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Ausnahmen und Verbote: Grillen ist nicht immer erlaubt

Von Berit Schmidt 07.05.2009, 07:24

Berlin/dpa. - Viele Gerichte haben sich schon mit Nachbarschaftsstreit rund um das Thema Grillen beschäftigen müssen. Ob in der Miet- oder in der Eigentumswohnung: Wer grillen will, muss Rücksicht nehmen.

Wenn das Brutzeln aber nicht ausdrücklich untersagt ist, müssen Nachbarn von Zeit zu Zeit mit dem Rauch leben. «Grundsätzlich darf im Garten, auf der Terrasse oder auf dem Balkon gegrillt werden», sagt Ulrich Ropertz vom Mieterbund in Berlin. In den Sommermonaten, so entschied das Landgericht München (Az. 15 S 22735/03), ist Grillen üblich. Wenn da nur nicht die Nachbarn wären: Sie müssen nicht akzeptieren, dass sie «eingenebelt» werden, wendet Ropertz ein. Hintergrund seien die Landesimmissionsschutzgesetze.

Wer trotz nachweislich starker, belästigender Rauchentwicklung nicht vom Grillen ablässt, muss mit einem Bußgeld rechnen, entschied das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem weithin anerkannten Urteil (Az. 5 Ss (OWi) 149/95). Daneben gibt es allerdings keine konkreten gesetzlichen Regelungen. «Es muss das allgemeine Gebot der Rücksichtnahme eingehalten werden», fasst Alexander Wiech vom Eigentümerverband Haus & Grund in Berlin zusammen.

Ein Blick in den Mietvertrag kann Klärung bringen, rät Jörn-Peter Jürgens vom Interessenverband Mieterschutz in Hannover. So hat das Landgericht Essen (Az. 10 S 438/01) entschieden, dass über den Mietvertrag Grillen auf Balkon oder Terrasse verboten werden kann. Bei Eigentümergemeinschaften kommt es auf den vorher gefassten Beschluss der Wohnungseigentümer an.

Ist per Mietvertrag oder Eigentümerbeschluss Grillen verboten, sind keine Diskussionen zulässig. Alles Weitere hängt vom genauen Wortlaut ab - zum Beispiel, in welchem Umfang gegrillt werden darf, schildert Ropertz. Sollte ein Mieter sich nicht daran halten, kann ihm nach erfolgloser Abmahnung sogar fristlos gekündigt werden - auch das steht in der Entscheidung des Landgerichts Essen.

Ein freundliches, von Rücksichtnahme geprägtes Miteinander ist beim Thema Grillen also empfehlenswert. Das gelte auch, wenn der Mietvertrag das Grillen nicht regelt. Jürgens schlägt vor, Nachbarn vorher zu informieren, dass gegrillt wird.

Wenn möglich, sollte ein Elektrogrill den Vorzug vor Holzkohle erhalten, sagt Ropertz. Die Art des Grills begründe zwar rechtlich keinen Unterschied - aber ein Elektrogrill verursacht weniger Qualm. Und damit sinke das Risiko, dass sich Nachbarn gestört fühlen. So empfiehlt auch das Landgericht Stuttgart, dass nach Möglichkeit mit Elektrogrill und Alu-Schale gebrutzelt werden soll (Az. 10 T 359/96).

Denn das wichtigste Kriterium ist die Rauchentwicklung und die daraus folgende Belästigung der Nachbarn. Dringt Rauch in die Nachbarwohnungen, sollte das Grillen unterbleiben. Viele Richter haben den Mittelweg gewählt, um einen Kompromiss zwischen Grillfreunden und ihren Nachbarn herzustellen. So erlaubte das Landgericht Aachen (Az. 6 S 2/02) das Grillen zweimal im Monat zwischen 17.00 und 22.00 Uhr im hinteren Teil des Gartens. Viermal im Jahr bis 24.00 Uhr darf nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg (Az. 13 U 53/02) gegrillt werden.

Beim Thema Grillen hilft die Papierlage oft nicht weiter. Es gibt zu viele Grauzonen und Einzelentscheidungen. Deshalb sollte die gütliche Einigung mit den Nachbarn im Vordergrund stehen. So entschied zum Beispiel das Amtsgericht Hamburg, dass das Betreiben eines Grills auf dem Balkon nicht mehr als «vertragsgemäße Benutzung» der Wohnung gelten könne (Az. 40 C 229/72). Das Amtsgericht Bonn dagegen war der Ansicht, dass in Mehrfamilienmietshäusern in der Zeit von April bis September einmal monatlich Grillen mit Gas oder Holzkohle auf dem Balkon zulässig ist (Az. 6 C 545/96). Hier gab es aber eine Auflage: Die Mieter müssen die Nachbarn 48 Stunden vorher über ihr Vorhaben in Kenntnis setzen.