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Wiesenhof Wiesenhof: Schlachten auf der Baustelle

Von Johannes Dörries 08.03.2012, 18:41

Möckern/MZ. - Am 28. Februar kommen die Veterinäre des Kreises Jerichower Land zur "amtlichen Kontrolle" in die Geflügel-Schlachterei der Wiesenhof-Gruppe in Möckern. Die Aufseher wollen nach dreitägigen Bauarbeiten prüfen, ob die Hygiene-Vorgaben bei dem Lebensmittelhersteller eingehalten werden. Was sie vorfinden, entspricht allerdings offenbar nicht den Vorschriften: "Es lagen verschmutzte Metallteile und schmutziges Werkzeug herum." Und auch an jenem Tag gehen die Abrissarbeiten in dem Betrieb weiter - während die Produktion bereits wieder läuft. "Dabei wurde ein amtlicher Fachassistent fast von einer herabfallenden Eisenstange getroffen."

All das beschreiben die Lebensmittelüberwacher des Kreises in einem Bescheid, mit dem sie am 5. März den sofortigen Produktionsstopp in Möckern verfügten und welcher der MZ vorliegt. Denn in den neu eingerichteten Fertigungsbereich "gelangt man nur durch diese Baustelle", schreiben sie weiter. Sie vermissen eine Personenschleuse und stellen fest, dass eine bislang verschlossene Tür zwischen der Schlachtung und dem Verarbeitungsbereich geöffnet worden ist. Damit sei das "Schwarz-Weiß-Prinzip" durchbrochen worden.

Strikte Trennung ist Pflicht

Diese strikte Trennung zwischen Reinräumen für die hygienische Lebensmittelherstellung einerseits und mit Keimen und Schmutz belasteten Bereichen des Betriebes andererseits ist Dreh- und Angelpunkt. Die EU-Zulassung für das Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten von Geflügel in Möckern vom August 2010 schreibt das Schwarz-Weiß-Prinzip zwingend und lückenlos vor - als sogenannte "auflösende Bedingung". Das heißt: Wird das Prinzip durchbrochen, erlischt die Zulassung. Die Konsequenz ist der vorübergehende Produktionsstopp, den der Kreis - auch nach Abstimmung mit dem Landesverwaltungsamt in Halle - schließlich am 5. März verfügt.

Mindestens schon vier Tage vorher kennt der Wiesenhof-Betriebsleiter in Möckern die Ergebnisse der Kontrollen in seinem Betrieb. Er wehrt sich, weist die Vorwürfe zurück - und wohl auch deshalb läuft die Produktion unbeirrt weiter. Außerdem legt Wiesenhof Widerspruch gegen den Bescheid des Kreises ein. Eine weitergehende Stellungnahme dazu lehnt der Konzern ab und verweist lediglich darauf, dass das Aus für die Produktion ja erst am 5. März verfügt worden sei. Für den Wiesenhof-Konzern ist es der erste Produktionsstopp in der Firmengeschichte.

Zu Rückruf verpflichtet

Wegen der fehlenden Trennung von reinen und unreinen Bereichen in dem Schlachtbetrieb Möckern verpflichtet der Kreis Wiesenhof zudem, die zwischen dem 28. Februar und 5. März hergestellte Ware nicht in die Läden zu bringen. Denn es könne "bei den mangelhaften hygienischen Zuständen in Ihrem Geflügelschlachtbetrieb zu Kontaminationen des Fleisches durch Schmutz und Keime kommen, was bei den Konsumenten möglicherweise erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen hervorrufen kann". Die Ware, so eine Wiesenhof-Sprecherin, ist gesperrt und wurde zurückgerufen. Auch Kreissprecher Henry Liebe geht davon aus, dass kein für Verbraucher schädliches Geflügel in den Handel gelangt ist. "Dafür sind die Kontrollen zu dicht."

Wiesenhof ist in Deutschland Marktführer bei Geflügelfleisch. Das Unternehmen erzielt mit rund 5 200 Mitarbeitern einen Umsatz von mehr als zwei Milliarden Euro.