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Bestelldienst Bestelldienst: Lieferando will an die Börse gehen

Von Jonas Rest 06.09.2016, 14:26

Berlin - Seit Monaten wird über einen Börsengang der Delivery-Hero-Gruppe (Pizza.de, Lieferheld) spekuliert – nun kommt Lieferando dem Berliner Lieferimperium zuvor: Die niederländische Takeaway.com-Gruppe, die 2014 den Berliner Bestelldienst Lieferando übernommen hat, gab am Dienstag bekannt, dass sie in den nächsten Wochen an die Börse gehen will. Die Gruppe will dabei mindestens 175 Millionen Euro einnehmen – auch um in Deutschland den Konkurrenzkampf gegen die Plattformen von Delivery Hero zu intensivieren.

40 Millionen Euro für Marketing

Takeaway-Geschäftsführer Jörg Gerbig sagte dieser Zeitung, die Liefergruppe plane in Deutschland noch einmal kräftig zu investieren, um ihre Marktstellung auszubauen. Rund 40 Millionen Euro der Börseneinnahmen sollen vor allem in Marketingausgaben in Deutschland, dem nach Holland wichtigsten Markt der Gruppe, fließen.

Lieferando ist durch massive Marketingausgaben Branchenkennern zufolge inzwischen in Deutschland an dem einstigen Marktführer Pizza.de vorbeigezogen. Die Delivery-Hero-Gruppe, zu der neben Pizza.de auch Lieferheld gehört, hatte in Vorbereitung des eigenen Börsengangs die Marketingausgaben in die eigenen Plattformen etwas zurückgefahren. Zusammengerechnet setzen die Plattformen der Delivery-Hero-Gruppe in Deutschland allerdings weiterhin mehr um als Lieferando.

Hohe Verluste in Deutschland

Für Lieferdienste ist es essenziell eine marktbeherrschende Stellung zu erlangen, um hohe Profite einzufahren. Jitse Groen, der Gründer von Takeaway.com, hatte dieser Zeitung die Logik hinter dem Geschäftsmodell im vergangenen Jahr so erklärt: „Im Lieferdienst-Geschäft werden sie nur dann hohe Profite einfahren, wenn Sie den Markt beherrschen – also ganz klar die Nummer eins sind. Als Nummer zwei verdienen Sie fast gar nichts.“

In Holland, wo Takeaway.com inzwischen 90 Prozent des Marktes beherrscht, ist das Unternehmen hochprofitabel und erwirtschaftete bei einem Umsatz von 25,7 Millionen Euro in den ersten sechs Monaten diesen Jahres einen Gewinn von über 16 Millionen Euro. Anders sieht es Deutschland aus. Dort verbrannte Lieferando im gleich Zeitraum knapp 18 Millionen Euro – bei einem Umsatz von knapp 17 Millionen Euro. Gruppenweit stand im letzten Jahr ein Verlust von 13,8 Millionen Euro.

Das Startkapital betrug 50 Euro

Obwohl in Deutschland zunächst weiter investiert werden soll, peilt Takeaway an, innerhalb von zwei bis drei Jahren sowohl hierzulande als auch auf Gruppenebene profitabel zu werden. Um sich auf den Angriff in Deutschland zu konzentrieren, hatte sich Takeaway.com im August aus Großbritannien zurückgezogen. Derzeit ist die Liefergruppe neben Deutschland und Holland noch in Belgien, Österreich, Polen, Portugal, Frankreich, der Schweiz und Vietnam aktiv.

Jitse Groen hatte die Gruppe im Jahr 2000 als 21-jähriger Student in den Niederlanden gegründet. Startkapital: 50 Euro. Bis zur Übernahme von Lieferando 2014 konnte Groen das Wachstum seines Lieferdienst-Imperiums im Wesentlichen aus den Einkünften seiner Lieferplattformen finanzieren. So gehört ihm bis heute ein Großteil von Takeaway.com. Bei dem Börsengang strebt die Gruppe dem Vernehmen nach eine Bewertung von mehr als eine Milliarde Euro an. Delivery Hero wurde bei der letzten Finanzierungsrunde mit knapp drei Milliarden Euro bewertet.