Kooperation zwischen Süd und Nord Aldi
Berlin - Die Kapuzenhandtücher, die es derzeit bei Aldi-Nord gibt, sind aus Bio-Baumwolle, genauso wie die Chino-Hosen, die Aldi-Süd demnächst offerieren wird. Bei den Textilien machen die beiden Teilkonzerne schon gemeinsame Sache, um Aktionsware aus Öko-Stoff in die deutschen Filialen zu bringen. Womöglich wird die Zusammenarbeit demnächst noch deutlich intensiviert.
Medienberichten zufolge sind engere Kooperationen beim Einkauf und in vielen anderen Abteilungen geplant. Sogar eine Verschmelzung der beiden Aldi-Unternehmen soll nicht mehr ausgeschlossen sein. Hintergrund ist der rasante Wandel im Einzelhandel.
Treffen von hochrangigen Managern
16 hochrangige Manager der beiden Aldis haben laut Manager-Magazin bei einem Treffen Ende November beschlossen, zunächst alle „Sortimente und Abläufe“ zu synchronisieren. Auch Werbung, Logistik oder die Abteilungen für die Qualitätskontrolle sollen an einem Strang ziehen. Das Ziel soll sein, die Effizienz zu steigern.
Das wäre für den Erfinder des Discounthandels ein historischer Einschnitt. Die Brüder Karl und Theo Albrecht übernahmen 1945 den elterlichen Tante-Emma-Laden in Essen und bauten daraus einen Einzelhandelskonzern auf. Doch die Brüder trauten sich nicht über den Weg.
1961 zerlegte sich das Unternehmen
1961 zerlegten sie das Unternehmen. Theo Albrecht übernahm Aldi-Nord, Karl kümmerte sich um Aldi-Süd. Die Grenze, der Aldi-Äquator, verläuft mitten durch Deutschland: vom Münsterland über Siegen, Marburg bis nördlich von Fulda. Der östlichen Bundesländer gehören zu Aldi-Nord. Die Verbindungen zwischen beiden Teilkonzernen sind nie gänzlich abgerissen. Vor allem beim Einkauf gab es immer strategische Allianzen, mit entsprechenden Abteilungen auf beiden Seiten. Nun soll dies offenbar zu einer Organisation fusioniert werden, um Dopplungen aufzuhaben. Das kann Kosten drücken und Abläufe vereinfachen.
„Perspektivisch sollte dann auch über weitere organisatorische Schritte der Kooperation nachgedacht werden“, zitiert das Manager-Magazin aus einem vertraulichen Papier. Die gesellschaftsrechtliche Verschmelzung der beiden Unternehmen sei denkbar.
Allerdings sind da noch einige ziemlich hohe Hürden zu nehmen. Zum einen bekämpfen sich die Erben von Karl und Theo Albrecht jeweils innerhalb des Nord- und Süd-Konzerns seit Jahren mit großer Inbrunst. Beide Seiten müssten sich also erst einmal intern einig sein, um dann mit den Verwandten zu verhandeln. Und dabei gibt es durchaus Konfliktstoff. Denn bei vielen Punkten sind die beiden Unternehmen in den vergangenen Jahren auch eigene Wege gegangen.
So ist bei Aldi-Nord nach längerem Hin und Her 2017 das größte Investitionsprojekt in der Unternehmensgeschichte angelaufen. Alle 2300 Filialen im Inland und viele im Ausland sollen für insgesamt 5,2 Milliarden Euro umgebaut werden. Die Läden sollen ihren puristischen Billig-Charme ablegen. Heller und großzügiger soll alles werden.
Verschiedene Angebote sollen ausgebaut werden
Das Angebot an Obst und Gemüse, frischem Fisch und Fleisch will man ausweiten. Das zeigt: Aldi-Nord möchte das klassische Discounter-Geschäft hinter sich lassen. Im Süden wird in diesem Jahr zwar auch umgebaut. Doch die Neuerungen gehen nach Einschätzung von Experten vor allem bei Frischware nicht so weit, wie im Schwesterunternehmen.
Eine wichtige Rolle bei den Fusionsplänen könnte auch das Kartellamt spielen. Zwar werden die beiden Aldis bei den Wettbewerbshütern als sogenannter Gleichordnungskonzern betrachtet, weil er im Besitz eines Familienclans ist. Gleichwohl betont Andreas Mundt, Präsident der Behörde, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, wie hoch hierzulande die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel ist. Laut Mundt haben die großen Vier - Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland sowie Aldi - mittlerweile einen Marktanteil von annähernd 90 Prozent.
Mundt hat immer wieder deutlich gemacht, dass eine Ausweitung der Marktmacht des Quartetts in jedem Fall verhindert werden muss. Aus diesem Grund hat sich die Bonner Behörde auch mit Vehemenz gegen die Übernahme von Tengelmann durch Edeka gestemmt. Im Fall von Aldi werden sich die Beamten genau anschauen, was eine engere Verzahnung der Einkaufsorganisationen für die Hersteller bedeutet.
Lieferanten droht größere Abhängigkeit
Mit einer stärkeren Nachfragemacht durch Aldi können Lieferanten in größere Abhängigkeit geraten. Günstigere Einkaufskonditionen für den Riesen würden überdies bedeuten, dass kleinere mittelständische Lebensmittelhändler unter zusätzlichen Druck geraten, was den Wettbewerb noch stärker einschränkt.
Klar ist indes, dass Aldi sich in Zukunft trotz zuletzt wieder gestiegener Umsätze erheblich mehr bewegen muss als in der Vergangenheit. Die Vollsortimeter Edeka und Rewe führen längst viele Billigprodukte auf Discounterniveau. Hinzu kommen Feinkost und immer mehr Biolebensmittel. Zugleich expandiert die Online-Sparte. Amazon ist nach den Zahlen des Marktforschers LZ Retailytics bereits die Nummer sechs im hiesigen Einzelhandel. Die Marktanteile steigen kontinuierlich, die Umsatzzuwächse sind immens.
IT und Logistik rückt in den Fokus
Immer stärker rückt zudem intelligente IT und Logistik in den Fokus. Mit der Analyse von Daten, kann unter anderem die spezielle Kundenstruktur jeder einzelnen Filiale erkannt werden. Zudem ist es möglich vorherzusagen, wie sich die Nachfrage kurzfristig verschieben kann – sagt der Wettbericht heiße Tage voraus, muss das Bierangebot erhöht werden. Auch diese neuen Möglichkeiten dürften bei den Plänen der Aldi-Manager eine maßgebliche Rolle spielen.