1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Produkt nicht mehr attraktiv: Produkt nicht mehr attraktiv: Allianz rät von ihrer eigenen Lebensversicherung ab

Produkt nicht mehr attraktiv Produkt nicht mehr attraktiv: Allianz rät von ihrer eigenen Lebensversicherung ab

07.10.2015, 08:49
Sogar die Allianz rät von klassischen Verträgen bei der Lebensversicherung ab.
Sogar die Allianz rät von klassischen Verträgen bei der Lebensversicherung ab. dpa-Zentralbild

Lebensversicherungen leiden unter den Minizinsen und werfen zu wenig Rendite ab: Der deutsche Marktführer Allianz hat deshalb am Montag seine Pläne für einen Rückzug aus der klassischen Lebensversicherung vorgestellt. Allianz-Deutschland-Chef Manfred Knof und der Vorstandsvorsitzende der Lebensversicherungs-Sparte Allianz Leben, Markus Faulhaber, wollen die klassischen Lebensversicherungen zwar nicht komplett einstellen.

Man werde sie aber nicht mehr „aktiv“ vertreiben, sondern nur noch auf Wunsch von Kunden verkaufen – und gegebenenfalls sogar von dem Produkt abraten. „Der Kauf eines reinen Klassik-Produktes ist nicht mehr sinnvoll – das sagen wir auch in der Beratung“, sagte Faulhaber laut „FAZ“. „Wir können die Garantie noch stemmen – aber das Produkt ist nicht mehr die erste Wahl.“

Die Allianz bietet auch weiterhin Lebensversicherungen mit Garantiezins an, wenn die Kunden es wünschten. Sie werde ihren Kunden aber sagen, welche Kosten damit verbunden seien und auf welche Rendite sie verzichten müssten. Man könne das mit einer Anleihe mit 50 Jahren Laufzeit vergleichen: Diese sei auch nicht sehr attraktiv, wenn die Zinsen „ganz unten“ seien.

Was müssen Kunden jetzt beachten? Sollten sie ihre Police kündigen?

Nein, denn die beim Abschluss festgelegte Verzinsung alter Verträge ist zum Teil sehr hoch, beträgt bis zu 4 Prozent. Policen, die vor 2004 abgeschlossen wurden, steuerfrei ausgezahlt werden und noch einen attraktiven Garantiezins haben, sollten in den meisten Fällen nicht gekündigt werden, rät die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Aktuell werden Neuerträge garantiert nur noch mit 1,25 Prozent verzinst. Hinzu kommt die freiwillige Überschussbeteiligung, über die Versicherer je nach Wirtschaftslage und Erfolg ihrer Anlagestrategie jedes Jahr neu entscheiden.

Im Durchschnitt lag die Verzinsung aus Garantiezins und Überschussbeteiligung nach Angaben der Ratingagentur Assekurata im vergangenen Jahr bei 3,54 Prozent und sinkt in diesem Jahr auf 3,33 Prozent. Alt-Kunden sollten daher weiter einzahlen. Wenn es mit dem Geld knapp wird, gibt es laut Verbraucherzentrale immer noch andere Möglichkeiten. So können Kunden den Vertrag zum Beispiel beleihen oder die Beiträge herabsetzen.

Rententipps in der Bildergalerie:

Was taugen die neuen Produkte mit mehr Zinsen?

Mehrere Versicherungen (darunter Ergo, Axa, Allianz) bieten inzwischen auch Verträge an, bei denen zwar keine Zinsen garantiert werden, dafür aber eine höhere Rendite möglich ist. Zugesichert werden der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Wenn es am Kapitalmarkt aufwärts geht, sollen Kunden von höheren Renditechancen profitieren.

Verbraucherschützer kritisieren allerdings, dass damit auch Risiken von der Versicherung auf den Versicherten verlagert würden. „Bei diesen Verträgen gibt der Kunde Garantien auf und muss dem Versicherer noch mehr vertrauen als bei klassischen Policen“, sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg im „SZ“-Gespräch.

Lohnt sich dann ein Neuabschluss?

„In der Regel lohnt sich das für die Altersvorsorge nicht“, sagt Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn hier werden Vorsorge und Absicherung miteinander verbunden. Einzelne Verträge bieten Kunden in der Regel mehr Flexibilität. „Sparen und Absicherung sollten voneinander getrennt werden“, sagt Oelmann.

Denn dann können Verbraucher flexibel auf steigende Zinsen am Markt oder Veränderungen der Lebenssituation reagieren. „Wer seine Familie vor finanziellen Risiken absichern will, wenn der Hauptverdiener beispielsweise verstirbt, ist mit einer Risikolebensversicherung gut beraten“, sagt Oelmann. Auch für das Sparen gibt es Alternativen zur Kapitallebensversicherung – passend zur individuellen Risikoneigung und dem möglichen Ansparzeitraum:

• Banksparplan und Festgeldanlagen: Wer kein Risiko eingehen will, kann sein Geld klassisch anlegen. „Derzeit sind die Zinssätze für Festgeldanlagen und Banksparpläne allerdings wegen der Niedrigzinsphase sehr niedrig“, sagt die Verbraucherschützerin.

• Bausparplan: Wer später ein Haus bauen will, um im Alter mietfrei zu wohnen, kann dieses Produkt wählen. „Es lohnt sich aber nicht immer, da hohe Abschlussgebühren und jährliche Kontoführungsgebühren anfallen“, sagt Oelmann. Generell gilt für das Sparen: Kostenfaktoren zu vermeiden.

• Aktien: Hier sind die Renditechancen am größten. „Um das Risiko zu reduzieren, sollten Anleger breit streuen und auf weltweite Aktien-Fonds setzen“, rät die Verbraucherschützerin. Sie empfiehlt ETFs – also passiv gemanagte Fonds, die einen Index nachbilden. Denn sie verursachen weniger Kosten. Da Fonds Schwankungen unterliegen können, eignen sie sich meist für Verbraucher mit Geduld und guten Nerven.

• Generell gilt: Risiken können Anleger ausgleichen, indem sie ihr Geld in unterschiedliche Sparprodukte investieren. „Bevor Verbraucher sparen, sollten sie jedoch erst ihre Schulden tilgen“, rät Oelmann. Denn die zu zahlenden Kreditzinsen sind fast immer höher als die Zinsen, die Kunden aus Sparanlagen erhalten.

Mehr Infos zur Lebensversicherung:

Wie finde ich einen guten Versicherer?

Entscheidend sind neben der Verzinsung die Höhe der Kosten für Provision und Verwaltung der Verträge. Eigentlich soll die sogenannte Effektivkostenquote zeigen, wie sich die Kosten für Vertrieb, Abschluss und Verwaltung auf die Wertentwicklung auswirken. Kunden sollen so die Angebote der Lebensversicherer besser vergleichen können. Funktioniert hat das nicht wirklich.

Die Verbraucherzentrale Hamburg verglich 14 Policen jeweils mit einer Laufzeit von 30 Jahren und einer monatlichen Rate von 100 Euro. Das Ergebnis: Die Versicherer berechnen die Kennziffer unterschiedlich. So hatten zwei Anbieter zwar eine vergleichbare Effektivkostenquote. Der monatliche Betrag, den sie unter anderem für Verwaltungskosten einbehielten, war aber bei einem der Anbieter fast doppelt so hoch. Für die Laufzeit von 30 Jahren ergab sich dadurch ein Unterschied von mehr als 1970 Euro.

Verbraucher sollten sich deshalb nicht von der Effektivkostenquote blenden lassen, rät Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Besser sei es, wenn sie die Produktinformationsblätter vor Vertragsabschluss genau prüfen. Dort sind die Kosten einer Police genau aufgeführt. (gs/dpa)

Die Zeiten, in denen Kunden von Lebensversicherungen mit einer Verzinsung von 4 Prozent rechnen konnten, sind längst vorbei.
Die Zeiten, in denen Kunden von Lebensversicherungen mit einer Verzinsung von 4 Prozent rechnen konnten, sind längst vorbei.
dpa-Zentralbild