Öffentlicher Dienst Öffentlicher Dienst: Warum Verdi und Arbeitgeber so schnell nicht zusammenfinden
Berlin - Beide Seiten haben schon irgendwie Recht. Allerdings macht das die Tarifverhandlungen für den Öffentlichen Dienst der Kommunen und des Bundes nicht einfacher. Zumal Rechthaben und Rechthaberei mitunter nahe beieinander liegen. Dass bereits in der kommenden Verhandlungsrunde am Donnerstag und Freitag in Potsdam ein Durchbruch gelingt, ist jedenfalls unwahrscheinlich. Zu unterschiedlich sind die Ausgangspositionen.
Verdi fordert sechs Prozent Lohnplus
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert für die 2,14 Millionen Beschäftigen, von denen mehr als zwei Millionen auf die Kommunen entfallen, ein Lohnplus von sechs Prozent bei einer Laufzeit von einem Jahr. Für Auszubildende müsse es 100 Euro mehr pro Monat, 30 Tage Urlaub im Jahr sowie eine Übernahmegarantie nach erfolgreichem Abschluss geben. Außerdem müsse es mit sachgrundlosen Befristungen bei Neueinstellungen ein Ende haben. Nicht zuletzt will Verdi die vertragliche Zusage der Arbeitgeber, dass es an der betrieblichen Zusatzversorgung im Alter keine Abstriche geben wird.
Für den veritablen Forderungskatalog führt Verdi durchaus triftige Argumente an: Der öffentliche Dienst sei gegenüber der allgemeinen Tarifentwicklung der vergangenen Jahre um rund vier Prozent im Hintertreffen, eine besonders kräftige Erhöhung also überfällig. Zudem hätten die Kommunen im vergangenen Jahr einen Überschuss von rund 3,2 Milliarden Euro erzielt, die Gewerkschaftsforderung könne daher finanziert werden. Überdies seien befristete Arbeitsverträge im öffentlichen Dienst weitaus verbreiteter als in der Privatwirtschaft. Um im Wettbewerb mit Privatunternehmen um qualifizierten Nachwuchs bestehen zu können, müsse es für Lehrlinge Verbesserungen geben sowie die Perspektive dauerhaft guter Einkommen. Angesichts der bröckelnden Leistungskraft der gesetzlichen Rente komme der betrieblichen Altersversorgung wachsende Bedeutung zu, weshalb Anstriche nicht akzeptiert würden.
VKA hält Belastung für zu hoch
Dem hält die Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA) entgegen, dass der Einnahmesegen des Jahres 2015 sich sehr unterschiedlich über den Kommunen ergossen habe: Manchen Gebietskörperschaften gehe es zwar gut, zahlreiche andere aber seien notleidend und könnten kaum ihre Pflichtaufgaben finanzieren. VKA-Verhandlungsführer Thomas Böhle beziffert die Belastung einer sechsprozentigen Lohnanhebung mit 5,6 Milliarden Euro. Das sei für die Kommunen „nicht darstellbar“. Ähnliches gilt aus Arbeitgebersicht auch für die bisherige Zusatzversorgung im Alter: Wegen der dauerhaft niedrigen Zinsen müsse es Abstriche oder aber höhere Einzahlungen der Arbeitnehmer geben, andernfalls die Leistung auf Dauer nicht mehr finanzierbar sei. Neben dieser Forderung hat die VKA ein Angebot von drei Prozent, verteilt auf zwei Jahre, vorgelegt.
Zwischen der Gewerkschaftsforderung und dem VKA-Angebot klafft also aufs Jahr gerechnet eine Lücke von 4,5 Prozent. Ob sie vor Pfingsten geschlossen werden kann, ist zu bezweifeln.