Halloren-Aufsichtsratschef zum Börsenrückzug Halloren Schokoladenfabrik geht von der Börse: Paul Morzynski im Interview

Halle (Saale) - Halloren will der Börse den Rücken kehren. Großaktionär und Aufsichtsratschef Paul Morzynski hat den Schritt mit beschlossen.
Doch mit der Umsetzung ist der Wirtschaftsprüfer aus Hannover alles andere als glücklich. Auch auf seine Initiative hin wird es nun von Halloren ein Aktienrückkauf-Programm für Kleinaktionäre geben. Mit Morzynski sprach Steffen Höhne.
Warum will sich Halloren von der Börse zurückziehen?
Morzynski: Zünglein an der Waage sind neue Transparenzregeln an der Börse. Die Meldepflichten für aktienkursrelevante Nachrichten wurden deutlich verschärft, die bürokratischen Vorschriften erhöht. Das bedeutet für das Unternehmen einen immensen Arbeitsaufwand, den wir nicht gerechtfertigt sehen.
Mehr Transparenz für die Aktionäre ist also nicht wichtig?
Morzynski: Es geht um die Verhältnismäßigkeit. Die Familien Ehlert und Morzynski besitzen etwa 70 Prozent der Unternehmensanteile. Weitere zehn Prozent liegen in der Hand weiterer größerer Aktionäre. Der Streubesitz beläuft sich also auf rund 20 Prozent. Das sind die sogenannten Kleinaktionäre. Diese haben natürlich ein Recht auf umfassende Informationen, das wird auch künftig weiter passieren. Doch dafür müssen wir nicht Hunderttausende Euro für eine Börsennotierung ausgeben.
Die Rechte der Kleinaktionäre werden aber beschnitten. Zudem wird ein Verkauf der Aktien außerbörslich schwieriger.
Morzynski: Der Aktionär bleibt Aktionär mit allen Rechten und Pflichten. Das De-Listing bedeutet keine Enteignung. Die Stimm-, Dividenden- und Rederechte auf der Hauptversammlung bleiben. Nur der Aktienhandel wird etwas schwieriger.
Das sehen die Kleinaktionäre offenbar anders. Sie flüchteten am Montag in Scharen. Der Aktienkurs sackte um über ein Drittel ab. Informiert wurden sie über den weitreichenden Schritt nur über eine dürre Meldung am Freitagnachmittag.
Morzynski: Ich muss ganz ehrlich gestehen, da liegt ein Mangel vor. Wir hätten das am Freitag vernünftig und umfassend im Rahmen einer Pressemitteilung klären müssen. Das ist leider nicht gut gelaufen. Intern hat es hierzu harte Worte gegeben. Im Rahmen einer weiteren Ad Hoc Mitteilung und Presseerklärung holen wir dies mit zwei Tagen Verspätung nach. Das ist auch mit einer Kurskorrektur der Firma verbunden.
Was bedeutet Kurskorrektur?
Morzynski: Wir haben am Dienstag beschlossen, dass Halloren eigene Aktien erwirbt. Bis zu zehn Prozent des Kapitals können zurückgekauft werden. Im ersten Schritt sollen 200 000 Aktien erworben werden, danach wären weitere 350 000 Stück möglich, von denen Gebrauch gemacht werden kann. Der Preis wird sich dabei an dem Börsenkurs orientieren, der vor der Bekanntgabe des Börsenrückzugs gehandelt wurde - plus/minus zehn Prozent.
Jetzt, wo der Aktienkurs in den Keller rutscht und auch Ihr Aktienpaket an Wert verliert, wird also eingegriffen?
Morzynski: Nein, das ist nicht mein Beweggrund, warum ich auf Änderungen gedrungen habe. Ich möchte, dass für die Kleinaktionäre kein Schaden entsteht. Die Anleger, die Sorge haben, ihre Aktien könnten an Wert verlieren, sollen diese abgeben können. Ich bin seit fast 25 Jahren in dem Unternehmen und habe mich immer bemüht, dass mit Mitarbeitern, Kunden und auch Klein-Aktionären fair umgegangen wird. Ich halte Halloren zum aktuellen Kurs für unterbewertet. Da wollen wir gegensteuern. Wenn sich der Kurs erholt, bleiben sicher auch mehr kleinere Aktionäre dem Unternehmen treu. Das ist das Ziel.
Auch wirtschaftlich läuft es bei Halloren seit fast zwei Jahren nicht mehr rund. Ausländische Töchter verlieren Großaufträge. Wie prekär ist die Lage?
Morzynski: Nach meiner Ansicht bessert sich die Situation bei Halloren deutlich. Es ist im Schokoladen-Geschäft leider gelebte Übung, dass in den ersten drei Quartalen Verluste anfallen. Das wird durch das vierte Quartal mehr als aufgefangen. Ich bin optimistisch, dass wir in diesem Jahr wieder schwarze Zahlen schreiben - auch wenn diese noch bescheiden ausfallen werden. Letztendlich wird es auf das Weihnachtsgeschäft ankommen.
Wenn bei Halloren gespart werden muss, wieso werden dann gleich drei neue, zusätzliche Vorstände ernannt?
Morzynski: So neu sind die Vorstände nicht. Sie sind alle schon im Unternehmen beschäftigt und stehen damit auch auf der Gehaltsliste. Sie bekommen nun aber mehr Verantwortung. Wir glauben, damit ein schlagkräftiges Team zu haben.
Zuletzt hat das Team nicht gerade überzeugt. Dann wird schnell auch der Trainer infrage gestellt. Hat Vorstandschef Klaus Lellé weiter Ihr Vertrauen?
Morzynski: Ja, Herr Lellé hat unser Vertrauen. Er hat in den vergangenen Jahren die Halloren Schokoladenfabrik nach vorn gebracht. Er besitzt eine sehr positive Ausstrahlung und galt als Mr. Halloren. Die vergangenen 18 Monate sind natürlich auch an ihm nicht spurlos vorbei gegangen. Vielleicht ist er jetzt innerlich etwas gebremster. Er macht aber nach wie vor eine gute Arbeit und ist bestens verdrahtet im deutschen Handel. Ich glaube, mit ihm kommen wir auch durch schwierige Phasen. Ich hoffe, dass mit neuen Erfolgen der gewohnte Tatendrang zurückkehrt. (mz)