Ryanair streicht Flüge Ryanair streicht Flüge ab Leipzig/Halle

Schkeuditz - Auch der Flughafen Leipzig/Halle hatte seinen O’Leary-Moment. Mitte Februar 2013 stattete der Chef der irischen Fluglinie Ryanair dem mitteldeutschen Drehkreuz einen Besuch ab.
Der für seine klamaukigen Auftritte bekannte Geschäftsmann hielt sich rein äußerlich jedoch zurück. Zwei Jahre zuvor war er im Till Eulenspiegel-Kostüm nach Magdeburg-Cochstedt gereist, um dort das Engagement seiner Flotte zu verkünden.
Nach Schkeuditz kam er nur im Anzug, dafür jedoch mit warmen Worten: „Der Flughafen Leipzig/Halle ist einer der wachstumsstärksten Flughäfen für uns“, sagte Michael O’Leary damals im MZ-Gespräch. Und er prophezeite, dass der Airport in vier bis fünf Jahren zu einem Drehkreuz für die Billigfluglinie werden könnte.
Ryanair-Flüge ab Leipzig/Halle Auslastung bei 80 Prozent
Diese vier bis fünf Jahre sind nun vorbei. Ein Ryanair-Drehkreuz ist nicht entstanden - ganz im Gegenteil. Nachdem von einst sieben europäischen Verbindungen ohnehin nur noch eine nach London-Stansted übrig war, wird nun auch diese gestrichen.
Am 29. März fliegt Ryanair das letzte Mal von Leipzig/Halle aus in die britische Hauptstadt. Das bestätigten Flughafen und Airline.
Diese Entscheidung der Iren kommt dabei unerwartet. Schmallippig heißt es aus der Zentrale, dass „kommerzielle Gründe“ hinter dem Abschied stecken.
„Was das bedeutet, kann ich nicht sagen“, meint Uwe Schuhart, Sprecher des Flughafens, am Dienstag. „Schaut man sich die Auslastung der Strecke an, kann das Ende aber nicht an der Nachfrage gelegen haben.“
Dreimal in der Woche fliegt Ryanair derzeit nach London. Die Flüge sind zu 80 Prozent ausgelastet. Verglichen mit Großstadtverbindungen anderer Airlines eine überdurchschnittliche Quote. Flüge nach Istanbul waren zuletzt zu 69 Prozent ausgebucht. Bei der österreichischen Hauptstadt Wien waren es 63 Prozent.
Ryanair streicht Flüge ab Leipzig: Das könnte dahinter stecken
Die guten Zahlen sprechen für einen anderen Grund hinter dem Abflug aus Leipzig/Halle. Und der könnte im Aufbau eines neuen Drehkreuzes in Berlin liegen. Dort will Ryanair ab April 2019 eine Basis einrichten. Und dafür braucht der Konzern eine entsprechende Flotte.
Eine Annahme ist also, dass die Flugzeuge aus Leipzig (Typ Boeing 737) nach Berlin umziehen sollen. Solche Kapazitätsverlagerungen sind nicht ungewöhnlich. Ryanair begründete damit im Jahr 2012 zum Beispiel den um ein Jahr verspäteten Beginn der Verbindung von Schkeuditz ins portugiesische Faro.
Der Abschied aus Schkeuditz ist für Ryanair auch ein Abschied aus der gesamten Region. Die Iren sagen: Tschüss, Mitteldeutschland. Neben Leipzig/Halle waren sie auch in Altenburg (Thüringen) sowie Magdeburg-Cochstedt (Salzlandkreis) aktiv - beides nur kurze Zwischenstopps.
Diese aggressive Expansionspolitik mit schnell wechselnden Verbindungen könnte allerdings langsam ihr Ende finden. Ryanair, die den Billigflug in Europa salonfähig machte, ist zur größten Airline des Kontinents aufgestiegen - und steht unter einem zuvor nicht gekanntem Druck.
Denn das Personal rebelliert. Niedriglöhne, Leiharbeit und willkürliche Versetzungen gehörten lange zur Ryanair-Normalität. Auch dadurch wurde die hohe Flexibilität des Flugplans erreicht. Doch zuletzt trafen europaweit Gewerkschaften mit den Iren verbindliche Übereinkünfte, die dem Personal bessere Bezahlung und mehr Rechte bringen.
Für Leipzig/Halle hat das allerdings vorerst keine Bedeutung. Doch Uwe Schuhart ist zuversichtlich, dass die Strecke nach London bald wieder bedient wird: „Wir sind bereits mit anderen Fluglinien im Gespräch“, sagt der Flughafen-Sprecher. Möglichst schon zum Start des Winterflugplans 2019 soll ein Nachfolger von Ryanair feststehen. (mz)