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Hier Erleichterung, da Enttäuschung  Hier Erleichterung, da Enttäuschung : Weltmärkte reagieren gemischt auf Zinsentscheidung der Fed

Von Thorsten Knuf 18.09.2015, 10:31
Die Chefin der amerikanischen Notenbank: Janet Yellen.
Die Chefin der amerikanischen Notenbank: Janet Yellen. AFP Lizenz

Berlin - Seit Monaten fiebert die Finanzwelt der angekündigten Zinswende in den USA entgegen. Doch Notenbank-Chefin Janet Yellen und ihre Leute sehen den Zeitpunkt dafür noch nicht gekommen. Aufgeschoben, aber nicht aufgehoben, lautete am Donnerstagabend die Botschaft aus Washington. Wegen Risiken in den USA selbst sowie in Schwellenländern wie China setzt die Federal Reserve die Politik des ultra-billigen Geldes erst einmal fort. Geschäftsbanken können sich bei der Fed weiterhin quasi zum Nulltarif refinanzieren. Am Tag danach sind an den  Finanzmärkten einige Akteure erleichtert, andere enttäuscht. Wir erklären die Reaktionen.

Deutschland

An den hiesigen Aktienmärkten ging es am Freitag erst einmal abwärts. Viele Anleger fragen sich nicht nur, wie es mit den Zinsen in den USA weitergeht, sondern auch mit der Weltkonjunktur. „Die Entscheidung der US-Notenbank hat die Unsicherheit über den künftigen geldpolitischen Kurs nicht reduziert, sondern weiter erhöht“, sagt Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

Ein Ende der Hängepartie ist also nicht in Sicht. Die nächste Gelegenheit, die Leitzinsen zu erhöhen, bietet sich für die Fed-Spitze im Oktober. Aber es ist keineswegs sicher, dass sie dann handeln wird. Auch in den USA schlossen die Börsen unmittelbar nach dem Zinsentscheid im Minus.

Fed-Chefin Yellen hatte am Donnerstag zu erkennen gegeben, dass sie vom Aufschwung im Inland noch nicht so richtig überzeugt ist. Hebt die US-Notenbank die Leitzinsen an, werden die Geschäftsbanken ihrerseits Kredite verteuern - etwa für Eigenheime, Autos oder Investitionen der Firmen. Das könnte der Konjunktur zusetzen.

China

Für China und andere Schwellenländer ist es ein Segen, dass die USA ihren geldpolitischen Kurs erst einmal fortsetzen. Denn wenn die größte Volkswirtschaft der Welt ihre Leitzinsen erhöht, werden mehr Investoren ihr Geld dort anlegen – zum Beispiel in Staatsanleihen. Um die Kapitalabflüsse beherrschbar zu halten, könnten die Schwellenländer ebenfalls gezwungen sein, ihre Leitzinsen zu erhöhen.

Das aber wäre Gift für die ohnehin schwächelnde Konjunktur. China hat sich längst von den zweistelligen Wachstumsraten der Vergangenheit verabschiedet und kann froh sein, wenn die Wirtschaft in diesem Jahr noch um sieben Prozent zulegt. Brasilien und Russland befinden sich sogar in der Rezession. Die Börsen in China reagierten erleichtert auf den US-Zinsentscheid und schlossen im Plus.

Japan

Die japanische Regierung hat den Fed-Beschluss ausdrücklich begrüßt. „Viele Länder würden sich einer Abwertung ihrer Währungen ausgesetzt sehen, wenn die USA ihre Zinsen nur wegen der besseren eigenen Konjunktur anheben“, sagte der japanische Finanzminister Taro Aso.

Das würde Kapital in die USA locken. „Es gibt viele Länder, die eine Kapitalflucht nicht gutheißen würden“, betonte der Minister. Einerseits machen sich die Japaner, die besonders stark auf den Export ihrer Industrie-Erzeugnisse angewiesen sind, große Sorgen um die Konjunktur in China. Deshalb ist es in ihrem Interesse, wenn die chinesische Wirtschaft durch die amerikanische Geldpolitik nicht zusätzlich  geschwächt wird.

Ein US-Zinsschritt würde überdies den Dollar stärken – japanische Firmen müssten dann mehr für Rohstoff-Importe zahlen. Andererseits hätte ein noch stärkerer Dollar auch gewisse Vorteile für die Japaner: Ihre Exporte ins Ausland würden billiger. An den japanischen Börsen überwiegen offenbar die Skeptiker, die Kurse gaben nach.

Die Börse in Frankfurt. Der deutsche Aktienmarkt reagierte auf die Entscheidung der Fed mit Verlusten.
Die Börse in Frankfurt. Der deutsche Aktienmarkt reagierte auf die Entscheidung der Fed mit Verlusten.
dpa Lizenz