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Wiesenhof in Möckern Wiesenhof in Möckern: Millioneninvestition und Imagepflege

Von Johannes Dörries 18.07.2012, 11:49

Möckern/MZ. - Wiesenhof hat in seinem Schlachthof in Möckern (Jerichower Land) kräftig investiert. 7,4 Millionen Euro flossen seit Mitte 2010 in die Anlage, die der Konzern als „Vorzeigestandort für die Herstellung tiefgefrorener Geflügelprodukte“ bezeichnet. Geschäftsführer Michael Schönewolf präsentierte am Mittwoch das Projekt. Deutschlands Geflügelproduzent Nummer Eins, oft in die Kritik geraten, will sein Image polieren.

Vor allem in die Kühlung ist investiert worden - nicht ganz freiwillig. Im Frühjahr 2011 hatten Kontrolleure des Kreises Jerichower Land Hygienemängel festgestellt. Die Investitionen „waren auch eine Reaktion auf die Kritik“, sagt Schönewolf. Nun sei die Anlage auch so ausgelegt, dass „wir besser auf Marktschwankungen reagieren können.“

Hohe Futterpreise und somit hohe „Rohstoffkosten“ für die täglich in Lkw angelieferten Hähnchen sowie niedrige Abnahmepreise drücken die Marge. „Die Lage ist angespannt.“ So läuft der Betrieb in Möckern gebremst. Geschlachtet werden mit 140 000 Tieren täglich rund 20 000 weniger als möglich. Für August sei eine weitere Verringerung der Schlachtzahlen im Gespräch, sagt Schönewolf. Die Umbauten ermöglichen hingegen eine Steigerung der täglichen Schlachtmenge um 60 auf 300 Tonnen. Dabei werde das Gewicht der Tiere steigen, nicht ihre Zahl, bis zu 160 000 im Zwei-Schicht-Betrieb.

Der Tod kommt mehrmals pro Sekunde, das meiste läuft maschinell. Die Hühner werden aus den Transportboxen geholt und an Haken gehängt, im Wasserbad per Stromschlag betäubt, vom Rundmesser geköpft, gebrüht, gerupft und ausgenommen, gekühlt, zerteilt, verpackt und gefrostet. Dabei gleiten die nackten Tierkörper an langen, ratternden Transportbändern durch die Hallen. Vorbei an Tierbeschauern - ihnen bleiben ein bis zwei Sekunden pro Huhn. Zum Aussortieren des sogenannten Verwurfes, wenn sie Krankheiten feststellen. Vorbei an Wiesenhof-Mitarbeitern, die ebenso kontrollieren, Innereien in Plastiktüten in die Hühnchen stopfen, Geflügelteile und ganze Tiere verpacken. Massenproduktion, die Kritiker als Tierquälerei anprangern. Produktion nach allen Regeln von Gesetz und Hygiene, hält Wiesenhof entgegen.

All das läuft glatt und routiniert, zeigt Schönewolf in der frisch renovierten Anlage beim Pressetermin. „Wir sind einer der ganz wenigen Konzerne der Branche, der seine Türen öffnet“, sagt eine Wiesenhof-Sprecherin. Allerdings nicht jedem. Journalisten eines ARD-Magazins müssen draußen bleiben. Ihre Anfragen und die Wiesenhof-Antworten werden derweil in der Pressemappe präsentiert.

Es geht um den Wirbel um Wiesenhof. Ein Paukenschlag war im März die zeitweise Stilllegung des Schlachthofes - der erste Produktionsstopp in der Firmengeschichte. Die Bauarbeiten waren nicht rechtzeitig fertig geworden, die Produktion lief an. Wiesenhof meinte, die Hygieneregeln einzuhalten. Es hätte „zu Kontaminationen des Fleisches durch Schmutz und Keime kommen“ können, stellten die Kontrolleure fest. „Die Behörde hat das so aufgefasst“, sagt Schönewolf. „Dem haben wir uns dann gefügt.“ 1 000 Tonnen Fleisch im Wert von 1,8 Millionen Euro wurden zu Tierfutter verarbeitet.

Ende April dann veranlasste die Staatsanwaltschaft Oldenburg Durchsuchungen in Möckern und der Wiesenhof-Zentrale im niedersächsischen Visbeck, beim Landkreis Jerichower Land und dem Landesverwaltungsamt in Halle als Aufsichtsbehörden. Vorwurf: Wiesenhof soll von 2002 bis 2010 illegal EU-Zuschüsse für Exporte in Millionenhöhe erhalten haben.

Im Zentrum steht Möckern. „Es gibt Anhaltspunkte, dass der Betrieb keine Zulassung gehabt haben könnte“, sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Oldenburg. Die Aufsichtsbehörden und Wiesenhof widersprechen vehement. Derweil läuft die Auswertung der bei der Razzia sichergestellten Unterlagen. Wann es Ergebnisse gibt, ist offen.