Wie die Titan RT im Harz Wie die Titan RT im Harz: Bei Thüringen soll eine Rekord-Hängebrücke entstehen

Der Frankenwald ganz im Norden Bayerns ist eine Region von eher rauer Schönheit, mancher Besucher fühlt sich beim Wandern durch weitläufige Täler und an schroffen Hängen an Skandinavien erinnert. Nur: Nach Auffassung vieler Kommunalpolitiker wissen viel zu wenig Menschen von der Faszination des Frankenwaldes.
Das soll sich bald ändern. Geplant ist ein spektakuläres Projekt: Zwei freitragende Hängebrücken über das Höllen- und Lohbachtal sollen dem Tourismus im Frankenwald zu Höhenflügen verhelfen. Ähnlich wie die Hängebrücke Titan RT im Harz, die seit gut einem Jahr tausende Besucher angelockt hat. Das erhoffen sich nun auch die Befürworter in Franken, so zum Beispiel der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU).
Im Vergleich zum benachbarten Fichtelgebirge hinke der Frankenwald bei den Tourismuszahlen aktuell stark hinterher, so Bär. Aus diesem Grund wirbt der Landrat offensiv für das Zwölf-Millionen-Euro-Projekt. Einen Großteil der Kosten würde dabei der Freistaat Bayern übernehmen - etwa 80 Prozent. Auch Thüringen würde von dem Bau profitieren, aus der nahgelegenen Stadt Blankenburg könnten Busse die Touristen knapp zwei Kilometer über die Landesgrenze zu der Brücke fahren.
Doch längst nicht alle Menschen in der Region sind begeistert von den touristischen Plänen fürs Höllental.
In der Gemeinde Issigau (Landkreis Hof) sprach sich am Sonntag eine Mehrheit der Bürger für den Bau der Brücke aus, das Ergebnis ist wegen eines Fehlers bei der Auszählung allerdings noch nicht rechtskräftig. Am 16. September sollen sich die Bürger der Stadt Lichtenberg positionieren. Fraglich ist, ob negative Ergebnisse bei den Entscheiden das Projekt tatsächlich stoppen könnten, es geht zunächst lediglich um die Beteiligung der betroffenen Kommunen.
Während Befürworter sich also einen Schub für den Tourismus erhoffen und Leben in die Region bringen wollen, fürchten die Gegner um die intakte Natur. Die „Initiative Höllental“ beispielsweise schreibt: „Mehrere hunderttausend Besucher im Jahr fü̈hren zu einer Zerstö̈rung eines einmaligen natü̈rlichen Lebensraumes.“
Die Brücken würden einen Massenandrang an Gästen auslösen, auch Parkplätze, Toiletten, Imbissbuden würden die Landschaft verschandeln. Gerade das Thema Parkplätze sorgt auch an der Hängebrücke Titan RT im Harz immer wieder für Diskussionen.
Der Bund Naturschutz in der Region hat sich ebenfalls gegen das Projekt positioniert, macht aber Alternativvorschläge. Der Förderung des Tourismus stehe man grundsätzlich nicht negativ gegenüber, heißt es beim Verband. Aber müsse es ausgerechnet das Höllental und sein Naturschutzgebiet sein? Zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten hätten hier Schutz gefunden. Für ein Hängebrücken-Projekt gebe es auch andere Täler im Frankenwald.
Rekordbrücke im Frankenwald geplant: Wie stehen die Bürger zu der Hängebrücke?
Inzwischen haben sich allerdings auch die Befürworter der Brücken in der Bevölkerung formiert. Die „Initiative Frankenwaldbrücke“ mit Jutta Kuhne aus Naila an der Spitze hat es sich zur Aufgabe gemacht, für die Realisierung der Brücken zu kämpfen. Diese seien eine „echte Chance für die Zukunft“.
Kuhne sagt weiter: „Von Anfang an sind Horrorszenarien aufgezeigt worden. Szenarien, die so in keiner Weise stimmen. Das ganze Brückenprojekt wird naturschutzfachlich begleitet.“
Die Region könne profitieren, weil dann auch der lange beklagte Bevölkerungsschwund gestoppt werden könnte: „Wir möchten mit der Brücke erreichen, dass der Frankenwald bekannt wird. Wir haben eine Region, die ist so lebenswert. Wir haben ein sehr gesundes Reizklima - und die Brücken wären ein Leuchtturmprojekt“, so Kuhne. Das Projekt freilich sei kein Allheilmittel für die Probleme der Region. Aber die Brücken seien ein Anfang. „Und wir hatten früher auch schon einmal Tourismus. Touristen sind bei uns willkommen.“
Ausgangspunkt der Brücken soll ein Infozentrum am Freizeitzentrum in Lichtenberg werden. Geplant ist, dass Touristen und Wanderer vom Infozentrum zu Fuß zu der 720 Meter langen Höllentalbrücke gelangen könnten. Die Brücke soll in 180 Metern Höhe das Tal der Selbitz queren und schließlich an den Höllental-Terrassen im Issigauer Ortsteil Eichenstein enden.
Wieder zurück am Kesselfels sollen die Besucher über einen rund 450 Meter langen Fußweg zur zweiten Brücke, der Lohbachtalbrücke, gelangen. Sie soll auf einer Länge von 381 Metern über das gleichnamige Tal bis nach Lichtenberg führen.
Aktuell sind bereits die naturschutzfachlichen und verkehrstechnischen Untersuchungen sowie ein europaweites Vergabeverfahren für die Ingenieurleistungen angelaufen. Im nächsten Jahr soll die Planung vorangetrieben und detaillierter ausgearbeitet werden. Im Frühjahr 2020 könnte dann der Bau beginnen – und 2021 bis 2022 sollen die Brücken fertiggestellt sein.
„Das Projekt erzeugt Aufmerksamkeit. Besucher werden in unsere Region kommen und die Faszination Frankenwald erleben. Die Frankenwaldbrücke wird eine hervorragende Werbung für unsere Heimat sein“, sagt Landrat Bär. (mz/dpa)