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Verkehr Verkehr: Meisterleistung bei Autobahnausbau A 4

29.10.2003, 07:16
Auf der Bundesautobahn A4 bei Chemnitz rollt am Dienstag (28.10.2003) der Verkehr noch durch die zwei eingeengten Fahrspuren am Bahrebachviadukt, bevor ab kommenden Montag (03.11.2003) nach vier Jahren Bauzeit der sechsstreifige Ausbau zwischen Chemnitz und Dresden durchgehend fertiggestellt sein wird. Kompliziertester Bauabschnitt war die in Deutschland einmalige Fahrbahnverbreiterung zwischen den Pfeilern des vor 130 Jahren gebauten denkmalgeschützten Eisenbahnviaduktes der Strecke Chemnitz - Leipzig. Bei dieser spektakulären Technologie wurde ein Betontisch unter die Pfeiler montiert, auf dem jetzt drei Pfeiler der Brücke ruhen. Allein diese so genannte Unterfangung kostete 6,13 Millionen Euro. (Foto: dpa)
Auf der Bundesautobahn A4 bei Chemnitz rollt am Dienstag (28.10.2003) der Verkehr noch durch die zwei eingeengten Fahrspuren am Bahrebachviadukt, bevor ab kommenden Montag (03.11.2003) nach vier Jahren Bauzeit der sechsstreifige Ausbau zwischen Chemnitz und Dresden durchgehend fertiggestellt sein wird. Kompliziertester Bauabschnitt war die in Deutschland einmalige Fahrbahnverbreiterung zwischen den Pfeilern des vor 130 Jahren gebauten denkmalgeschützten Eisenbahnviaduktes der Strecke Chemnitz - Leipzig. Bei dieser spektakulären Technologie wurde ein Betontisch unter die Pfeiler montiert, auf dem jetzt drei Pfeiler der Brücke ruhen. Allein diese so genannte Unterfangung kostete 6,13 Millionen Euro. (Foto: dpa) dpa

Chemnitz/dpa. - Für Autofahrer auf der Bundesautobahn 4 ist nördlich von Chemnitz ein ungewöhnlicher Tisch gedeckt. Eine bundesweit einmalige ingenieurtechnische Meisterleistung sorgt dafür, dass durch die engen Bögen des denkmalgeschützten Viadukts über das Bahrebachtal nun der Verkehr auf sechs Streifen rollen kann. Nach reichlich vier Jahren Bauzeit ist es am kommenden Montag soweit: Das «Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 15 Eisenach-Görlitz» wird feierlich übergeben.

Die Großbaustelle zwischen den Anschlüssen Chemnitz-Nord und Chemnitz-Glösa mit Staus und zähem Verkehr gehört dann der Vergangenheit an. Wie zuvor werden die Autos unter der 230 Meter langen Eisenbahnbrücke hindurchfahren. Jedoch büßten drei Viaduktpfeiler ihre störenden «Füße» ein. Sie stehen jetzt sozusagen auf einem «Tisch», der unter das Bauwerk geschoben wurde. «Diese Lösung und ihre Ausführung sind eine Glanzleistung», sagt der Abteilungsleiter Brückenbau bei der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und bau-GmbH (DEGES), Karl Reintjes.

Die A 4 ist nach DEGES-Angaben eine der wichtigsten Ost-West- Achsen im deutsch-europäischen Fernstraßennetz mit hohem Verkehrsaufkommen. «Deshalb war Prämisse, bauen bei laufendem Verkehr auf Schiene und Straße.» Während der Bauarbeiten rollte die Autolawine auf provisorischen Fahrstreifen durch einen anderen Brückenbogen.

Stück für Stück musste ein Pfeiler nach dem anderen durchgesägt werden. Dies übernahmen diamantbesetzte Stahlseile, die Segment um Segment aus dem Naturstein herausschnitten. Die Lücken wurden durch eine Stahlbetonkonstruktion ersetzt. Betonpfähle sorgten derweil für Sicherheit im Fels. Die Pfeilerfüße durften bei den Arbeiten höchstens um Millimeter verrutschen, damit die Gewölbe nicht einstürzten. Aller zehn bis 15 Minuten prüften zwei voneinander unabhängige Messsysteme die Statik des Bauwerks. «Es ging vor allem um Sicherheit», sagt Reintjes.

Diese aufwendigen Arbeiten sowie unerwartete Baugrundverhältnisse verlängerten und verteuerten den Bau. Allein die so genannte Unterfangung kostete nach Angaben Reintjes etwa 6,13 Millionen Euro. Die Bauzeit für den Tisch habe sich um etwa zehn Monate nach hinten verschoben.

Erfahrungen mit ähnlichen Unterbauten gab es durch den Bau von U- Bahnen oder von Tunneln. «Doch so ein Tisch für eine Brücke ist doch etwas Besonderes. Das Viadukt ist ein sehr großes Bauwerk, das immense Lasten trägt, da geht es nicht ruckzuck», sagt Reintjes. Die Tisch-Lösung ist nach seinen Angaben gemeinsam von DEGES, dem Eisenbahnbundesamt und dem Büro Schüsslerplan (Berlin, Düsseldorf) entwickelt worden.

Die 1872 fertig gestellte, gemauerte Eisenbahnbrücke besteht aus 15 Bögen und überspannt das Tal des Bahrebachs. Sie wurde für die Strecke Chemnitz-Leipzig errichtet. Durch zwei der jeweils 18 Meter breiten Bögen führte bereits Anfang der 30er Jahre die Autobahntrasse mit je zwei Richtungsfahrbahnen, während hoch oben die Züge über die Brücke rollten.

Noch hebt sich der «Tisch» beton-weiss vom gelb-grauen Mauerwerk der Brücke ab. Damit er sich möglichst bald in die Umgebung einpasst, sollen Erde aufgeschüttet und Bäume gepflanzt werden. Doch bis es soweit ist, wird noch eine Weile vergehen. Die Deutsche Bahn will das Viadukt nach eigenen Angaben von April 2004 bis 2005 in Stand setzen. So werden auf dem «Tisch» erst einmal Gerüste stehen.

Dann werden auch noch so genannter Flüsterbeton und Schallschutzfenster in den Häusern der angrenzenden Siedlungen den Geräuschpegel der Autobahn mindern. Sieben bis neun Meter hohe Schallschutzwände zu beiden Seiten und in der Mitte der Fahrstreifen wurden in diesen Herbsttagen bereits montiert.