Antworten zur TUI-Fusion Antworten zur TUI-Fusion: Urlauber könnten profitieren

Berlin - Von Hannover aus wird künftig wieder der weltgrößte Reisekonzern gelenkt. Die TUI AG schließt sich mit ihrer eigenen Tochter TUI Travel zusammen – ein auf den ersten Blick kurioses Unterfangen. Doch es dient dazu, einen Geburtsfehler des Konzerns zu beheben. Urlauber könnten von der Verschmelzung profitieren. Wir erläutern was es mit der Fusion auf sich hat.
Wodurch ist die komplizierte Konzernstruktur entstanden?
TUI ist aus dem Mischkonzern Preussag entstanden – durch das Kaufen und Verkaufen vieler Dutzend Unternehmen. In einem weiteren Schritt schloss sich der Reiseveranstalter aus Hannover 2007 mit der dem britischen Anbieter First Choice zusammen. Es ging darum, dass TUI auf dem enorm wichtigen britischen Markt stärker präsent sein wollte. Damals schon war eine komplette Übernahme im Gespräch. Doch heraus kam, dass beide Unternehmen ihr Reiseveranstaltergeschäft in der neuen britischen Firma TUI Travel zusammenlegten. An der hat wiederum die deutsche Holding TUI AG einen Mehrheitsanteil von 54 Prozent. Der Dachgesellschaft gehören zudem Hotels und Kreuzfahrtschiffe.
Was ist an dieser Konstruktion einzuwenden?
Die fehlende Integration. Die Aktivitäten des Reiseveranstalters – auch die in Deutschland – wurden von Großbritannien aus gesteuert. Die Briten haben so getan, als gebe es die Holding mit ihren Schiffen und Hotels gar nicht. So wurde massenhaft Reisen verkauft, bei denen Hoteliers oder Kreuzfahrtveranstalter zum Zuge kam, die mit den konzerneigenen Anbietern konkurrieren. Dies soll nun erheblich besser koordiniert werden. Der Konzern kann so die Auslastung seiner stationären und schwimmenden Herbergen über die Angebote in den Katalogen und auf den Internetseiten von TUI besser steuern. Die Auslastung ist im Tourismusgeschäft der entscheidende Faktor, ob ein Unternehmen Gewinne oder Verluste macht.
Wie wird die Fusion bewerkstelligt.
Der Zusammenschluss scheiterte schon einmal im vorigen Jahr, weil die Minderheitsaktionäre von TUI Travel das damalige Angebot nicht akzeptierten. Nun haben alle maßgeblichen Gremien den neuen Konditionen zugestimmt. Dabei fließt kein Geld: Vielmehr sollen die TUI-Travel-Aktionäre für jede ihrer Aktien 0,399 neue TUI-Anteile erhalten. Die Transaktion hat ein rechnerisches Volumen von drei Milliarden Euro. Die Anteilseigner der beiden Unternehmen sollen den Deal Ende Oktober endgültig absegnen.
Was bringt der Zusammenschluss neben der stärkeren Integration?
Konzernchef Fritz Joussen rechnet mit jährlichen Einsparungen von insgesamt 100 Millionen Euro. Allein der Wegfall der doppelten Verwaltung soll 45 Millionen Euro bringen, 35 Millionen Euro an Steuerersparnissen werden kalkuliert. Davon sollen auch die TUI-Aktionäre profitieren. Die Dividende soll im laufenden Geschäftsjahr 2013/14 je Schein von 15 auf 33 Cent steigen. Die Aktie wird an der Londoner und der Frankfurter Börse notiert.
Gibt es weitergehende Pläne?
Nach der Fusion soll der Umbau des Unternehmens erst richtig beginnen. TUI besteht heute aus rund 650 Einzelunternehmen. Rund 100 Firmen sollen verkauft, liquidiert oder in andere Betriebe integriert werden. Dahinter stecken insgesamt 15 Prozent des Umsatzes. Dafür hat Joussen schon heftige Kritik von Analysten eingesteckt. Gut laufende Geschäfte wie die Online-Bettenbörse „Hotelbeds“ würden zur Disposition gestellt und damit gefährdet. Joussen kontert: Ihm gehe es darum, sich auf den Kern zu konzentrieren. Dazu zählt, die Zahl der eigenen Hotels von 230 auf fast 300 auszubauen. Auch neue Schiffe sollen hinzukommen. Die Kreuzfahrtflotte will er von vier auf acht Schiffe vergrößern.
Was bedeutet das für die Arbeitsplätze?
Da ist im Moment schwer abzuschätzen. Es kursieren Spekulationen über Stellenabbau im fusionierten Konzern, der auf knapp 75000 Beschäftigte kommt. Zugleich werden aber auch neue Jobs durch den geplanten Ausbau der Geschäfte entstehen. Das Management hat sich dazu bislang nicht geäußert.
Was ändert sich für die Kunden von TUI?
Zunächst einmal nichts. Funktionieren Joussens Fusions- und Expansionspläne, entsteht ein sehr mächtiger Konzern - die Gruppe betreibt unter anderem 140 Flugzeuge. TUI kann dann alle Register zur Optimierung des Angebots vor allem auf den europäischen Märkten ziehen. Die hohe Zahl von eigenen Kapazitäten macht auf der einen Seite höhere Renditen, aber zugleich auch Offerten mit einem günstigen Preis-Leistungsverhältnis möglich. Das wird andere große Reisekonzerne wie Thomas Cook oder DER Touristik, die Reisesparte von Rewe, unter Druck setzen. Die Gefahr von oligopolartigen Strukturen besteht aber nicht. Die Tourismusbranche ist hochgradig diversifiziert. Es gibt viele kleine teils sehr erfolgreiche Reiseanbieter, die sich auf bestimmte Länder oder auf Sport- oder Studienreisen spezialisiert haben. Zudem macht das Internet es immer einfacher möglich, dass Urlauber direkt ihre Hotels und Flüge buchen – also gar keinen Reiseveranstalter mehr brauchen. Einen schweren Stand könnten aber Reisebüros bekommen. Eine mächtigere TUI hätte die Möglichkeit die Provisionen der Agenturen weiter zu drücken.