Dienstag.

Aufgaben des Zolls werden komplexer

Das mag übertrieben sein oder nicht, fest steht: Der Zoll hat eine wachsende Zahl komplexer Aufgaben zu bewältigen. Längst geht es nicht mehr nur um Einfuhrkontrollen in Grenzgebieten, auf Airports und in Postämtern, an See- und Binnenhäfen, bei denen 2017 rund 228 Millionen Zollabfertigungen registriert und 5,1 Milliarden Euro Importzölle erhoben wurden. Der Zoll ist unter anderem auch für die KfZ-Steuer mit Jahreseinnahmen von zuletzt 8,9 Milliarden Euro zuständig. Er erhebt zudem Verbrauchssteuern, etwa auf Tabak und Strom, in Höhe von 59,3 Milliarden Euro sowie Umsatzsteuer auf importierte Waren und Güter von 56 Milliarden Euro. Mit Gesamteinnahmen von 131 Milliarden Euro trug der Zoll 2017 fast 40 Prozent zum Budget des Bundes bei.

In den Aufgabenbereich des Zolls fällt auch der Kampf gegen Drogenschmuggel, Geldwäsche, Produktpiraterie, illegalen Waffenhandel, Umsatzsteuerbetrug, Verstöße gegen das Internationale Artenschutzabkommen und verbotene Arzneimitteleinfuhren. Diese Delikte verlagern sich zudem immer stärker ins Internet, was die Kontrollen noch aufwändiger macht. Hinzu kommt der Austritt Großbritanniens aus der EU. Nach Ende der Übergangsfrist zum Jahreswechsel 2020/21 werde es im Warenverkehr mit dem Vereinigten Königreich auch wieder Zollkontrollen geben, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Dienstag während der Präsentation des Jahreszollberichts. Daher werde es eine weitere Aufstockung des Personals geben. Nähere Angaben machte der Minister nicht.