Augsburger Krisenfirma Augsburger Krisenfirma: Weltbild-Manager und Personal gehen verbal aufeinander los

München - Wenn in einer Krisenfirma Personal und Management nur noch vor Gericht miteinander verkehren, muss man das Schlimmste befürchten. Dieses Stadium hat der Augsburger Medienhändler Weltbild erreicht. Der war Anfang 2014 pleite gegangen, wurde im folgenden Herbst vom Düsseldorfer Investor Walter Droege vermeintlich gerettet. Bald danach begann bei Weltbild, einem der größten Buchhändler Deutschlands aber eine neue Talfahrt und ein heftiger Streit zwischen Droeges Managern und den gut 900 Beschäftigten, der nun vor dem Arbeitsgericht Augsburg landete. Weitere Eskalation ist programmiert.
Die Augsburger Weltbild-Gruppe wurde lange Jahre von zwölf katholischen Bistümern, dem Verband der Diözesen Deutschlands und der katholischen Soldatenseelsorge geführt. Auch weil die kirchlichen Eigner zerstritten waren, schlitterte der Buchhändler von einer Krise in die nächste. Im Januar 2014 wurde Insolvenz angemeldet.
Die Sanierung war hart. Rund 1200 Stellen gingen verloren, jede vierte von einmal 220 Filialen wurde geschlossen. Im Juli 2014 übernahm nach schwieriger Investorensuche die Düsseldorfer Droege-Gruppe die Mehrheit.
40 Prozent blieben unter Kontrolle von Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz. Mit ihm hat Droege ein Sanierungskonzept namens Weltbild 2.0 vereinbart, an das sich die Düsseldorfer aber nicht mehr gebunden fühlen. Vielmehr wurden unter Droege zuletzt weitere 70 Filialen verkauft. (tmh)
Erbittert gestritten wird um die Einsetzung einer Einigungsstelle. Droeges Manager planen einen neuen Stellenabbau, nachdem sie das Weltbild-Filialnetz bereits auf rund 70 Standorte halbiert haben. Filialverkauf und Stellenabbau werten Betriebsrat und die Gewerkschaft Verdi als eklatanten Verstoß gegen die Vereinbarungen, die Droege bei der Weltbild-Übernahme unterschrieben hat. Im Zuge der Insolvenz hatte Weltbild bereits rund 1200 Stellen verloren. Unter Droege sollte es wieder aufwärts gehen. Die Strategie dazu hatten Droege und Ex-Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz schnell vereinbart. Nachdem die Tinte unter den Verträgen trocken war, fühlte sich der Investor aber nicht mehr daran gebunden, weil das Geschäft schwächelte.
Widersprüchliche Angaben
Wer genauer nach Zahlen und dem „Warum“ fragt, erhält widersprüchliche Angaben. Droege hat die Weltbild-Gruppe in das eigentliche Kerngeschäft in Augsburg und die Logistik, die unter dem Namen Also firmiert, aufteilen lassen. In beiden Bereichen will er je 200 Stellen streichen, sagen Verdi und Betriebsrat. Zumindest die Zahl für die Zentrale in Augsburg sei falsch, erklärt Weltbild. Sie liege weit unter den genannten 200 Arbeitsplätzen. Weltbild plane künftig mit 593 Beschäftigten, hat dagegen der Unternehmensanwalt jetzt vor dem Arbeitsgericht eingeräumt. Derzeit arbeiten bei Weltbild und Also noch knapp 1000 Beschäftigte.
Der Betriebsrat sieht sich damit bestätigt. Mit Lug und Trug sei der Investor dabei, Weltbild und Also an die Wand zu fahren, so der Vorwurf. Droege habe die Werbebudgets drastisch gekürzt und so einen fast 40-prozentigen Umsatzrückgang ausgelöst, um neuen Stellenabbau rechtfertigen zu können. Das sei eine hausgemachte Krise und eine perfide Strategie, um auf dem Rücken des Personals rasch profitabel zu werden, ohne investieren zu müssen, so der Betriebsrat. Auch Investitionen habe Droege vor der Übernahme aber zugesagt.
„Unsachlich, verzerrt oder falsch dargestellt“
Das von Droege neu eingesetzte Weltbild-Management weist alle Vorwürfe zurück. „Viele Dinge sind unsachlich, verzerrt oder falsch dargestellt und in der Tonalität destruktiv“, kontern die Geschäftsführer Patrick Hofmann und Sikko Böhm. Ins Detail wolle man aber nicht gehen. Droege versuche, Weltbild wieder auf Kurs zu bringen. Die Umsätze im Februar und März lägen über Plan. Konkreter werden sie nicht.
Zumindest eine Seite sagt hier offenkundig nicht die Wahrheit und die Gräben werden immer tiefer. Wenn das Weltbild-Personal vor dem Arbeitsgericht Augsburg unterliegt, werde man vor das Landesarbeitsgericht in München ziehen, stellt der Betriebsrat klar. Zudem seien weitere Klagen wegen Verstößen gegen das Betriebsverfassungsgesetz in Arbeit. Droege habe zu Lasten von Weltbild auch mehrere Millionen Euro innerhalb seines Unternehmensbunds verschoben.
Auch diese Vorwürfe weisen Hofmann und Böhm zurück. Die Manager warten auf den Spruch des Arbeitsgerichts am nächsten Mittwoch. Maximal drei Monate können Verdi und Betriebsrat die Einsetzung einer Einigungsstelle und den Stellenabbau noch verhindern, glauben sie.