1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Mein-Fernbus: Mein-Fernbus: Fernbus fährt jetzt auch ab Halle

Mein-Fernbus Mein-Fernbus: Fernbus fährt jetzt auch ab Halle

Von Steffen Höhne 11.07.2013, 07:14
Mein-Fernbus-Chef Torben Greve tourt derzeit durch Deutschland. Zuletzt machte er in Halle Station.
Mein-Fernbus-Chef Torben Greve tourt derzeit durch Deutschland. Zuletzt machte er in Halle Station. Thomas Meinicke Lizenz

Halle/MZ - Wenig Geld und dennoch mobil: Den Fernbus hat Torben Greve erstmals in den 90er Jahren in Großbritannien schätzen gelernt. Als Student nutzte er lieber das National-Express-Busnetz als die teurere Bahn. Der Betriebswirtschaftsstudent spielte sogar die Idee durch, dieses Modell auf Deutschland zu übertragen. Doch ein 80 Jahre altes Gesetz schützte damals noch die Eisenbahn vor der unliebsamen Konkurrenz auf der Straße. Greve arbeitete zunächst mehrere Jahre für die Deutsche Bahn. „Als die Bundesregierung dann vor gut zwei Jahren ankündigte, Fernbusse zu erlauben, habe ich zusammen mit meinem Geschäftspartner Panya Putsathit den Plan wieder aufgegriffen“, erzählt Greve. Neun private Investoren finanzieren die Anlaufphase. Seit dem Start Mitte 2011 entwickelte sich ihr Unternehmen Mein-Fernbus zu einem der größten Spieler auf dem jungen Markt.

Die hübsche Gründerstory erzählt Greve gerne. Die Geschichte ist eingängig wie ein Schlagersong. Derzeit ist der 38-Jährige Geschäftsführer mit einem der grünlackierten Busse auf Deutschlandtour, promotet das günstige Reisen und eröffnet eine neue Linie nach der anderen. Heute wird auch Halle mit Verbindungen nach Dresden und Nordrhein-Westfalen ans Netz angebunden.

Potentiale des Berliner Unternehmens

Mit seiner Tour erinnert Greve etwas an Michael O’Leary. Der Chef der Billigairline Ryanair ist sich nicht zu schade, jeden europäischen Regionalflughafen einzeln abzuklappern, um für sein Unternehmen zu werben. O’Leary hat mit seinen Billigfliegern die Luftfahrtbranche umgekrempelt. Welches Potenzial steckt im Berliner Unternehmen Mein-Fernbus und den zahlreichen anderen neuen Fernbus-Anbietern?

Erst seit Januar dürfen Bus-Firmen der Bahn auf Verbindungen quer durch Deutschland Konkurrenz machen. Bisher war dies nur mit Ausnahme-Genehmigung möglich. Bundesregierung und Bundesrat änderten dafür das sogenannte Personenbeförderungsgesetz, dessen Inhalt seit Inkrafttreten am 1. April 1935 fast unverändert geblieben war.

Bereits im April 2012 eröffnete Mein-Fernbus die erste Strecke München-Freiburg - damals noch mit Ausnahmegenehmigung. Mittlerweile sind es 26 Linien mit mehr als 90 Haltepunkten. Ein halbes Jahr nach der Marktöffnung haben die Berliner bereits die Fernbus-Töchter der Deutschen Bahn (DB) überholt. Laut einer Studie der Unternehmensberatung Iges kommt Mein-Fernbus auf einen Marktanteil von mehr als 38 Prozent, die DB-Ableger nur auf 28 Prozent.

Greves Erfolgsformel heißt Kooperation. „Wir arbeiten mit 32 mittelständischen Bus-Unternehmen zusammen, die alle Erfahrung mit Fernreisen haben“, sagt der Unternehmer. 91 Busse samt Fahrern sind bereits für Mein-Fernbus unterwegs. Die grünen Busse verbinden häufig Städte miteinander, deren Zugverbindungen nach Worten von Greve nicht optimal sind. „Die ehemaligen Interregio-Strecken sind für uns vielfach interessant.“ Die Busreise sei durchschnittlich 60 bis 70 Prozent billiger als die Fahrt mit dem ICE - ohne Vergünstigungen wie Bahn-Card. Dies bestätigen auch die Verkehrsexperten von Iges. Etwa neun Cent würden die Kunden pro Kilometer zahlen. Dennoch könne sich das Geschäftsmodell rechnen. „Bei ordentlicher Auslastung lässt sich damit Geld verdienen“, sagt Iges-Verkehrsexperte Christoph Gipp. Wie hoch die Auslastung bei Mein-Fernbus ist, darüber macht die Firma allerdings keine Angaben. Gewinne werden jedenfalls noch nicht eingefahren. Laut Greve werde ein Fahrplan erarbeitet, der auch ein Umsteigen ermöglicht. „Unser Ziel ist es nicht, der billigste Anbieter zu sein.“

Pünktlichkeit bleibt Herausforderung

Gerade die mittelständischen Busunternehmer fürchten, dass es in Deutschland zu einem harten Verdrängungswettbewerb kommt. „Man kann nicht für neun Euro quer durch Deutschland fahren“, kritisierte zuletzt der Präsident des Bundesverbandes deutscher Omnibusunternehmen, Wolfgang Steinbrück, mit Blick auf Dumpingangebote. Greve sagt: „Da hat Herr Steinbrück recht.“

Größte Herausforderung für das Unternehmen dürfte die Pünktlichkeit sein. Fällt es der Eisenbahn schon schwer, auf freien Strecken ihren Fahrplan einzuhalten, so kämpfen die Busgesellschaften mit zahlreichen Staus auf Autobahnen und in Städten. „Kleinere Verzögerungen sind in der Fahrzeit mit eingerechnet“, erklärt Greve. Bei Verspätungen würden die Kunden per SMS informiert. Mit einem Fragebogen nach der Fahrt ermittelt Mein-Fernbus zudem die Akzeptanz. „90 Prozent geben an, zufrieden zu sein“, so der Firmenchef. Zum Start hätten vor allem viele Studenten die neuen Angebote genutzt. „Von Monat zu Monat steigt jetzt die Zahl älterer Kunden.“

Derzeit wird in Deutschland erst ein Prozent aller längeren Fahrten mit dem Fernbus zurückgelegt. Die Markteinschätzungen über das Potenzial klaffen mit fünf Prozent bis 28 Prozent weit auseinander. Mein-Fernbus will auf jeden Fall vorn mitfahren.

Man wird sehen, ob das Geschäftsmodell lediglich darauf angelegt ist, schnell zu wachsen, um das Unternehmen dann meistbietend an einen Konzern zu verkaufen. Oder ob Mein-Fernbus gekommen ist, um zu bleiben.