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Chiproduzent X-Fab Chiproduzent X-Fab: Erfurter Unternehmen geht an die Börse

Von Steffen Höhne 06.04.2017, 18:28
In Reinräumen im Erfurter Werk fertigt das Unternehmen seine Produkte.
In Reinräumen im Erfurter Werk fertigt das Unternehmen seine Produkte. X-Fab/Michael Voigt

Erfurt/Halle - Wenn Autofahrer auf das Gaspedal treten, dann beschleunigt das Auto. Logisch. Doch warum? Kaum ein Fahrzeughalter macht sich Gedanken, welche Technologie dahintersteckt.

Müssen sie auch nicht unbedingt. Das erledigen für sie Forscher des Halbleiter-Herstellers X-Fab. Das Erfurter Unternehmen produziert unter anderem Mikrochips, die mit einem Magnetfeld jede Bewegung des Gaspedals messen und diese an die Motorsteuerung weitergeben.

Ob im Auto, im Handy oder medizinischen Geräten: X-Fab liefert die Technik, welche die analoge Welt der Menschen mit der digitalen der Computer verbindet. Das Geschäft wächst, die Auslastung der Fabriken ist gut. Das künftige Wachstum will X-Fab-Chef Rudi De Winter durch den Gang an die Pariser Börse Euronext finanzieren.

Chiphersteller X-Fab aus Erfurt geht an die Börse: High-Tech zum Bluttest

In den vergangenen Wochen reiste De Winter nach London, New York und in andere Finanzmetropolen, um Investoren zu werben. Das hat geklappt.

Zum Debüt am Donnerstag notierte die X-Fab-Aktie zum Einstand bei 7,90 Euro. Das Unternehmen sammelte rund 440 Millionen Euro ein, davon sollen rund 250 Millionen für neue Investitionen verwendet werden. Paris wurde statt Frankfurt als Börsenplatz gewählt, weil man in der französischen Hauptstadt mit mehr Investoren für die Halbleiterbranche rechnete.

X-Fab ist nun eines der wenigen ostdeutschen Unternehmen - insgesamt sind es rund zwei Dutzend - die börsennotiert sind. Das könnte anderen Firmen Mut machen. Ganz sicher ist der Börsengang aber ein positives Signal für die deutsche Chip-Industrie. Die Speicher-Produzenten wachsen mit ihren Produkten aus der Nische in Massenmärkte hinein, sagt Michael Kaiser vom Halbleiter-Verband Semi Europa.

Entstanden ist X-Fab nach der Wende aus den Überresten des DDR-Halbleiter-Kombinates VEB Mikroelektronik Erfurt. Der langjährige Firmenchef Hans-Jürgen Straub machte das Unternehmen zu einem Auftragshersteller für Schaltkreise, der heute mehr als 300 Kunden beliefert.

X-Fab spezialisierte sich frühzeitig auf sogenannte Analog-Digital-Chips. Während sich Branchenriesen wie Intel und Samsung ein Wettrennen liefern, wer Chips mit noch mehr Leistung noch mehr miniaturisieren kann, arbeitet X-Fab mit Kunden zusammen daran, praktische Lösungen für sehr spezielle Probleme zu entwickeln.

Ein Beispiel: Das Unternehmen fertigt einen Chip mit Sensoren, der das Blut von schwangeren Frauen untersucht, um so genetische Veränderungen im Erbgut von Embryos frühzeitig festzustellen. „Bisher sind dafür aufwendige Untersuchungen des Fruchtwassers nötig“, erklärt X-Fab-Manager Thomas Hartung.

Bereits 2004 wollte das Thüringer Unternehmen an die Börse gehen, scheiterte jedoch damit. Den Investoren war damals - nach dem Platzen der sogenannten Dotcom-Blase - das Geschäft offenbar zu risikoreich.

Davon ließ sich X-Fab nicht beirren. Über die Jahre kaufte das Unternehmen günstig ältere Chip-Fabriken auf, die Wettbewerber aufgegeben hatten. So betreibt das Unternehmen mit weltweit 3 800 Mitarbeitern heute nicht nur Werke in Erfurt (700 Beschäftigte) und Dresden (450), sondern auch in Frankreich, Malaysia und den USA.

Im Jahr 2016 erzielte die Firmengruppe einen Umsatz von 513 Millionen US-Dollar - umgerechnet etwa 465 Millionen Euro. Laut dem Beratungsinstitut IC Insights rangiert X-Fab damit unter den zehn größten Auftragsfertigern der Welt und belegt bei den Analog-Digital-Chips sogar einen Spitzenplatz.

Das ist aktuell sehr lukrativ: Vor Steuern und Abschreibungen verdient X-Fab bei jedem umgesetzten Euro rund 20 Cent. Von einer Gewinnmarge von 20 Prozent können viele Industriefirmen nur träumen.

X-Fab und andere Chiphersteller aus Deutschland: Spezialisierung auf die Nische

X-Fab und viele andere europäische Speicherproduzenten haben aus der Not eine Tugend gemacht. „Weil sie bei den Milliarden-Investitionen der amerikanischen und asiatischen Chip-Hersteller nicht mehr mithalten konnten, spezialisierten sich die Firmen auf ausgewählte Bereiche“, sagt Kaiser vom Verband Semi.

Der größte deutsche Hersteller, das Münchner Unternehmen Infineon mit 6,4 Milliarden Euro Umsatz, hat seine Hauptproduktion in Dresden. Produziert werden unter anderem Chips für die Autoindustrie. So hat das Unternehmen zuletzt ein Radarsystem entwickelt, welches zum autonomen Fahren von Fahrzeugen dienen soll.

Auch der Autozulieferer Bosch ist stark in dem Geschäft mit Sensoren vertreten. Da in modernen Autos immer mehr Elektronik verbaut wird, werden auch mehr Chips eingesetzt. Das gilt auch für andere Bereiche - etwa bei der Vernetzung von Maschinen.

Hohe Investitionen von deutschen Chipherstellern wie X-Fab geplant

Dennoch haben nach Einschätzung von Kaiser die europäischen Chip-Hersteller insgesamt in den vergangenen Jahren zu wenig investiert. „Es fehlen vor allem Großprojekte.“ Um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, will Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (CDU) daher die deutsche Mikroelektronik-Industrie mit Milliarden fördern.

Der Weltmarktanteil der europäischen Hersteller ist auf nur noch fünf Prozent gesunken, heißt es aus dem Ministerium. Wanka bietet den Unternehmen daher zunächst eine Milliarde Euro Subventionen an. Laut einem Bericht der „Wirtschaftswoche“ versprechen elf Unternehmen, darunter Infineon, Bosch und X-Fab, im Gegenzug eigene Investitionen in Höhe von drei Milliarden Euro. Allein der Hersteller Globalfoundries will sein Dresdner Werk für 1,5 Milliarden Euro ausbauen.

Auch X-Fab will in den kommenden Jahren seine Fabriken erweitern. Firmenchef De Winter kündigt ein jährliches Wachstum von zehn Prozent an. Das sind ambitionierte Pläne - der Weltmarkt wächst nur halb so stark.

Mit dem Börsengang steigen nun auch die Verpflichtungen, die Firmenzahlen detailliert zu veröffentlichen. X-Fab muss sich künftig also mehr in die Karten schauen lassen. Es wird sich daher überprüfen lassen, ob den Worten des Vorstandschefs auch die entsprechenden Ergebnisse folgen. (mz)

Aus Wafern werden die Chips.
Aus Wafern werden die Chips.
X-Fab/Michael Voigt