Trotz Booms Weihnachten 2017: Kleine Händler blicken pessimistisch auf das Weihnachtsgeschäft

Berlin - Ein Rekord jagt den nächsten: Das achte Jahr in Folge dürfte der deutsche Einzelhandel seinen Umsatz im Weihnachtsgeschäft steigern. Für die Monate November und Dezember erwartet der Branchenverband HDE Einnahmen in Höhe von 94,5 Milliarden Euro – drei Prozent mehr als im Rekordjahr 2016. Allerdings: Nicht alle Händler profitieren von dem positiven Trend.
„Die Schere zwischen Groß und Klein öffnet sich immer weiter“, sagte HDE-Präsident Josef Sanktjohanser bei der Vorstellung der Prognose am Donnerstag in Berlin. Eine Umfrage unter 400 Geschäften in ganz Deutschland habe gezeigt, dass gerade einmal jedes vierte kleinere Unternehmen für dieses Jahr mit einem Umsatzplus rechnet. Bei den Einzelhändlern mit 100 oder mehr Beschäftigten sind es dagegen 45 Prozent. Auch die Erwartungen an das Weihnachtsgeschäft seien deshalb sehr unterschiedlich.
„Strukturen des Fachhandels schmelzen dahin“
„Die typischen Strukturen des Fachhandels in kleineren und mittleren Städten schmelzen dahin“, sagte Sanktjohanser. Als Grund sieht er den enormen Angebotsdruck, den der Online-Handel, aber auch große Ketten mit ihrer Warenvielfalt erzeugten. Kleine und mittelständische Unternehmen könnten da nicht mithalten. Kunden kauften Dinge, die über den Grundbedarf hinausgehen, eher in großen Geschäften oder im Internet. „Das ist hoch bedauerlich aus Sicht der Innenstädte.“
Eine Chance für kleine Händler könnte eine Öffnung am 24. Dezember sein, sagte Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des HDE. Es könnte sich für sie lohnen, weil ihr Personalaufwand geringer ist. Der Verband spreche sich allerdings nicht für oder gegen eine Öffnung aus, sondern überlasse die Entscheidung den Geschäften. „Der 23. Dezember wird der absolute Boom-Tag“, fügte Genth hinzu. Nicht nur, weil letzte Geschenke eingekauft werden, sondern auch weil Supermärkte drei Tage lang geschlossen sein werden.
Zwei Tage weniger in der wichtigsten Zeit des Jahres
Weil Heiligabend und Silvester auf einen Sonntag fallen, fehlen im Dezember in diesem Jahr zwei Verkaufstage. Dies habe die Umsatzprognose um sieben Prozent nach unten gezogen, sagte Verbandspräsident Sanktjohanser. Für den Handel ist das Weihnachtsgeschäft die wichtigste Zeit im Jahr. Im stationären Handel macht es 19 Prozent des Jahresumsatzes aus, im Online-Handel gut ein Viertel.
Der Online-Handel nimmt im Weihnachtsgeschäft eine immer größere Rolle ein. Für dieses Jahr rechnet der HDE mit einem Umsatz von 12,2 Milliarden Euro im Internetgeschäft – das sind zehn Prozent mehr als 2016. Damit erhöht sich der Online-Anteil am vorweihnachtlichen Umsatz auf knapp 13 Prozent. Immer mehr stationäre Händler bieten mittlerweile auch Waren im Netz an, weswegen die Trennung der Zahlen laut Handelsverband immer schwieriger wird.
Im Schnitt wollen Verbraucher in diesem Jahr 466 Euro für Geschenke ausgeben, elf Euro weniger als im Vorjahr. Befragt wurden dazu 56.000 Menschen über zwölf Jahren. Große Überraschungen unter dem Christbaum wird es einer Umfrage der FOM Hochschule im Auftrag des HDE zufolge nicht geben: Bei den Dingen, die am liebsten verschenkt werden, rangiert wie auch in den Vorjahren der Gutschein an erster Stelle, gefolgt von Kosmetik und Büchern. Die Händler erwarten den meisten Umsatz mit Spielwaren, Büchern und Unterhaltungselektronik.