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Solar-Krise Solar-Krise: Neustart misslungen?

Von Steffen Höhne 17.09.2013, 08:48
In Bitterfeld-Wolfen produzieren Solibro-Beschäftigte große Solarmodule. Die Fertigung wurde offenbar stark reduziert.
In Bitterfeld-Wolfen produzieren Solibro-Beschäftigte große Solarmodule. Die Fertigung wurde offenbar stark reduziert. Solibro Lizenz

Bitterfeld-Wolfen/MZ - Als das chinesische Unternehmen Hanergy Mitte 2012 die Q-Cells-Tochter Solibro für 35 Millionen Euro übernahm, konnten die damals 430 Beschäftigten zunächst aufatmen. Die neue chinesische Mutter garantierte, dass die Produktion von Solarmodulen am Standort erhalten bleibt. Hanergy-Vorstandschef Li Hejun sprach davon, dass Solibro und Hanergy „Synergien realisieren wollen, um den Kunden Mehrwert zu bieten.“

Mehr als ein Jahr nach der Übernahme ist dieser Plan offenbar nicht wie gewünscht aufgegangen. Die Produktion ist nach MZ-Informationen deutlich heruntergefahren worden, zwischenzeitlich soll es Kurzarbeit gegeben haben. „Die Beschäftigten wollen wissen, wie es weitergeht. Es ist eine schwierige Situation“, sagte Almut Kapper-Leibe, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Halle-Dessau auf MZ-Anfrage. Das Unternehmen gab gestern keine Stellungnahme ab. „Die Geschäftsführung befindet sich im Ausland“, teilte Solibro lediglich mit.

"Deutlich reduzierte Produktion"

Was ist passiert? Solibro galt einst als Perle im Solar-Unternehmen Q-Cells. Die Firma produziert sogenannte Dünnschichtmodule, die Sonnenlicht in Strom umwandeln. Die Produktionskapazität lag bei der Übernahme durch Hanergy bei 135 Megawatt im Jahr. Laut einem Insider beträgt die Auslastung der Anlagen seit einigen Monaten aber nur zehn Prozent. IG Metall und Betriebsrat wollten diese Zahl gestern nicht bestätigen. Die Rede war von einer „deutlich reduzierten Produktion“. Ein großer Teil der Beschäftigten arbeitet derzeit an der Weiterentwicklung der Solar-Module.

Für zusätzliche Unruhe sorgten Medienberichte Anfang September, wonach die Muttergesellschaft Hanergy die Patente des Dünnschichtherstellers Solibro GmbH und Solibro Research AB (Schweden) an Apollo Kunming, eine Tochterfirma von Hanergy Solar, übertragen hat. Einige Beschäftigte befürchten, dass es Hanergy nur um das geistige Eigentum von Solibro geht und nun die deutsche Produktion abgewickelt werde. Gewerkschafterin Kapper-Leibe sagte dazu: „Wir beobachten dies aufmerksam, wollen aber keine voreiligen Schlüsse ziehen.“

Die Zurückhaltung der Gewerkschaft dürfte zwei wesentliche Gründe haben: Zum einen laufen die Gespräche zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmensleitung zur Zukunft des Standortes. Zum zweiten ist Solibro auf die finanzkräftige Mutter angewiesen. Ohne die Überweisungen aus China wäre bei Solibro wohl schon längst das Licht ausgegangen. Die Ankündigung von Hanergy, künftig über die große Möbelhaus-Kette Ikea Solarmodule vertreiben zu wollen, sorgte zumindest für Aufmerksamkeit.

„Es ist eine Branchenkrise.“

Das Unternehmen aus Peking, das bisher stark in Wasserkraft-Projekten aktiv war, setzt auf Dünnschichtmodule, genauer auf die CIGS-Technologie. Statt dicker Siliziumscheiben kommt eine hauchdünne Schicht Kupfer, Indium, Gallium, Schwefel und Selen zum Einsatz. Die Produkte sind deutlich günstiger als herkömmliche kristalline Solarzellen und die Wirkungsgrade der Module werden immer höher.

Auf Einkaufstour ist Hanergy nicht nur in Deutschland gewesen. In den USA wurde das Solar-Unternehmen Miasole gekauft. Nach den abgeschlossenen Übernahmen verfügt der chinesische Konzern nach eigenen Angaben nun über eine Produktionskapazität von drei Gigawatt zur Herstellung von Dünnschichtmodulen, schreibt das Online-Portal PV Magazine. Hanergy betreibe auch mehrere Werke in China. Damit gehört der Konzern zu den großen der Solar-Branche.

In Deutschland verdient derzeit allerdings kaum ein Unternehmen mit der Produktion von Solarmodulen Geld. Zuletzt gab der Dünnschichtmodule-Hersteller Avancis aus Torgau (Sachsen) bekannt, dass er die Fertigung vorerst einstellt. Betroffen davon sind 200 Mitarbeiter. Alle Anbieter leiden unter der Konkurrenz durch asiatische Wettbewerber, die deutlich günstiger produzieren. „Solibro ist kein Einzelfall“, sagt Kapper-Leibe. „Es ist eine Branchenkrise.“

Neustart von Q-Cells gelungen

Der Solarzellen-Hersteller Q-Cells aus Bitterfeld-Wolfen hat sich nach der Insolvenz und der anschließenden Übernahme durch das südkoreanische Unternehmen Hanwha daher neu ausgerichtet. Produziert werden Solarzellen nun überwiegend in Malaysia. Die Zellen werden anschließend in China und Polen zu Modulen zusammengebaut. In Bitterfeld-Wolfen finden vor allem die Forschung und Entwicklung sowie der Vertrieb statt. Die verbliebene Produktion im Solar Valley wird genutzt, um Forschungsergebnisse schnell umzusetzen. Q-Cells-Chef Charles Kim will mit dieser Strategie im nächsten Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben. Der Neustart von Q-Cells ist zunächst gelungen.

Viele Mitarbeiter von Solibro vermissen eine klare Strategie bei ihrer Firma. Einige Facharbeiter sollen daher bereits zu anderen Unternehmen abgewandert sein. Ist der Neustart damit misslungen?