1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Stiftung Warentest: Stiftung Warentest: Verheerendes Zeugnis für Bausparkassen

Stiftung Warentest Stiftung Warentest: Verheerendes Zeugnis für Bausparkassen

Von Thorsten Knuf 20.01.2015, 13:22
Der richtige Bausparvertrag ist nicht einfach zu finden.
Der richtige Bausparvertrag ist nicht einfach zu finden. dpa Lizenz

Berlin - Wer ein Haus oder eine Wohnung erwerben will, erhält bei den Banken derzeit Kredite zum Schleuderpreis. Die Zinsen haben einen historischen Tiefstand erreicht. Gleichwohl kann es sich in vielen Fällen weiterhin lohnen,  den Abschluss eines klassischen Bausparvertrags in Betracht zu ziehen. Darauf machte am Dienstag die Stiftung Warentest in Berlin aufmerksam.

„Wer zum Beispiel in sieben oder zehn Jahren bauen will, sichert sich damit bereits heute einen Kredit zu niedrigen Zinsen“, sagte der Chef der hauseigenen Zeitschrift Finanztest, Heinz Landwehr. Zwar erhielten die Bausparer bis dahin kaum Zinsen für ihre Sparraten. „Doch dieser Nachteil fällt nicht schwer ins Gewicht, weil es für Geld auf dem Sparkonto zurzeit auch nur Minizinsen gibt.“

Allerdings ist der Abschluss eines passenden Bausparvertrags kein einfaches Unterfangen. Bei den Bausparkassen liegt nämlich vieles im Argen, wie die Warentester in einer groß angelegten Untersuchung herausfanden. Die Qualität der Beratung ist oft miserabel, häufig werden den Kunden auch Angebote unterbreitet, die gar nicht ihren Wünschen oder finanziellen Möglichkeiten entsprechen. „Wäre der Bausparvertrag ein Anzug, hätte er in vielen Fällen ähnlich gut gepasst wie in dem legendären Loriot-Sketch zum Anzugkauf: Entweder viel zu knapp. Oder – und das war der häufigere Fehler – viel zu groß!“, sagte Stiftungs-Bereichsleiter Holger Brackemann.

Nur drei Bausparkassen „gut“ getestet

Entsprechend fielen auch die Urteile der Warentester aus. Untersucht wurden alle 20 Bausparkassen in Deutschland. Nur drei von ihnen erhielten die Gesamtnote „gut“, nämlich Wüstenrot sowie die beiden Landesbausparkassen Baden-Württemberg und Ost. Vier Anbieter fielen mit einem „Mangelhaft“ ganz durch (LBS West, Aachener, Deutsche Bank und LBS Rheinland-Pfalz). Alle anderen schafften nur ein „Befriedigend“ oder „Ausreichend“. Die detaillierten Ergebnisse veröffentlicht die Stiftung in der neuesten Finanztest-Ausgabe, die an diesem Mittwoch in den Handel kommt.

Im Rahmen der Untersuchung hatten die Verbraucherschützer ihre Tester unerkannt zu insgesamt sieben Beratungsgespräche in Geschäftsstellen jeder Bausparkasse geschickt. Alle kamen mit demselben simplen Modellfall zum Gespräch: In zehn Jahren solle eine Immobilie finanziert werden. Bis dahin sei man in der Lage, bei einem Netto-Einkommen von 2.200 Euro pro Monat 400 Euro zu sparen. 15.000 Euro seien überdies auf einem Tagesgeldkonto angelegt. 

Ein Bausparvertrag funktioniert so, dass Anleger und Anbieter eine Bausparsumme vereinbaren. 40 bis 50 Prozent davon werden angespart und verzinst. Danach erhält der Kunde sein Erspartes und den Rest als Kredit ausgezahlt. Das Darlehen  muss er dann in monatlichen Raten abstottern.

Sehr schlechte Beratung

Die Qualität der Beratung erwies sich bei dem Test in vielen Fällen als verheerend. „Die Berater ließen kaum einen Fehler aus, und häufig machten sie auch gleich mehrere“, sagte Finanztest-Chef Landwehr am Dienstag. So hätten in jedem fünften Fall die Kunden zwölf Jahre auf das Geld für die Immobilie warten müssen, obwohl sie doch eigentlich  bereits nach zehn Jahren bauen wollten. Manche hätten auch erst nach 15 Jahren Geld erhalten. „Ein Mitarbeiter der LBS Rheinland-Pfalz versuchte einem Kunden sogar einen Vertrag anzudrehen, in den dieser bis zum Jahr 2039 einzahlen müsste. Dabei wollte er doch schon 15 Jahre vorher bauen.“ 

Grund für derartige  Verzögerungen: Die Berater versuchen häufig, den Kunden Verträge mit großen Bausparsummen anzudrehen. Denn nach deren Höhe richtet sich die Abschlussgebühr.

Einige Berater wollten die Kunden auch viel zu viel sparen lassen. An anderer Stelle hätten die Testkunden die Darlehen in „absurd hohen Raten“ zurückzahlen müssen, berichteten die Verbraucherschützer. So bot die Bausparkasse Mainz einem Tester ein Darlehen zum Minizins von 1,44 Prozent an. Dies hätte er jedoch innerhalb von vier Jahren in Monatsraten von mehr als 1.500 Euro zurückzahlen müssen – bei einem Netto-Einkommen von 2.200 Euro.

Auch die Dokumentation der Beratung ist häufig mangelhaft. In mehreren Fällen erhielten die Testkunden nur vollgekritzelte Schmierzettel. Andere Bausparkassen nutzten zwar die übliche Software, blendeten bei den Ausdrucken dann aber die Angaben zu Gebühren einfach aus. Mitunter bekamen die Kunden auch keine Spar- und Tilgungspläne mit auf den Weg. Fehlen derartige Informationen, ist es für Verbraucher nahezu unmöglich, die Offerten verschiedener Anbieter miteinander zu vergleichen.

Fazit der Warentester: An der Aufgabe, für den Kunden ein optimales Angebot zu erstellen, scheitern viele Bausparkassen. Verbraucher, die einen schlechten Vertrag unterschreiben, zahlten oft tausende Euro zu viel oder müssten ihren Immobilien-Kauf um Jahre verschieben.