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Atomreaktoren Atomreaktoren: Darum setzt Belgien auf Atomstrom

Von Peter Riesbeck 20.04.2016, 17:09
Das Kraftwerk Tihange in Belgien
Das Kraftwerk Tihange in Belgien dpa

Die Ablehnung kam prompt. Von einer überraschenden Bitte aus Deutschland sprach Belgiens Atombehörde Fanc am Mittwoch und fügte brüskiert hinzu. Die Atomreaktoren Doel 3 und Tihange 2 erfüllten „die höchsten Sicherheitsstandards“. Es gebe keinen Grund, die Reaktoren vom Netz zu nehmen.

Belgien also setzt weiter auf Atomkraft. Das hatte der für die Atomaufsicht zuständige Innenminister Jan Jambon schon zuvor erklärt: „Dass sich der Kraftwerksblock von selbst abschaltet, zeigt: die Sicherheitssysteme funktionieren“, erläuterte Jambon im Januar. Damals hatte sich ein Block im AKW Doel von selbst abgeschaltet. An einem Strompult hatte es gekokelt. Im nichtatomaren Bereich, wie die Behörden mitteilten. Nur eine vieler Pannen, die Jambon im Januar auch mit der deutschen Umweltministerin Barbara Hendricks in Brüssel erläuterte.

Haarrisse im Stahl

Doel 3 und Tihange 2 waren Anfang der 80er-Jahre in Betrieb gegangen, sie mussten 2012 vom Netz, nachdem feine Haarrisse im Stahl der Druckwasserbehälter entdeckt worden waren. Im Stahl waren feine Einschlüsse von Wasserstoff entdeckt worden, die das Material spröde werden lassen können. Der Stahl schwächelt.     Der belgische Stromkonzern Engie (vormals Electrabel) hatte die Atommeiler Doel 3 und Tihange im Dezember entgegen Protesten aus Deutschland, Luxemburg und den den Niederlanden im Vormonat wieder hochgefahren. Nach einer Pannenserie mussten die Blöcke wieder abgeschaltet werden, seit Januar sind sie wieder am Netz.

Belgien setzt auf Atomkraft, in Doel und Tihange laufen sieben Reaktorblöcke, der älteste stammt aus dem Jahr 1974. Gut die Hälfte des Stroms stammt aus Kernergie. Zwar überstand das Land den langen Stillstand von Doel 3 und Tihange 2. Aber die Behörden fürchteten einen Blackout, vorsorglich wurden im Winter 2014 schon mal Karten  veröffentlicht, in welchen Landesteilen  zuerst der Saft abgedreht wird.

Atommeiler schnurren weiter

Das Land überstand die kritische Phase. Nun fließt der Atomstrom wieder. Zwar hatten die Grünen 2002 einen Ausstieg bis 2025 durchgesetzt. Aber der wurde 2005 kassiert. Und so schnurren die Atommeiler noch zwanzig Jahre länger weiter. Die Laufzeitverlängerung rechnet sich. Für den Betreiber Engie. Und für den Staat.  Allein zwischen 2015 und 2019 muss Engie  780 Millionen Euro an den Fiskus abführen, zudem jährlich 20 Millionen Euro sind für die Erforschung von alternativen Energien vorgesehen. Restlauf- sind auch Restrechenzeiten. Doch das Hochfahren von Tihange und Doel erschwert die belgische Energiewende. Weil der Strompreis wegen Überkapazitäten sinke, lohnten sich auch keine Investitionen in grüne Energien fürchten Experten.