Erdgas-Netz in Sachsen-Anhalt Erdgas-Netz in Sachsen-Anhalt: 2.500 Störungen werden jährlich gemeistert

Kabelsketal/MZ - Guten Morgen, Sachsen-Anhalt! Es ist kurz nach fünf Uhr. Jetzt werden die Heizungsventile geöffnet. Dass die Leute hierzulande früh aufstehen, weiß Holger Knitschke aus Sennewitz (Saalekreis) schon lange. „Und sie wollen es dann auch schön warm haben.“
Der Dispatcher kann den Minutentrend an einer Kurve auf einem seiner acht Bildschirme ablesen. Als Dispatcher des Netzbetreibers Mitnetz verfolgt der 55-Jährige den aktuellen Erdgasverbrauch. Da macht dieser Wintermorgen keine Ausnahme. Spitzenzeiten - das bedeutet immer ein Plus von 20 bis 30 Prozent. Ohnehin ist die Abnahme im Winter siebenmal höher als im Sommer, geht aus der Statistik des zum Energieversorger Envia-M gehörenden Unternehmens hervor.
Solche zusätzlichen Mengen für insgesamt 170.000 Kunden und etwa 200 Gas-Händler abzugeben, ist heutzutage kein Problem mehr. Die Vorräte in unterirdischen Speichern reichen dem Unternehmen zufolge länger als ein Jahr. Teils stammen sie aus Russland, teils aus Norwegen.
Immer Druck auf der Leitung
Und technisch verfügt Mitnetz über ein fast 7.000 Kilometer umfassendes Leitungssystem, das neben den privaten Abnehmern auch rund 350 industrielle Großabnehmer erreicht. Verträge gibt es auch mit 23 Stadtwerken im mitteldeutschen Raum. Das Versorgungsgebiet reicht, wenn man den Firmensitz in Kabelsketal als Mittelpunkt ansieht, 140 Kilometer von Nord nach Süd und 170 Kilometer von West nach Ost. Zahlreiche große und kleine Pumpstationen sorgen dafür, dass jederzeit ausreichend Druck anliegt. Dabei handelt es sich nach den Worten von Holger Erdmann, Leiter der Gas-Leitstelle, um teils beachtliche Parameter. In Hauptleitungen herrscht ein Druck, der um fast das 30-fache höher ist als in einem Autoreifen.
Einer der Fachleute, die die Einsätze bei technischen Problemen koordinieren, ist Andreas Rosenberg. Der Hallenser steht während seiner Schicht ununterbrochen mit Monteuren im Außendienst in Verbindung, aber auch mit für Notfälle vertraglich gebundenen Baufirmen. 27 Mitarbeiter des Netzbetreiber sind zudem rund um die Uhr in Bereitschaft. Durchgespielt und vielfach erprobt, kann so garantiert werden, dass innerhalb von 30 Minuten nach einer Havarie sachkundige Hilfe vor Ort ist. Bis zu 2.500 Mal im Jahr erreicht Rosenberg und seine Kollegen eine Störmeldung. „Glücklicherweise stellt sich in etwa 20 Prozent der Fälle ein falscher Alarm heraus.“ Meist ist vermeintlicher oder tatsächlicher Gasgeruch der Auslöser. Den meisten und oft auch größeren Ärger bereiten dem Team jedoch Baggerarbeiten, bei denen Rohrleitungen zerstört werden.
Verdichterstation in Peißen bei Bernburg explodierte
Augen- und Ohrenzeuge der bislang größten Havarie im Netz ist Holger Knitschke gewesen. Obwohl das Ereignis vom November 2002 schon lange zurück liegt, erinnert er sich noch gut. „Die zentrale Verdichterstation in Peißen bei Bernburg flog nach einem großflächigen Gasaustritt in die Luft.“ Die Ursache des Dilemmas: Straßenbauarbeiten mit schweren Erschütterungen des Erdreichs lassen ein Stahlrohr platzen. Die Stichflamme soll 30 Meter hoch gewesen sein. Dass damals niemand zu Schaden gekommen ist, grenzt für den erfahrenen Gastechniker immer noch an ein Wunder.
Kein Wunder, meint Knitschke, sei dagegen die fast 100-prozentige Versorgungssicherheit, die Mitnetz als sein Markenzeichen versteht. Selbst nach Störungen kann der Betrieb insgesamt gesichert werden. Der Grund: Der gestörte Abschnitt kann über Funksignale gesteuert abgesperrt werden. Gleichzeitig gelangt das Gas über andere Stränge in das jeweilige Versorgungsgebiet.
Millionen-Investitionen sind in den zurückliegenden Jahren in den Ausbau des Netzes geflossen. Unter anderem gehört dazu der au einer über 100 Kilometer langen Gasleitung aus dem Raum Bernburg bis an den Stadtrand von Leipzig.
Neue Millionen-Investitionen
Pressesprecherin Cornelia Sommerfeld zufolge will das Unternehmen in diesem Jahr dort anknüpfen. „Allein in Sachsen-Anhalt sollen 18,5 Millionen Euro eingesetzt werden“, sagte Sommerfeld. Dazu gehört auch der Netzanschluss von entstehenden neuen Biogas-Anlagen, so in Könnern (Salzlandkreis), Holleben und Stedten (Saalekreis). Seit 2008 sind in Sachsen-Anhalt acht derartige Energieerzeuger hinzu gekommen. Auch eine Reihe neuer Erdgas-Tankstellen, zum Beispiel in Schkeuditz (Nordsachsen), runden das Investitionsprogramm ab.