Fichten-Bier und Algenzucht Grüne Woche in Berlin: Warum Produkte aus Sachsen-Anhalt gefragt sind

Berlin - Die Bierkultur in Sachsen-Anhalt entwickelt sich: In den vergangenen Jahren wurden mehrere kleine Brauereien gegründet. Mit den „Harzer Fichteln“ kommt nun eine weitere Marke hinzu. Der Quedlinburger Torsten Höher hat das Bier
als regionale Spezialität auf den Markt gebracht. „Es wird natürlich mit Fichtennadeln gebraut“, sagt der Quedlinburger über das naturtrübe Pils, das in Goslar hergestellt wird. Höher erweitert damit sein Fichteln-Sortiment, das bereits eine spezielle Wurst vom Harzer Roten Höhenvieh und Schnaps umfasst.
Grüne Woche in Berlin: Branche im Aufwind
Auf der weltgrößten Ernährungsschau „Grüne Woche“ in Berlin stellte Höher das Fichten-Bier erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Es gibt in Deutschland keinen anderen Platz, auf dem Lebensmittel-Produzenten so viele Verbraucher auf einmal erreichen können.
Aus Sachsen-Anhalt sind wieder 85 Aussteller in einer eigenen Halle vertreten „Wir mussten einige Anfragen sogar ablehnen“, sagte Jörg Bühnemann, Chef der landeseigenen Agrar-Marketinggesellschaft. Es läuft derzeit rund in der Ernährungswirtschaft. Agrarministerin Claudia Dalbert (Grüne) gab zum „Sachsen-Anhalt-Tag“ am Montag die aktuellen Branchenzahlen bekannt: Der Umsatz lag 2017 bei 7,7 Milliarden Euro. Das ist ein Plus von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Mit mehr als 20.000 Mitarbeitern ist das Ernährungsgewerbe noch vor der Chemie der beschäftigungsstärkste Industriezweig im Land. Auf der „Grünen Woche“ testen etablierte Hersteller wie die Sektkellerei Rotkäppchen-Mumm oder der Backmischungs-Hersteller Kathi, wie ihre neuen Produkte vom Kunden angenommen werden. Die Messe ist auch ein Marketinginstrument.
Produkte aus Sachsen-Anhalt auf der Grünen Woche
Für kleine Firmen hat die Schau eine größere Bedeutung, weil ihre Innovationen auf diesem Weg zum Markterfolg werden können. Die Vitavitee GmbH aus Derenburg (Landkreis Harz) beispielsweise bietet Bio-Trockenfrüchte wie Gojibeeren und Aroniabeeren an, die aus eigenem Anbau stammen. „Viele Verbraucher können mit diesen Beeren, die unter anderem das Immunsystem stärken, noch nichts anfangen“, sagte Firmenchefin Viola Abel. „Wir erklären unser Produkt.“
Am Nachbarstand zeigte der Hof Pfaffendorf seine Molkereierzeugnisse. Der landwirtschaftliche Betrieb aus der Nähe von Köthen hat 2016 eine eigene Molkerei eröffnet, in der unter anderem Milch, Quark und Joghurt produziert werden. Viele Edeka- und Rewe-Märkte in der Region führen inzwischen die Molkerei-Produkte. „Die Kunden greifen verstärkt nach regionalen Produkten, die etwas Besonderes bieten“, so Ministerin Dalbert. Das Bewusstsein der Verbraucher bei der Ernährung nehme zu. Das zeige auch der steigende Anteil an Bio-Lebensmitteln.
Sachsen-Anhalt unterstützt auch neue Ideen. Im Forschungsprojekt „Smart“ arbeiten Studenten der Uni Magdeburg mit einem Algenzucht-Betrieb in Klötze (Altmark) zusammen. Die Blaualge „Spirulina“ besitzt einen sehr hohen Eiweißgehalt und wird bisher vor allem als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt. Ziel ist es nun, dass Verbraucher diese auch frisch züchten sollen. „Neben Basilikum und Tomaten sollen künftig auch Algen auf dem Fensterbrett oder dem Balkon wachsen“, erklärte Jörg Ullmann, Chef der Algenzuchtfarm. Dazu werde ein spezielles Aquarium entwickelt. Mit dem Projekt „Smart“ will das Land die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und mittelständischen Firmen erleichtern.
Keine Schnaps-Idee
Dass an den Hochschulen viele kluge, junge Menschen nur darauf warten, neue Entwicklungen anzustoßen, zeigte die Studentin Julia Neudert, die auf der Messe ihren Brotschnaps vorstellt. „Jährlich bleiben bei deutschen Bäckern 500.000 Tonnen Brot liegen, das nicht verkauft wurde“, sagte die 25-Jährige von der Hochschule Anhalt. Mit Brotschnaps ließe sich ein Teil davon sinnvoll verwenden - es ist also alles andere als eine Schnapsidee.
Auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) war von den Neuheiten angetan. Er fragte aber auch kritisch nach, wie der Markt aussieht und ob neue Jobs geschaffen werden. Natürlich musste Haseloff immer kosten. Doch die Stärkung ist ihm willkommen. Er ist in den kommenden Tagen regelmäßig in Berlin. Die Koalitionsverhandlungen mit der SPD haben begonnen. (mz)
