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Kommentar Kommentar: Panne auf der Vorzeigestrecke

25.03.2019, 01:00

Großprojekte sind in Deutschland oft schon veraltet, wenn sie endlich fertiggestellt sind. Nein, es geht hier nicht um den Berliner Pannenflughafen. Es geht um die Schnellfahrtrasse Berlin-München, die Vorzeigestrecke der Deutschen Bahn.

In den Tunneln im Thüringer Wald dürfen sich ein ICE und ein Güterzug aus Sicherheitsgründen nicht begegnen. Warum? Weil die Tunnel nur eine Röhre haben. In den 1990er Jahren, als sie geplant wurden, war das technischer Standard. Heute sind zwei Röhren, eine pro Richtung, üblich, wie im Abschnitt Leipzig/Halle-Erfurt.

Heutige Güterzüge sind zu schwer für die Strecke, sie kämen unter bestimmten Umständen starke Steigungen nicht hinauf. In den 1990ern waren die Züge noch leichter, entsprechend war anders geplant worden als heute geplant werden würde. Damit, unter anderem, erklärt die Bahn den ausbleibenden Güterverkehr auf der Trasse.

Formal ist das korrekt, doch man sollte den Konzern damit nicht davon kommen lassen. Niemand verlangt, jetzt Tunnel oder Streckenabschnitte neu zu bauen. Doch die Nachbesserungen, die die Bahn nun ankündigt, hätten längst erledigt sein können, und zwar vor Eröffnung der Trasse: Die Technik wird so verändert, dass Züge nicht mehr vor starken Steigungen anfahren müssen.

Warum nicht früher? Die Antwort lautet: Weil es nicht gewollt war. Weil die Bahn gewaltig unter Druck stand. Weil der Eröffnungstermin Ende 2017 politisch vorgegeben war und niemand sich Ärger einhandeln wollte wegen vermeintlicher Kleinigkeiten. Weil Prestige vor Wirtschaftlichkeit ging. Solange die Politik sich mit Vorzeigeprojekten des Staatskonzerns Bahn schmücken will, wird sich daran nichts ändern.

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]