Gaskonzern will ergrünen VNG investiert in alternative Energiequellen in Sachsen-Anhalt
Die Leipziger VNG investiert massiv in Biogas- und Wasserstoff-Projekte. Das Geld dafür wird im traditionellen Geschäft verdient, das vom Kohleausstieg profitiert.
Halle (Saale) - Der Leipziger Gaskonzern VNG will in den kommenden Jahren deutlich grüner werden. Dazu soll massiv Geld in Biogas- und Wasserstoffprojekte fließen. Allein im vergangenen Jahr investierte das Unternehmen laut Finanzvorstand Bodo Rodestock rund 60 Millionen Euro in neue Biogasanlagen.
Das Unternehmen betreibt nun in Nord- und Ostdeutschland insgesamt 38 Anlagen - zehn davon in Sachsen-Anhalt. Im Jahr 2018 waren es erst acht. „Wir haben substanzielle Fortschritte bei der Umsetzung unserer großen Zukunftsstrategie ‚VNG 2030+‘ gemacht“, sagte Vorstandschef Ulf Heitmüller am Dienstag bei der Vorstellung der Bilanz 2020. Das Unternehmen will sich langfristig unabhängiger vom fossilen Energieträger Erdgas machen. Heitmüller vermeidet es allerdings, konkrete Ziele für 2030 zu formulieren.
VGN setzt auf grüne Energie
Die 38 Biogas-Anlagen von VNG können jeweils etwa 50.000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgen. Der Bereich erwirtschaftet einen zweistelligen Millionenumsatz und arbeitet nach Angaben von Rodestock profitabel. Verglichen mit dem bisherigen Kerngeschäft, dem Kauf und Verkauf von Gas - der Konzernumsatz lag im vergangenen Jahr bei 9,8 Milliarden Euro - ist der Bereich jedoch vergleichsweise klein.
Heitmüller wirbt für Biogas mit dem Argument, dass es anders als Wind- und Solaranlagen „grundlastfähig Energie liefern kann“. In Deutschland gibt es etwa 1.000 Biogasanlagen. Der Markt ist sehr kleinteilig, mit 38 Anlagen gehört die VNG-Tochter Balance nun schon zu den Schwergewichten in der Branche.
Großprojekt im Saalekreis geplant
Um mittel- und langfristig stärker zu ergrünen, setzt VNG auf einen anderen Energieträger: Wasserstoff. Im „Energiepark Bad Lauchstädt“ (Saalekreis) plant VNG zusammen mit Partnern die Herstellung von grünem Wasserstoff. Dabei soll mittels Windstrom durch Elektrolyse Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden.
Der Wasserstoff soll in einer 180 Meter tiefen Kaverne gespeichert und über Pipelines an den Chemiestandort Leuna geliefert werden. Die Förderanträge dafür sind gestellt. „Wir rechnen Mitte 2021 mit dem positiven Bescheid und wollen dann mit der Umsetzung beginnen“, erklärt Produktionsvorstand Hans-Joachim Polk. Die VNG werde einen zweistelligen Millionenbetrag investieren.
VNG will CO2-Ausstoß reduzieren
Wasserstoff ist als Energieträger für die VNG auch deshalb interessant, da die bestehenden Erdgasnetze genutzt werden können. Vor wenigen Tagen beteiligte sich VNG auch an dem britischen Startup Hiiroc, das eine Technologie entwickelt hat, um Erdgas in Wasserstoff und Kohlenstoff aufzuspalten. Eine Freisetzung des klimaschädlichen Kohlendioxids könnte so vermeiden werden.
„Die Technologie kann für die Herstellungskosten von Wasserstoff ein echter Gamechanger sein“, erklärten Matthias Tischner und Andreas Päts, Geschäftsführer der VNG Innovation GmbH, zuletzt.
Konzern profitiert von Kernkraft- und Kohleausstieg
Das Geld verdient VNG jedoch derzeit in seinem traditionellen Geschäft. Der Konzern kauft vor allem in Russland und Norwegen Gas ein, dass in Deutschland an Stadtwerke, Regionalversorger und Industriebetriebe verkauft wird. Bei fast zehn Milliarden Euro Gesamtumsatz stand 2020 unter dem Strich ein Gewinn von 46 Millionen Euro. Aufgrund der Abschaltung der Atomkraftwerke bis Ende 2022 und dem Ausstieg aus der Kohle rechnet Heitmüller mit zusätzlichen Absätzen in den kommenden Jahren.
„Erdgas wird der letzte größere, grundlastfähige Energieträger in Deutschland sein“, so der VNG-Chef. Bereits im vergangenen Jahr stiegen die Einsatzzeiten der Erdgaskraftwerke deutlich. VNG erhöhte unter anderem dadurch seinen Gasabsatz um 16 Prozent auf 599 Milliarden Kilowattstunden.
Unterstützung für Nord Stream 2
Die massive Kritik an der neuen russischen Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee nach Deutschland kann der VNG-Chef daher auch nicht nachvollziehen. „Deutschland und Europa benötigt zusätzliche Erdgasmengen“, sagt Heitmüller. Die Pipeline leiste dazu einen Beitrag. (mz/Steffen Höhne)