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Wo der Rubel rollt Wo der Rubel rollt: Darum bleibt Halle die "ärmste" Stadt in Sachsen-Anhalt

Von Steffen Höhne 16.11.2019, 01:00
Menschen in Sachsen-Anhalt können laut Deka-Studie jeden Monat 172 Euro auf die hohe Kante legen. 
Menschen in Sachsen-Anhalt können laut Deka-Studie jeden Monat 172 Euro auf die hohe Kante legen.  dpa-tmn

Halle (Saale) - Die Sachsen-Anhalter werden reicher. Im Schnitt besitzt jeder Einwohner ein Geldvermögen von 36 400 Euro. Damit hat sich das Vermögen in den vergangenen zehn Jahren um die Hälfte erhöht, 2009 lag es noch bei 24.100 Euro. Dies geht aus einer aktuellen Studie der Deka-Bank hervor. Regional gibt es aber deutliche Unterschiede.

Besonders viel Vermögen haben die Menschen in den Landkreisen Jerichower Land, Börde und Saalekreis mit mehr als 40.000 Euro angehäuft. Am unteren Ende liegen der Salzlandkreis, Stendal und Halle (siehe Grafik). „Trotz der niedrigen Zinsen sparen die Bürger mehr“, sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater. Die Sparmotivation sei dabei nicht vorrangig der Zins, sondern die Altersvorsorge.

Geldvermögen: Starkes Gefälle zum Westen

Im Vergleich zu Westdeutschland besteht weiter ein beträchtlicher Abstand. Insgesamt hat jeder Bundesbürger im Schnitt ein Geldvermögen von rund 51.800 Euro. „Die Abstände innerhalb Deutschlands sind nicht verwunderlich, viele Westdeutsche hatten 40 Jahre mehr Zeit zum Sparen“, erläutert Kater.

Zum Geldvermögen zählen nicht nur Einlagen bei Banken und Sparkassen, sondern auch Aktien, Fonds und Ansprüche gegenüber Lebensversicherungen. Nicht einbezogen sind Immobilien. Für die Studie hat die Deka-Bank Umfragen bei Sparkassen erhoben und Daten der Bundesbank sowie wirtschaftliche Kennziffern der Regionen ausgewertet.

Für die regionalen Unterschiede macht Alexander Meßmer, Vorstand der Saalesparkasse, vor allem die Wirtschaftskraft in den Landkreisen verantwortlich. „Im Saalekreis haben viele Großunternehmen aus der Chemie ihren Sitz, deren Mitarbeiter gut verdienen.“ Zudem seien gerade in den 90er Jahren viele vermögende Hallenser in den Saalekreis gezogen und hätten dort gebaut.

Dass Halle die „ärmste“ Stadt in Sachsen-Anhalt ist, hat mehrere Gründe. So wohnen in den großen Plattenbausiedlungen Halle-Neustadt und Silberhöhe viele Langzeitarbeitslose und Ausländer, die oft gar kein Vermögen besitzen. „Zudem haben viele Studenten ihren Hauptwohnsitz in Halle, die meist nur wenig Vermögen besitzen“, sagt Meßmer. Zwischen den Stadtteilen gibt es jedoch eine deutliche Spreizung. So liegt das Geldvermögen in der nördlichen Innenstadt bei knapp 35.000 Euro je Einwohner, in der westlichen Neustadt aber nur bei 29.000 Euro. Vor allem Menschen, die bei der Stadt, Schulen, Landesbehörden und der Universität arbeiten, verdienen überdurchschnittlich gut.

Der starke Anstieg der Geldvermögen in Sachsen-Anhalt in den vergangenen zehn Jahren erklärt Deka-Volkswirt Kater mit einem Rückgang der Arbeitslosigkeit und dem Umstand, dass Vermögen von Älteren auf Jüngere übertragen wird. „Das, was nach der Wende erarbeitet wurde, wird jetzt auch vererbt“, so Kater.

Wohlstand: Ein Drittel der Deutschen ohne jegliches Vermögen

Über die reale Verteilung des Wohlstandes sagen die Durchschnittswerte aber wenig aus. So wies die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung zuletzt darauf hin, dass knapp ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland gar kein Vermögen besitzt, das wohlhabendste Zehntel der Bürger dafür 60 Prozent des Vermögens. In der Millionärshochburg in Starnberg (Bayern) liegt das Geldvermögen bei 91.000 Euro.

Im Schnitt können die Sachsen-Anhalter laut Deka-Studie jeden Monat 172 Euro auf die hohe Kante legen. Kater verweist allerdings darauf, dass durch die derzeitigen Niedrigzinsen die üblichen Gewinne bei Bankeinlagen komplett verloren gehen. Der Grund: „Durch die Inflation, die aktuell bei 1,5 Prozent im Jahr liegt, verliert ein bestehendes Geldvermögen sogar an Kaufkraft.“

Kater nennt das „Realzinsfalle“, die auf zehn Jahre 15 Prozent beträgt. Der Banker geht davon aus, dass bis Mitte 2025 die Zinsen nicht steigen werden. Verantwortlich dafür sieht er vor allem die älter werdende Bevölkerung in Europa, die mehr spart als investiert. Folglich sinke der Preis für Geld - also der Zins.

Positive Renditen

Um dennoch Renditen zu erzielen, empfiehlt Kater, breit gestreut in Aktien oder Fonds zu investieren. „Es gibt bei Aktien ein Schwankungsrisiko durch Markteinbrüche, auf zehn oder 15 Jahre gesehen, waren die Renditen in der Vergangenheit aber immer positiv.“ Allein die jährlichen Dividenden, die einige Unternehmen ausschütten, liegen bei drei Prozent und mehr.

Bisher sind die Bankkunden, vor allem wegen schlechter Erfahrungen beim Börsencrash Anfang der 2000er Jahre, aber zurückhaltend. Nur knapp fünf Prozent der Sachsen-Anhalter besitzen Aktien, fast 15 Prozent Fonds. „Wir sehen aber, dass die Kunden sich mehr mit dem Thema beschäftigen und auch investieren“, sagt Sparkassen-Vorstand Meßmer. So sei in den vergangenen drei Jahren der Anteil der Fondsbesitzer um drei Prozentpunkte gestiegen. (mz)