Nach Anschlägen und Militärputsch Nach Anschlägen und Militärputsch : Türkeitourismus schwer getroffen

Der gescheiterte Putschversuch vom Freitag hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Touristenhochburgen an der Süd- und Westküste der Türkei gehabt. In Antalya, Side, Fethiye oder Bodrum war vom Aufstand der Generäle kaum etwas zu spüren.
Entsprechend rasch kehrte die Reisebranche am Wochenende zum Business as usual zurück: Nachdem Lufthansa und die Konzerntochter Eurowings am Samstag noch die Flüge zwischen Deutschland und der Türkei eingestellt hatten, wurden die Verbindungen bereits am Sonntag wieder aufgenommen. Die großen Reiseveranstalter hatten ihre Flüge gar nicht erst unterbrochen.
TUI, DER, Alltours und Thomas Cook boten lediglich kostenlose Stornierungen unmittelbar bevorstehender Pauschalreisen an. Außerdem wurden kostenlose Umbuchungen für zeitnahe Türkei-Urlaube offeriert. Die unterschwellige Botschaft lautet: Nur keine Aufregung, schon bald läuft alles wieder wie gehabt.
Türkeitourismus schwer getroffen
Von einer Normalisierung des Tourismusgeschäfts in der Türkei kann allerdings keine Rede sein. Der gescheiterte Putsch bildet lediglich das vorerst letzte Glied einer Kette gewaltsamer Ereignisse.
Vor allem die beispiellose Serie blutiger Terroranschläge, denen in den vergangenen 15 Monaten mehr als 300 Menschen zum Opfer fielen, hat den Türkeitourismus schwer getroffen. Dass dabei mehrfach gezielt Feriengäste ins Visier genommen wurden, ist kein Zufall.
Die Branche trägt fast ein Siebtel zum Bruttoinlandsprodukt der Türkei bei und beschäftigt mehr als zwei Millionen Menschen. Wer die Türkei destabilisieren will, muss auf den Tourismus zielen.
Reiseveranstalter melden Buchungsrückgänge von 30 bis 40 Prozent
Offenbar geht diese zynische Rechnung auf: Im Frühjahr meldeten die großen Veranstalter in Deutschland Buchungsrückgänge im Türkeigeschäft um 30 bis 40 Prozent. Zuletzt erholten sich die Zahlen zwar etwas. Sie lagen aber noch immer um gut 20 Prozent unter denen des vergangenen Jahres, als 5,6 Millionen Deutsche die Türkei besuchten.
In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid von Anfang Juli gaben 87 Prozent an, 2016 komme die Türkei als Urlaubsland nicht in Frage. Dazu passt, dass sich derzeit nach Angaben des Auswärtigen Amts nur etwa 200 000 deutsche Urlauber in der Türkei aufhalten, obwohl die Sommerferien in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und vier weiteren Bundesländern längst begonnen haben.
Doch nicht nur aus Deutschland, auch aus Russland bleiben Gäste weg. Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die türkische Flugabwehr im November 2015 hatte Russlands Präsident Wladimir Putin einen Reiseboykott verfügt. Der wurde war zwar, nach einer Entschuldigung Ankaras für den Abschuss, Ende Juni wieder aufgehoben, worauf die Buchungszahlen sprunghaft anstiegen. Das Ergebnis vom Vorjahr mit rund vier Millionen Reisenden aber wird bei weitem verfehlt.
Nun könnten der Putsch und vor allem seine Folgen der türkischen Tourismuswirtschaft zusätzlich schaden. Verschärfte Repressionen gegen Oppositionelle, weitere Einschränkungen der Pressefreiheit und die Wiedereinführung der Todesstrafe sind für ein Urlaubsziel jedenfalls sicher keine Werbung.