Mibrag-Chef Armin Eichholz Mibrag-Chef Armin Eichholz: "Kohle-Unternehmen nicht zerschlagen"

Zeitz - Worauf müssen sich Azubis bei der Mibrag einstellen und wie profitabel ist das Geschäft mit Kohle noch? Unternehmenschef Armin Eichholz erklärt im Gespräch mit MZ-Redakteur Steffen Höhne, wie sich die Mibrag für die kommenden Jahre ausrichtet.
Die Mibrag war 2016 erstmals in die roten Zahlen gerutscht. Wie hat sich die Lage entwickelt?
Armin Eichholz: Wir sind mit dem vergangenen Jahr sehr zufrieden. Die Braunkohlekraftwerke unserer Kunden waren stark eingesetzt in der Grundlast und zum Ausgleich der schwankenden Einspeisung der Erneuerbaren Energien. Dadurch konnten wir unseren Braunkohleabsatz wieder deutlich erhöhen und damit auch die Erlöse. Zudem haben die eingeleiteten Kostensenkungsprogramme Wirkung gezeigt, so dass wir 2017 wieder ordentliche Gewinne erwirtschaftet haben.
Was heißt das konkret?
Eichholz: Das Ergebnis der Gruppe liegt bei etwa 50 Millionen Euro, der Umsatz bei rund 460 Millionen Euro.
Das wirkt paradox. Die deutsche Energiewende schreitet voran und dennoch ziehen die Geschäfte in der Braunkohle an. Wie ist das möglich?
Eichholz: Natürlich geht die Energiewende weiter und der Anteil der fossilen Energieträger wird mittel- und langfristig weiter zurückgehen. In einem enger werdenden Markt haben wir uns 2017 aber gut behauptet. Die Strompreise an der Leipziger Energiebörse EEX haben sich 2017 wieder nach oben entwickelt. Das lag an weltweit steigenden Steinkohlepreisen aber vielleicht auch schon mit Blick auf den deutschen Atomausstieg 2022. Das führte dazu, dass die Braunkohle, die ohnehin der günstigste fossile Energieträger in Deutschland ist, noch wettbewerbsfähiger wurde.
Ist das eine anhaltende Entwicklung? Oder fallen durch subventionierte Öko-Energien in Deutschland die Strompreise bald wieder?
Eichholz: Solang die Weltkonjunktur gut läuft und China weiter viel Steinkohle nachfragt, wird sich das auch auf dem deutschen Markt widerspiegeln.
Damit Deutschland seine Klimaziele erfüllt, musste die Mibrag 2016 ein altes Kraftwerk im niedersächsischen Buschhaus vom Netz nehmen. Die hohen Kosten dafür verhagelten die Bilanz. Wie sieht das heute aus?
Eichholz: Buschhaus ist Ende 2016 in die sogenannte Sicherheitsbereitschaft gegangen und war das ganze Jahr 2017 in dieser. Dafür erhalten wir eine gesetzliche festgelegte Vergütung zur Kompensation entstehender Kosten und von Erlösausfällen. Erst im vergangenen Jahr haben wir diese Zahlungen erhalten, die sich jetzt auf das Gesamtergebnis auswirken.
Es sollen 200 Millionen Euro für vier Jahre sein, danach wird das Kraftwerk endgültig stillgelegt. Da bringt der alte Meiler noch viel Kohle ein.
Eichholz: Das Vergütungsverfahren wird durch die Bundesnetzagentur durchgeführt und ist noch nicht abgeschlossen. Von daher können wir keine konkrete Zahl nennen.
Stimmt die Größenordnung von 200 Millionen Euro? Sie wirtschaften schließlich nicht blind?
Eichholz: Von den Größenordnungen kommt das hin. Um es klar zu sagen: Für uns wäre es rentabler, wenn das Kraftwerk Buschhaus noch laufen würde. Die Sicherheitsbereitschaft ist kein Geschäftsmodell.
In einigen Jahren muss die Mibrag die Sanierung und Rekultivierung ehemaliger Tagebaue stemmen. Die Grünen werfen ihnen vor, nicht krisensichere Rücklagen dafür zu bilden. Nun laufen Gespräche mit den Bergämtern in Sachsen-Anhalt und Sachsen dazu. Wie ist der Stand?
Eichholz: Die Mibrag musste mit der Zulassung der sogenannten Rahmenbetriebspläne bereits in Verpflichtungen für die spätere Rekultivierung eintreten. Es geht bei den aktuellen Gesprächen mit den Bergämtern in Sachsen-Anhalt und Sachsen nun darum, in welcher Form die Rücklagen verfügbar sind.
Die Mittel müssen auch im Fall einer Unternehmenspleite noch vorhanden sein. Wird dafür nun ein Extra-Konto eingerichtet?
Eichholz: Es geht um ein Gesamtkonzept. Zunächst soll ein unabhängiger Gutachter die Höhe der Kosten bestimmen. Dann wird festgelegt, wie wir in festgelegten Tranchen diese Rücklagen bilden. Natürlich ist uns bewusst, dass die Rücklagen nicht direkt von unserem Kerngeschäft abhängig sein dürfen - sie sollen schließlich eine Sicherheit darstellen.
Über wie viel Geld wird da gesprochen?
Eichholz: In unserem Jahresabschluss 2016 haben wir Rekultivierungskosten von insgesamt 162 Millionen Euro zurückgestellt.
Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, dass sie den Braunkohle-Strukturwandel in Ost und West mit 1,5 Milliarden Euro unterstützen will. Arbeitet die Mibrag bereits an Konzepten?
Eichholz: Zunächst einmal würde ich gerne etwas zum Begriff sagen: Strukturwandel heißt für mich nicht, funktionierende Strukturen, wie sie die Mibrag und anderen deutschen Kohle-Unternehmen besitzen, zu zerschlagen. Solange die Erneuerbaren Energien nicht kontinuierlich und wirtschaftlich die Energieversorgung sichern können, ist es nicht zielführend, über ein Datum für einen Braunkohle-Ausstieg zu sprechen.
Sie müssen sich aber dennoch darauf vorbereiten.
Eichholz: Richtig. Daher suchen wir auch Geschäftsfelder abseits unseres Kerngeschäfts. Wir investieren in Erneuerbare Energien, bereiten ein neues Projekt zur stofflichen Nutzung der Braunkohle als Rohstoff für die Chemie vor und werden unsere Fertigkeiten zunehmend auch anderen Firmen als Dienstleister anbieten. Wenn der Bund das mit Fördermitteln unterstützt, freut uns das. Die Erfahrungen aus dem Strukturwandel im Steinkohle-Bergbau in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass neue Wirtschaftszweige nicht über Nacht entstehen. Zudem möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass wir einen wesentlichen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten. Zwischen 300 und 400 Millionen Euro jährlich sind das kontinuierlich in den letzten Jahren gewesen.
Wie gehen die Mitarbeiter der Mibrag mit den Ausstiegs-Diskussionen um. Ist das Betriebsklima belastet?
Eichholz: Natürlich geht das nicht spurlos an uns vorbei. Unsere Mitarbeiter sorgen auch im Winter unter schwierigsten Wetterbedingungen dafür, dass in Deutschland das Licht nicht ausgeht. Wenn sie morgens aber die Zeitung aufschlagen, dann lesen sie über Braunkohle Begriffe wie „Dinosaurier“ und „Klimakiller“. Trotz aller Kritik oder vielleicht auch wegen überzogener Kritik steht die Mannschaft zusammen. Das beeindruckt mich. Auszubildenden sage ich: „Ihr könnt hier eine fundierte Ausbildung machen und verdient ordentlich. Dass ihr euer Leben lang in der Braunkohle arbeiten werdet, ist unwahrscheinlich.“ Doch ganz ehrlich: Welches Unternehmen kann heute noch Jobgarantien für 20 oder 30 Jahre geben?
(mz)