Hintergrund Hintergrund: Deshalb streiken die Lufthansa-Piloten

Frankfurt - Wenn ab Mittwoch die Piloten der Lufthansa drei Tage lang die Arbeit niederlegen, kämpfen sie nicht für eine Lohnerhöhung. Die Vereinigung Cockpit wendet sich allein gegen geplante Einschnitte bei der sogenannten Übergangsversorgung der Piloten, einer Art Vorruhestandsgeld oder Frührente. Insgesamt streiten sich Fluggesellschaft und Piloten laut Cockpit um rund eine Milliarde Euro. Zwar wird zurzeit auch über Lohnerhöhungen verhandelt, doch der Knackpunkt ist die Absicherung vor dem Rentenalter.
Die Piloten gehören im Lufthansa-Konzern zu den Spitzenverdienern. Das Einstiegsgehalt liegt bei 55.000 Euro plus Zulagen, etwa für Mehr-, Wochenend- und Nachtarbeit. Damit kommt ein junger Co-Pilot auf rund 73.000 Euro brutto. Durch die tariflich vereinbarten Gehaltsstufen steigt der Lohn laut Lufthansa durchschnittlich um drei Prozent pro Jahr. Ein Kapitän mit 55 Jahren verdient somit inklusive Zulagen rund 255.000 Euro.
Vor einigen Jahren waren die Piloten gezwungen, bereits mit 60 Jahren das Fliegen aufzugeben. Die Lufthansa hatte sich mit den Piloten tarifvertraglich auf diese Altershöchstgrenze geeinigt. Vereinbart wurde auch, dass ein Pilot frühestens mit 55 aufhören konnte zu fliegen.
Die Übergangsversorgung sieht vor, dass den Piloten ein Teil des Gehalts bis zum frühesten gesetzlichen Renteneintrittsalter von 63 Jahren weitergezahlt wird. Die Piloten erhalten für einige Jahre bis zu 60 Prozent des Brutto-Gehalts, ohne arbeiten zu müssen - eine Art Frührente von über 100.000 Euro im Jahr. In ihrer Bilanz hat die Fluggesellschaft rund 2,4 Milliarden Euro für die Übergangsversorgung der Piloten und des Kabinenpersonals zurückgestellt.
Einige Piloten klagten jedoch gegen die Altershöchstgrenze, da sie länger fliegen wollten - und bekamen Recht. Der Europäischen Gerichtshof sah in seinem Urteil 2011 in der Regelung eine Art Altersdiskriminierung. Nun dürfen Piloten auch bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter fliegen.
Länger arbeiten
Die Lufthansa will auch deshalb die Bedingungen für die teure Übergangsversorgung ändern. Das frühestmögliche Ausstiegsalter für Piloten soll über die nächsten Jahre auf 60 Jahre angehoben werden, sie müssten also länger arbeiten. Im Schnitt sollen die Piloten nach den Plänen der Lufthansa auf ein Austrittsalter von 61 Jahren oder höher kommen. Zurzeit ist vereinbart, dass sie einen Durchschnittswert von mindestens 58 Jahren erreichen.
Die Lufthansa ist in Tarifauseinandersetzungen immer wieder von Ausständen betroffen. Sie wird direkt bestreikt, oder bekommt Folgen von Konflikten in anderen Bereichen zu spüren. Ende März 2014 beeinträchtigte ein Warnstreik des Flughafenpersonals die Lufthansa.
22. April 2013: Ein Warnstreik des Lufthansa-Bodenpersonals legt den Flugverkehr der Linie in Deutschland fast lahm. Der Fluglinie zufolge sind rund 150 000 Fluggäste betroffen. Die Gewerkschaft Verdi will Forderungen nach Jobgarantien und 5,2 Prozent mehr Geld durchdrücken. Im Mai einigen sich beide Seiten auf gestufte Entgelterhöhungen und einen Kündigungsschutz.
7. September 2012: Die Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO verursacht den bis dahin größten Ausfall an einem einzigen Streiktag in der Geschichte der Lufthansa. Rund 1000 Flüge werden gestrichen, mehr als 100 000 Passagiere sind betroffen. Bei zwei Streikwellen in den Tagen zuvor waren insgesamt bereits rund 500 Flüge ausgefallen. Beide Seiten einigen sich auf eine Schlichtung.
Frühjahr 2001: Flugkapitäne der Lufthansa legen mehrmals die Arbeit nieder. Von dem Arbeitskampf sind mehrere tausend Verbindungen betroffen - allein am ersten ganztägigen Streik am 10. Mai werden rund 900 Flüge abgesagt, etwa 114 000 Passagiere sind betroffen. Die Lufthansa und die Vereinigung Cockpit einigen sich später für 2001 auf Einkommensverbesserungen von etwa 30 Prozent.
Bei neuen Mitarbeitern will die Lufthansa auch erreichen, dass die Piloten für einen Teil der Vorsorgeleistungen selbst zahlen. Bislang trägt die Fluggesellschaft alle Kosten für die Übergangsversorgung. Auch das will Cockpit beibehalten und fordert gleiche Bedingungen für alle Piloten.
Tarifvertrag ausgelaufen
Sollte ein Pilot schon vor dem frühestmöglichen Ausscheiden nicht mehr fliegen können, ist er bei der Lufthansa ab dem 35. Lebensjahr gegen Fluguntauglichkeit versichert. Er erhält also eine sofort startende Rentenzahlung, wenn er aus medizinische Gründen nicht mehr fliegen kann.
Im Ruhestand erhalten die Piloten neben der gesetzlichen Rente auch eine betriebliche Altersvorsorge. Laut Lufthansa lag diese Zahlung für Neu-Rentner im Jahr 2012 bei durchschnittlich 3800 Euro. Auch hier ist der Tarifvertrag gerade ausgelaufen und muss neu verhandelt werden. (afp)
