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Der Unmut der Landwirte Der Unmut der Landwirte: Landwirte im Land bäumen sich gegen Umweltauflagen auf

Von Steffen Höhne 21.11.2019, 09:00
Protest in Berlin: Die Bauern machen mobil.
Protest in Berlin: Die Bauern machen mobil. dpa

Staßfurt - Die Jahre 2018 und 2019 werden für die Landwirte in Sachsen-Anhalt wohl noch lange als „Dürre-Jahre“ in Erinnerung bleiben. Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sei nicht so wenig Regen bei so hohen Temperaturen gemessen worden, sagte Sachsen-Anhalts Bauernpräsident Olaf Feuerborn auf dem Verbandstag am Mittwoch in Staßfurt (Salzlandkreis).

Durch den Klimawandel könnten solche extremen Situationen künftig häufiger auftreten. Finanziell sind viele Betriebe laut Bauernchef bereits am Rand ihrer Möglichkeiten. „Wir können daher immer neue Restriktionen und Auflagen durch die Politik nicht mehr hinnehmen“, sagte Feuerborn vor etwa 200 Landwirten im Salzland-Center - und erntete dafür viel Applaus.

Der Unmut der Bauern richtet sich aktuell gegen das Agrarpaket der Bundesregierung, das neue Maßnahmen zu Insektenschutz, Düngerecht, Tierwohl und Klimaschutz beinhaltet. Mit Spannung wurde daher auf dem Verbandstag eine Podiumsdiskussion mit Hermann Onko Aeikens (CDU), Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, und Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, erwartet.

Insektensterben aufhalten

Aeikens wies in seiner Eingangsrede zunächst darauf hin, wie wichtig die Landwirtschaft für Deutschland sei. „Einzelne Missstände dürfen nicht die Landwirtschaft insgesamt in ein schlechtes Licht rücken“, sagte Aeikens, der bis 2016 Agrarminister in Sachsen-Anhalt war. Doch gleich im nächsten Satz machte der CDU-Politiker deutlich, wo er Handlungsbedarf sieht: „Bei den Insektenpopulationen verzeichnen wir einen rapiden Rückgang.“

Dafür sei die Landwirtschaft nicht allein verantwortlich, trage aber dazu bei. Ähnlich sei es bei der Nitratbelastung im Grundwasser. „80 Prozent davon gehen auf zu intensive Düngung aus der Landwirtschaft zurück“, so der Staatssekretär. Das Problem sei, dass zu spät gehandelt wurde.

Deutschlands oberster Bauernvertreter, Joachim Rukwied, sieht das komplett anders: „Die Landwirte sind seit jeher bereit, sich an veränderte Bedingungen anzupassen“. In den vergangenen Jahren sei der Düngemitteleinsatz bereits deutlich reduziert und gleichzeitig die Produktion gesteigert worden.

Zudem hätten die Bauern 230 000 Kilometer Blühstreifen für Insekten angelegt. „Wir werden zu Unrecht in die Ecke gestellt“, sagte Rukwied und erhielt dafür viel Beifall. „Dort, wo es Handelsbedarf gibt, sind wir dafür auch bereit.“

Dies griff Sachsen-Anhalts Agrarstaatssekretär Ralf-Peter Weber (Grüne) auf. Nach seinen Worten ist die intensive Tierhaltung im Land nicht so ausgebreitet wie etwa im benachbarten Niedersachsen. Folglich seien auch die Probleme mit der Nitratbelastung im Grundwasser geringer. „Wir müssen daher Regeln finden, die für die unterschiedlichen Situationen in Deutschland angemessen sind“, sagte Weber. Zudem müsste genau geprüft werden, ob die Maßnahmen auch das Ziel erreichen.

Nicht wettbewerbsfähig?

Sachsen-Anhalts Bauernpräsident Feuerborn machte deutlich, dass man die Wirtschaftlichkeit der Betriebe nicht gefährden dürfe. „Im Bereich Tierhaltung sind de facto kaum noch große Investitionen getätigt worden, da keiner wirklich weiß, welche Regeln ein Jahr später noch gelten.“ Auch Rukwied betonte, dass die Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen fehle. „Wir können nicht alle paar Jahre unsere Ställe umbauen.“

Dass der Bauernchef die Bundespolitik vehement angreift, dürfte auch damit zu tun haben, dass die massiven Bauernproteste im Oktober in Deutschland nicht von den Berufsverbänden organisiert worden. Viele Demonstrationen organisierten die Bauern selbst über Soziale Netzwerke.

Bisher ist die Landwirtschaft wettbewerbsfähig. Aeikens wies darauf hin, dass Deutschland der drittgrößte Agrarexporteur der Welt ist. „Wir sind in der Kostenstruktur vielfach nicht so schlecht“, sagte der Agrarstaatssekretär. Das geplante Tierwohl-Label soll den Landwirten dabei helfen, ihre hochqualitativen Waren besser zu kennzeichnen.

„Der Kunde an der Ladentheke soll erkennen, wie sein Fleisch oder seine Wurst produziert wird“, so Aeikens. Die geplanten Regeln würden den Betrieben, die besonderen Wert auf Tierwohl legen, helfen und nicht belasten. (mz)