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Engpass in Sachsen-Anhalt Engpass in Sachsen-Anhalt: So lange müssen Kunden auf Handwerker warten

Von Steffen Höhne 22.03.2018, 09:00
Im Baugewerbe, dazu zählen Dackdecker, sind es 8,5 Wochen Wartezeit.
Im Baugewerbe, dazu zählen Dackdecker, sind es 8,5 Wochen Wartezeit. imago stock&people

Halle (Saale) - Bauboom und fehlende Fachkräfte führen dazu, dass Verbraucher im südlichen Sachsen-Anhalt mitunter mehr als zehn Wochen auf Handwerker warten müssen.

Im Schnitt habe 2017 die Wartezeit bei 7,6 Wochen gelegen, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle (HWK), Dirk Neumann, der MZ. Die Kammer fragt alle drei Monate die sogenannten Auftragsreichweiten bei den Unternehmen ab.

Dabei gibt es zwischen den Gewerken deutliche Unterschiede. Im Baugewerbe, dazu zählen Maurer und Dachdecker, sind es 8,5 Wochen.

Wartezeit bei Gesundheitsberufen in Sachsen-Anhalt deutlich geringer

Im Ausbaugewerbe wie etwa bei Tischlern oder Fliesenlegern sind es 9,8 Wochen. Dem gegenüber liegt die Wartezeit bei Gesundheitsberufen wie Zahntechnikern bei nur 1,3 Wochen.

Nach Worten  des HWK-Hauptgeschäftsführers Neumann profitiert das Handwerk von der hohen Bautätigkeit, die vor allem auf die niedrigen Zinsen zurückgeht. 

Als entscheidensten Grund für die langen Fristen nennt Neumann jedoch den Nachwuchsmangel. „In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Auszubildenden in unserem Kammerbezirk halbiert“, sagt Neumann.

Das gehe vor allem auf die geburtenschwachen Jahrgänge nach der Wende zurück. Zudem habe die Politik zu lange einseitig das Studium als Bildungsweg gefördert. Den Betrieben fehlten nun die Mitarbeiter, um Aufträge zügig abzuarbeiten.

Die Folgen sind für die Verbraucher spürbar: „Wir bedienen jetzt vorrangig unsere Stammkunden und werden bei akuten Störungen aktiv“, sagt Tim Ludwig, Chef von Elektro Zorn in Halle. Ähnlich ist die Situation beim halleschen Sanitärservice Gasan. „Teilweise gibt es Vorläufe von zwölf Wochen und wir mussten  auch schon Aufträge ablehnen, weil wir es nicht schaffen“, sagt Mitarbeiterin  Claudia Ziems.

Die Bereitschaft zu Einstellungen ist da.   „Doch wir finden keine gut ausgebildeten Leute“, sagt Zorn-Chef Ludwig.  Die Kunden hätten hohe Anforderungen  an die Qualität der Arbeit. „Ein angelernter Hilfsarbeiter hilft mir nicht, den würde  ich auch nicht anstellen“, so Ludwig weiter.

Das Handwerk hat im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt ein Umsatzplus von drei Prozent erzielt. „Der Fachkräftemangel gefährdet jedoch den Erfolg“, sagt der Ökonom Joachim Ragnitz von Ifo-Institut in Dresden. So geht die Wirtschaftsleistung in einzelnen Gewerken bereits seit einigen Jahren zurück.

So ist der Umsatz im Lebensmittelbereich, wozu die Bäcker gehören, in Sachsen-Anhalt seit 2009 um sieben Prozent gesunken.   Nach Ansicht von Wirtschaftsforscher Ragnitz ist das Handwerk für junge Menschen zu unattraktiv: „Die Arbeit ist vielfach körperlich anstrengend, die Bezahlung vergleichsweise niedrig.“

HWK-Hauptgeschäftsführer Neumann wirbt dagegen mit „glänzenden Perspektiven“. Das Handwerk sei eine relativ krisensichere Branche. „Ein Meister mit einem eigenen Betrieb verdient in der Regel nicht schlechter als Hochschulabsolventen“, sagt Neumann. Das Land Sachsen-Anhalt unterstütze Existenzgründer inzwischen auch mit einer Meisterprämie von 10. 000 Euro. (mz)