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Schlichtung beim Bahnstreik Schlichtung beim Bahnstreik: Es wird weiter geredet - und gestreikt

Von Thorsten Knuf 19.05.2015, 17:11
Die Züge stehen wieder.
Die Züge stehen wieder. AFP Lizenz

Berlin - Bahnkunden und Autofahrer müssen sich wegen des erneuten Lokführerstreiks auf chaotische Zustände im Fernverkehr gefasst machen. Die Deutsche Bahn fährt ab sofort wieder nach einem Notfahrplan. Besonders zum Pfingstwochenende dürfte es in den wenigen verkehrenden Zügen, auf Autobahnen und Landstraßen besonders voll werden.

Kurz vor Beginn des Streiks war am Dienstag versucht worden, den Ausstand mit Hilfe einer Schlichtung doch noch abzuwenden. Dazu trafen sich Vertreter des Arbeitgebers und der Gewerkschaft in Frankfurt am Main mit dem Juristen Klaus Bepler, einem ehemaligen Richter am Bundesarbeitsgericht. „Es ist Vertraulichkeit verabredet worden“, sagte eine Bahn-Sprecherin am Abend. Die Gespräche sollten kurzfristig fortgesetzt werden.

Tarifeinheit nicht verhandelbar

GDL-Chef Claus Weselsky sagte vor dem Treffen, dass im Falle einer Schlichtung der Streik binnen 12 bis 24 Stunden beendet werden könnte. Die inhaltlichen Fragen seien lösbar. Die GDL sei aber nicht bereit, über die Frage der Tarifeinheit schlichten zu lassen. Es sei ihr Grundrecht, für die Mitglieder einen Tarifvertrag abzuschließen – „und zwar egal, ob der abweicht von einem anderen Tarifvertrag oder nicht.“

Bahnvorstand Ulrich Weber nannte am Morgen als mögliche Themen: „Wie kommen wir in die Schlichtung? Welche Themen sind der Schlichtung zugänglich? Wir müssen die Diskussion um das Beschneiden von Grundrechten beenden, denn darum geht es nicht." Die Bahn verlangt in dem Konflikt bereits seit einiger Zeit eine Schlichtung.

Die GDL fordert in der laufenden Auseinandersetzung mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten. Eigentlicher Streitpunkt ist aber die Forderung der Gewerkschaft, auch einen Tarifvertrag für andere Berufsgruppen wie Zugbegleiter oder Mitarbeiter der Bordgastronomie abzuschließen. Diese werden bisher von der rivalisierenden Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) vertreten. Der Konzern will auf jeden Fall vermeiden, dass künftig in Unternehmen konkurrierende Tarifverträge gelten. Die GDL steht unter Druck, da der Bundestag am Freitag über das neue Gesetz zur Tarifeinheit abstimmen soll. Es könnte dazu führen, dass Spartengewerkschaften an Einfluss verlieren.

Für die neunte Streikrunde wurde das Streikgeld laut GDL für die teilnehmenden Lokführer von 75 auf 100 Euro erhöht. Bis Dezember hatte es noch bei 50 Euro gelegen. Wenn wie bei der letzten Streikrunde Anfang Mai mehr als 3000 Gewerkschaftsmitglieder am Streik teilnehmen, kostet das die GDL diesmal mehr als 30 000 Euro an Streikgeld pro Tag. Das sollte die GDL problemlos bezahlen können. Schließlich dürften die Einnahmen aus den Beiträgen der rund 34.000 Mitglieder pro Monat im mittleren sechsstelligen Bereich liegen.

50 Euro Streikgeld pro Teilnehmer und Tag

Einen Antrag auf Unterstützung durch die Dachorganisation Deutscher Beamtenbund (dbb) hat die Lokführergewerkschaft beim jetzt anlaufenden Streik jedenfalls nicht gestellt. Die dbb gewährt bei Arbeitskämpfen maximal 50 Euro Streikgeld pro Teilnehmer und Tag. Warum die GDL diesmal keine Unterstützung beansprucht, blieb offen. Allerdings hat sie in der laufenden Tarifauseinandersetzung nicht immer eine Antrag auf Streik-Hilfe gestellt, hieß es bei der dbb. Und wie gut Streikkassen tatsächlich gefüllt sind, ist seit jeher bei jeder Gewerkschaft eines der bestgehüteten Geheimnisse gewesen.