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Gewerbe-Immobilienmesse «Reallocation» in Leipzig Gewerbe-Immobilienmesse «Reallocation» in Leipzig: Keine Angst vor dem billigen Osten

Von Manfred Schulze 09.06.2004, 17:55

Leipzig/Halle/MZ. - Helma Hampel gilt als umtriebige Gemeindechefin, wenn es Investoren aufzuspüren gilt. Die Bürgermeisterin der Saalkreisgemeinde Queis an der A 14 war mit ihrem Industriepark vor drei Jahren sogar bis in die Zwischenrunde der BMW-Ansiedlungsentscheidung vorgestoßen. Inzwischen hat sie 120 Unternehmen ansiedeln können und nur noch 75 Hektar freie Flächen.

Die Nachfrage sei ungebrochen, berichtet sie, gerade wieder von einer Besprechung mit Interessenten zurück, in ihrem kleinen Büro. Die EU-Erweiterung berge zwar Risiken einer verschärften Konkurrenz der Standorte, aber das habe dem Interesse keinen Abbruch getan. "Wir haben zwar höhere Löhne, dafür aber eine perfekte Infrastruktur und profitieren sicher davon, dass vor allem die kleineren einheimischen Firmen gar nicht selbst nach Polen oder Tschechien gehen, sondern lieber kooperieren", so die Ortschefin. Und dabei machten einige schon recht gute Geschäfte auf den neuen Märkten.

Die Befürchtungen, dass die Verschiebung der EU-Ostgrenzen der verhaltenen Ansiedlungsnachfrage in den neuen Bundesländern völlig den Garaus machen könnte, scheint auch sonst nach den ersten Wochen konkreter Erfahrungen kaum jemand zu teilen. "Für uns ist der Osten Deutschlands ebenso ein Thema, wie Gewerbestandorte in den östlichen Nachbarländern", so Uli Briese, Pressereferent der am 22. Juni in Leipzig beginnenden Gewerbe-Immobilienmesse "Reallocation". Das Sachsen und Sachsen-Anhalt in der neuen Mitte Europas liegen, sei tatsächlich auch für einige global agierende Unternehmen durchaus ein Thema. "Und wir haben unter den Ausstellern ja auch viele, die bei den Grundstückskosten durch die bisher sehr hohen Fördermittel selbst für die Billig-Konkurrenz kaum schlagbar sind", so Briese.

Zum Beispiel im Industriepark im sächsischen Espenhain. Wo einst die Schwelöfen der Braunkohlenveredlung ihre staubig-giftigen Schwaden verbreiteten, sind inzwischen der Abbruch und die Altlastensanierung weitgehend abgeschlossen, mehr als 100 der ehemals 290 Hektar sind jetzt in der ersten Phase für neue Industrieansiedlungen in der Erschließung. "Wir sehen uns im Wettbewerb mit anderen Standorten bestens positioniert", sagt Lutz Tippner, Abteilungsleiter Liegenschaften der Lausitzer und Mitteldeutschen Braunkohlen Verwaltungsgesellschaft (LMBV) "Bei uns kostet der Quadratmeter baureifes Land weniger als zehn Euro, dafür gibt's alle für die Industrie notwendigen Medien und Gleisanschluss."

"Wir verhandeln bereits mit mehreren Interessenten aus den Bereichen Elektro und Bioenergie und sind optimistisch, dass sich die Flächen bald weiter füllen werden", fügt Tippner hinzu. Vor allem die zentrale Lage mit einer ausgezeichneten Verkehrsanbindung wird von diesen Unternehmen hoch geschätzt. "Das gleicht andere Nachteile wie bei den Löhnen und bei den Steuern vor allem bei technologieintensiven Investments aus", meint Peter Szenassy, der bei der Wirtschaftsförderung Sachsen den Bereich für die mittel- und osteuropäischen Länder leitet.

Die Kostenunterschiede zwischen den östlichen Nachbarn und Ostdeutschland sind nicht so dramatisch, wie häufig dargestellt. "Fragen Sie mal einen Facharbeiter bei Skoda nach seinem Lohn und vergleichen das mit einem Bauarbeiter in Zittau, da gibt es kaum noch einen Unterschied", sagt auch Ullrich Müller, Tschechienexperte beim auf Gewerbeimmobilien spezialisierten Makler Aengevelt. Und die Einkommen in den neuen EU-Mitgliedsländern steigen mit Sicherheit auch in den nächsten Jahren weiter.