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Konzerne einigen sich auf Kaufpreis Übernahme: Vodafone zahlt 18,4 Milliarden für Unitymedia

Von Frank-Thomas Wenzel 09.05.2018, 16:00
Die Konzernzentrale von Vodafone Deutschland in Düsseldorf
Die Konzernzentrale von Vodafone Deutschland in Düsseldorf dpa

Frankfurt - Jetzt ruckt es in der Telekom-Branche. Nach jahrelangem Hin und Her wird der Kabelnetzbetreiber Unitymedia vom britischen Mobilfunkkonzern Vodafone übernommen. Das bedeutet zwar nur, dass Vodafone seiner Fernsehkabelsparte die Netze in NRW, Hessen und Baden-Württemberg einverleibt. Doch damit entsteht ein neuer Riese in der Branche, der es mit der Deutschen Telekom aufnehmen kann. Zugleich befürchten kleinere Anbieter eine massive Einschränkung des Wettbewerbs.

Die Übernahme ist Teil eines größeren Deals: Unitymedia gehörte bislang zu Liberty Global, einem der größten Breitband-Anbieter weltweit. Nun verkauft Liberty auch noch seine Aktivitäten in Tschechien, Ungarn und Rumänien. Die Transaktion hat ein Gesamtvolumen von 18,4 Milliarden Euro. Es ist die größte Übernahme in der Branche in Europa seit fünf Jahren. Die mit weitem Abstand wertvollste Komponente ist Unitymedia. Der Anbieter verfügt in den drei Bundesländern über rund 7,2 Millionen Kunden.

Die TV-Kabel wurden in den 1980er Jahren vom Staat verlegt und waren zunächst nur für den Fernsehempfang gedacht. Mit der Zerlegung und Privatisierung der Bundespost wurden die Netze der Deutschen Telekom zugeschlagen – allerdings mit der Auflage, sie weiterzuverkaufen. Nach mehreren Besitzerwechseln landeten 2014 die Netze von 13 Bundesländern bei Vodafone. Liberty war in den übrigen drei Ländern aktiv.

Vodafone hat Großes vor

Seit vier Jahren wird über die weitere „Konsolidierung“ spekuliert und verhandelt. Zwischenzeitlich sah es unter anderem auch einmal so aus, als würde Liberty den gesamten Vodafone-Konzern übernehmen. Experten waren sich indes einig, dass die beiden regionalen TV-Kabel-Monopole früher oder später wieder unter einem Dach vereinigt werden. Zuletzt ging es über mehrere Monate noch um den Kaufpreis.
Vodafone hat nun mit dem gesamtdeutschen Kabelnetz Großes vor. Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter will in den nächsten vier Jahren zwölf Milliarden Euro investieren, um für 25 Millionen Haushalte hierzulande nicht nur TV, sondern vor allem schnelle Internetverbindungen anbieten zu können.

Denn die Leitungen können mit relativ einfachen Mitteln für den Datentransport in Hochgeschwindigkeit ertüchtigt werden – das taugt auch für Bits und Bytes, die von Mobilfunkantennen weitergeleitet werden müssen. Übertragungsgeschwindigkeiten von 100 bis zu 400 Megabit pro Sekunde sind für Unitymedia-Kunden mittlerweile der Normalfall, deren Zahl in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist. Gestern gab das Kölner Unternehmen bekannt, dass in Bochum als erster deutscher Stadt nahezu flächendeckend sogar eine Datenrate bis zu 1000 Megabit angeboten werden kann. Ametsreiter will mit seinen Ausbauplänen „einen deutlichen Anschub für die digitale Infrastruktur“ geben und ein „starkes Signal für den Markt“ aussenden. Er meint damit vor allem, dass nun der Platzhirsch Deutsche Telekom herausgefordert wird. Die Bonner können bislang mit ihrer Infrastruktur maximal nur 100 Megabit offerieren – 250 Megabit werden von den Technikern gerade erprobt.

Telekom-Chef hatte vor Deal gewarnt

Telekom-Chef Tim Höttges hat die Übernahme als „wettbewerbsverzerrend“ bezeichnet. „Ich persönlich werde dafür kämpfen, dass wir im Sinne eines fairen Wettbewerbs für die Kunden alles tun werden, nicht benachteiligt zu sein“, so der Manager, der schon vor Wochen vor dem Deal gewarnt und ihn sogar als Gefahr für die Demokratie bezeichnet hatte.

Auch Stefan Albers, Geschäftsführer des Bundesverbandes Breitbandkommunikation, warnt vor einer Einschränkung des Wettbewerbs zulasten von Verbrauchern und Unternehmen“. Er vertritt vor allem Stadtnetzbetreiber, viele davon haben eigene Glasfaserleitungen verlegt. Vodafone wird künftig ein noch mächtigerer Konkurrent, der TV-Empfang, schnelles Internet und Mobilfunk bundesweit aus einer Hand anbieten kann. Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes Verbraucherzentrale, hingegen freut sich, da Wettbewerb gegen die Telekom für Verbraucherschützer wünschenswert sei.

Sicher ist indes, dass sowohl das Bundeskartellamt als auch die EU-Kommission die Übernahme sehr genau prüfen werden. Brüssel hatte 2016 in Großbritannien die Fusion des Mobilfunkers O2 mit dem Kabelnetzbetreiber CK Hutchison untersagt. Gleichwohl: Albers und viele andere Vertreter der Telekom-Branche halten die Unity-Übernahme letztlich für vertretbar, wenn die Bundesnetzagentur die Öffnung des Kabelnetzes für andere Anbieter verfügt. Denen müsste Vodafone dann seine Netze zu fairen Preisen zur Miete anbieten. Zu solch einem Zugriff der Rivalen auf eigene Infrastruktur ist bislang nur die Deutsche Telekom verpflichtet.