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Fallen Entschädigungen für Passagiere weg? Fallen Entschädigungen für Passagiere weg?: Small Planet Airlines meldet Insolvenz an

Von Steffen Höhne 19.09.2018, 12:00
Ein Airbus A320 von „Small Planet“ steht am Flughafen Burgas in Bulgarien.
Ein Airbus A320 von „Small Planet“ steht am Flughafen Burgas in Bulgarien. BTA

Halle (Saale) - Die nächste Airline-Pleite im deutschen Luftverkehr: Die Berliner Fluggesellschaft Small Planet Airlines hat Insolvenz in Eigenverwaltung angemeldet. Auf der Internetseite des Unternehmens wird als Grund „eine angespannte Finanzlage“ genannt.

Das Unternehmen betont jedoch, dass alle Flüge von und nach Deutschland weiterhin durchgeführt werden. Die gebuchten Tickets behalten ihre Gültigkeit. In Deutschland ist die Airline mit 18 wöchentlichen Abflügen besonders stark am Flughafen Leipzig/Halle engagiert.

Small Planet Airlines hat in Deutschland erst im Mai 2016 den Flugbetrieb aufgenommen. Die Tochter der gleichnamigen litauischen Fluggesellschaft fliegt vor allem für Reiseveranstalter wie Tui, Thomas Cook, FTI oder Rewe. Das Unternehmen expandierte in den vergangenen Jahren stark.

Small Planet Airlines insolvent: Schnelle Expansion, viele Verspätungen

Vor allem nach der Pleite von Air Berlin und Niki wollte die Gesellschaft in diesem Sommer Lücken im touristischen Reiseverkehr schließen. Innerhalb weniger Monate wuchs die Zahl der Maschinen von vier auf zehn. „Die junge Airline hat sich dabei verhoben“, sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg.

Während des gesamten Sommers habe es Verspätungen und Flugausfälle gegeben. Der Branchendienst Aerotelegraph zitiert aus einem aktuellen Schreiben des Managements an die Mitarbeiter. Es sei zu „riesigen Entschädigungsforderungen gegenüber Passagieren“ gekommen.

Auch am Flughafen Leipzig/Halle klagten Fluggäste immer wieder über Verspätungen. Verbindungen gibt es nach Angaben des Airports derzeit nach Ägypten, Bulgarien, Griechenland, Malta, Marokko, Spanien und die Türkei.

Nach Informationen des Fluggast-Rechteportals EU-Flight.de sind bei der Airline nach einem chaotischen Sommer Entschädigungsforderungen von mehr als 20.000 Passagieren aufgelaufen. „Wir gehen von rund neun Millionen Euro gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung bestehender Ansprüche aus“, sagte Geschäftsführer Lars Watermann. Durch die Insolvenz wird es aber für die Passagiere schwer, ihre Forderung geltend zu machen.

Sechs Prozent der Flüge in Deutschland hatten laut Airline drei Stunden oder mehr Verspätung gehabt - gerechnet habe man mit 1,4 Prozent. Für die Verspätungen macht die Gesellschaft vor allem Streiks der Fluglotsen in ganz Europa verantwortlich.

Airline-Chef Oliver Pawel sprach zuletzt jedoch selbst auch von Wachstumsproblemen. Offenbar waren die Flugpläne nicht optimal und zu wenig Reserven eingeplant. Ein Beispiel: Im Juni erlitt eine Maschine im ägyptischen Marsa-Alam einen Triebwerksschaden. Wochenlang konnte die Maschine laut dem Portal Airliners nicht repariert werden, weil die Small-Planet-Gruppe die verfügbaren Ersatztriebwerke bereits im Einsatz hatte und auf dem freien Markt keine zu bekommen waren.

Das Unternehmen will sich nun in Eigenverwaltung sanieren. Das heißt, das Management bleibt an Bord. Das Amtsgericht Charlottenburg bestellte Rechtsanwalt Joachim Voigt-Salus zum vorläufigen Sachwalter. Durch eine Reduzierung des Streckennetzes mit nur noch sechs Maschinen soll die Airline wieder Stabilität bekommen.

Small Planet Airlines insolvent: Bleiben Crews der Fluggesellschaft treu?

Luftfahrtexperte Schellenberg sieht die Airline vor großen Herausforderungen: „Nicht nur bei den Fluggästen, sondern auch bei den großen Reiseveranstaltern ist Vertrauen verloren gegangen.“ Man müsse abwarten, wie dies sich nun verhalten.

Ein Neustart der Gesellschaft mit 400 Mitarbeitern könnte auch durch verunsicherte Crews erschwert werden. „Andere Airlines werfen sicher ein Auge auf die Piloten“, so Schellenberger. Die große Billigfluggesellschaft Eurowings hatte im Sommer ähnliche Probleme wie Small Planet Airlines. Die Tochter der Lufthansa ist aber deutlich finanzstärker und wirbt aktuell intensiv Personal an. (mz)