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Verkauf Verkauf: Deutsche Bank kickt Postbank-Aktionäre raus

Von Nina Luttmer 27.08.2015, 14:48
Dunkle Wolken über der Zentrale der Deutschen Bank: Der Verkauf der Postbank könnte Milliarden kosten.
Dunkle Wolken über der Zentrale der Deutschen Bank: Der Verkauf der Postbank könnte Milliarden kosten. dpa Lizenz

Frankfurt - Da darf der Beobachter sich schon mal kurz am Kopf kratzen: Die Postbank wird von der Börse genommen, damit sie 2016 wieder an die Börse gebracht werden kann. Das hört sich konfus an – wie die ganze Geschichte der Postbank der vergangenen Jahre. Verursacht hat das Kuddelmuddel die Deutsche Bank. Sie hält 96,8 Prozent an der Postbank und wird auf der in Bochum stattfindenden Hauptversammlung des Instituts die Eigentümer der verbleibenden sieben Millionen Aktien in Streubesitz mittels eines sogenannten squeeze-outs aus dem Unternehmen drängen. Es ist ein Zwischenschritt, den die Deutsche Bank unternimmt, um ihr Postbank-Abenteuer dann ganz zu beenden.

Rückblick: Im September 2008, kurz vor dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers, verkündet die Deutsche Bank, dass sie die Postbank schrittweise übernehmen will. Es soll der ganz große strategische Wurf werden, die Deutsche Bank will damit die unangefochtene Nummer eins auf dem deutschen Privatkundenmarkt werden. Die Deutsche Post besitzt noch 50 Prozent plus eine Aktie der Postbank – die Deutsche Bank bietet ihr zunächst bis zu 57,25 Euro je Aktie an.

Gerichtsverfahren wegen niedriger Aktienangebote

Später, inmitten der Finanzkrise, wird noch einmal nachverhandelt und der Preis für weitere Aktien nach unten korrigiert. Mittels eines hoch komplexen Übernahmekonstrukts vermeidet die Deutsche Bank zunächst ein Pflichtangebot an die Kleinaktionäre. Ihnen bietet sie erst 2010 lediglich 25 Euro je Aktie an. Viele Anleger akzeptieren dennoch, aus Angst, sonst auf einer wenig gehandelten und möglicherweise fast wertlosen Postbank-Aktie festzusitzen. Gegen das niedrige Angebot läuft allerdings noch mindestens ein Gerichtsverfahren gegen die Deutsche Bank.

Übrig bleiben vor allem jene Anleger, die darauf spekulieren, dass die Deutsche Bank irgendwann einen squeeze-out – einen Zwangsausschluss der letzten Aktionäre – zu einem besseren Preis vornehmen wird. Dabei dürfte es sich hauptsächlich um Hedge-Fonds und nur noch um wenige Privatanleger handeln. Lange Zeit sah es allerdings nicht danach aus, dass die Deutsche Bank ihnen diesen Gefallen tun würde.

Lesen Sie im Folgenden, welcher Betrag den Aktionären je Aktie angeboten wird und warum diese vor Gericht auf eine höhere Summe hoffen können.

Doch dann kam im Frühjahr diesen Jahres plötzlich alles anders, als Bankenbeobachter es erwartet hatten. Ende April verkündete das Management der Deutschen Bank einen Strategiewechsel. Einer der radikalsten Schritte dabei: Die Postbank soll wieder abgestoßen werden. Bevorzugt über einen Börsengang. Damit die verbleibenden Aktionäre dem Vorgang nicht im Weg stehen, werden sie nun aus dem Unternehmen gedrängt. Im kommenden Jahr dann will die Deutsche Bank mindestens 50 Prozent plus eine Aktie der Postbank wieder an die Börse bringen – dann verschwindet das Bonner Institut aus ihrer Bilanz – und sich nach und nach auch vom ganzen Rest trennen.

Anleger können vor Gericht auf höhere Abfindung hoffen

Dafür sollen die Aktionäre nun 35,05 Euro je Aktie erhalten – die Abfindung berechnet sich nach dem durchschnittlichen gewichteten Aktienkurs zwischen dem 27. Januar und dem 26. April 2015, kurz bevor die Deutsche Bank den squeeze-out ankündigte. Die Deutsche Bank kostet es damit insgesamt etwa 245 Millionen Euro, um die Postbank ganz zu übernehmen.

Zu wenig, meinen Aktionärsschützer. „Das ist ein sehr niedriges Angebot“, meint Klaus Nieding von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW). Er rät daher allen Anlegern: „Abwarten, die Füße still halten.“ Denn es gilt als sicher, dass einige Anleger gegen die Höhe der Abfindung gerichtlich vorgehen werden. Kriegen sie Recht, bekommen alle Aktionäre eine höhere Summe. Allerdings bewertet Nieding die Erfolgsaussichten eher zurückhaltend.

Für die Deutsche Bank war das Postbank-Abenteuer ein teures Unterfangen. Mehr als sechs Milliarden Euro ließ Deutschlands größte Bank sich den Zukauf kosten. Hinzu kamen Integrationskosten, die die Bank nicht in Totalität beziffern will, die aber mehr als eine Milliarde Euro verschlangen. In einem aktuellen Gutachten im Auftrag der Deutschen Bank wird die Postbank zwar auch jetzt noch mit gut sechs Milliarden Euro – 27,59 Euro je Aktie – bewertet, doch dass die Deutsche Bank diese Summe wirklich an der Börse einnehmen kann, glaubt momentan niemand.

Lesen Sie im Folgenden, warum die Postbank immer noch attraktiv für Käufer ist und was den Mitarbeitern droht.

Kundenstamm macht die Bank für Käufer attraktiv

Auch wenn die Deutsche Bank den Börsengang offenbar als bevorzugte Option ansieht, ist davon auszugehen, dass sie auch einen Verkauf an einen strategischen Käufer prüfen wird. In der Vergangenheit galt die Postbank immer wieder als attraktiver Übernahmekandidat. Schon 2004 hatte die Deutsche Bank Interesse an einer Übernahme der Mehrheit an der Postbank von der Deutschen Post, ebenso die HypoVereinsbank. Später zeigte sich die spanische Bank Santander interessiert. Zuletzt wurde auch die französische BNP Paribas sowie die österreichische Bawag und der Finanzinvestor Cerberus in den Medien genannt.

Was die Bank für Käufer attraktiv macht ist ihr großer Kundenstamm. Offiziell sind es 14 Millionen, allerdings berichten Insider, dass die Bank auch mehrere Millionen „Karteileichen“ dazu zählt – Kunden, die nichts oder kaum etwas bei der Bank machen. Durch die Kooperation mit der Deutschen Post – die selbst gar keine Filialen mehr betreibt – laufen aber Millionen Kunden in die 1100 Postbank-Filialen, um Post-Geschäfte zu erledigen. Sie können stets auch für Postbank-Dienstleistungen angesprochen werden – ein großes Kundenpotenzial. In der Regel sind Postbank-Kunden aber eher an sehr einfachen Bankprodukten interessiert, mit denen das Geldhaus nicht in großem Stil verdienen kann.

Die Mitarbeiter der Postbank stehen derzeit vor einer Reise ins Ungewisse. Allerdings dürfte die Trennung von der Deutschen Bank die meisten Mitarbeiter nicht allzu sehr schmerzen. Die Unternehmenskulturen der als elitär geltenden Mutter und der eher bodenständigen Tochter haben nie so recht zueinander gepasst; viele Postbank-Mitarbeiter haben sich im Konzern daher nicht heimisch gefühlt. Bis Ende Juni 2017 hat Verdi den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen ausverhandelt. Zudem sind immer noch 34 Prozent der insgesamt mehr als 14700 Mitarbeiter Beamte mit sicheren Arbeitsplätzen.

Klar ist: Nach einem neuerlichen Börsengang wird auf den Hauptversammlungen der Postbank wieder mehr los sein. Im Jahr 2014 schrumpfte die Teilnehmerzahl auf gerade einmal rund 300 Teilnehmer. Auch heute werden im Bochumer RuhrCongress nicht viel mehr Aktionäre erwartet.