Urteil Urteil: Nach Gribkowsky droht auch Ecclestone ein Prozess
München/MZ. - Der ehemalige Landesbanker Gerhard Gribkowsky muss für achteinhalb Jahre ins Gefängnis. Er habe keinen Zweifel, dass sich der 53-jährige mit hoher krimineller Energie der Bestechlichkeit, Untreue und Steuerhinterziehung jeweils gewaltiger Millionensummen schuldig gemacht hat, sagte Richter Peter Noll bei seinem Urteilsspruch am Landgericht München. Als Höchststrafe wären 15 Jahre möglich gewesen. Die Staatsanwaltschaft hatte zehneinhalb Jahre Haft gefordert.
Ein Prozess droht nun auch Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Denn mit dem Urteil ist erwiesen, dass er Gribkowsky mit 35 Millionen Euro bestochen hat. Im Gegenzug hat dieser 2005 dafür gesorgt, dass Formel-1-Anteile im damaligen Besitz der Bayern LB an den Finanzinvestor CVC und damit einem Ecclestone genehmen Käufer veräußert wurden. Das Bestechungsgeld kam von der Bayern LB, ohne dass diese es wusste. Denn Gribkowsky hatte seinem Komplizen Ecclestone zuvor auf Kosten der Bayern LB und ungerechtfertigt 33 Millionen Euro Provision zugeschanzt. Damit ist der Bank ein Untreueschaden in dieser Höhe entstanden. In Deutschland versteuert hat der überführte und zuletzt geständige Wirtschaftskriminelle sein Schmiergeld nicht, was zudem Steuerhinterziehung in Höhe von 15 Millionen Euro bedeutet.
Den Schlusspunkt der Affäre muss das Urteil aber nicht bedeuten. "Wir gehen davon aus, dass die treibende Kraft Ecclestone war", sagte Noll. Mit Charme und Raffinesse habe der 81-jährige Brite Gribkowsky ins Verbrechen geführt. Gleichwohl habe dieser seine Taten über mehrere Jahre hinweg geplant. Strafmildernd rechnete Noll dem Banker unter anderem an, dass er zwar spät, aber offen und ehrlich gestanden habe. Ein taktisches Geständnis sei es nicht gewesen, betonte der Richter.
Diese Bemerkung geht an die Adresse von Ecclestone-Anwälten, die für ihren Mandanten bereits vorsorglich Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage Gribkowskys geäußert hatten. Noll sprach dem jetzt Verurteilten zudem den Status eines Amtsträgers zu. Das eröffnet der Münchner Staatsanwaltschaft, die seit einiger Zeit gegen Ecclestone ermittelt, die Möglichkeit, ihn vor einem deutschen Gericht wegen Bestechung anzuklagen. Noch habe man sich nicht zu einem solchen Schritt durchgerungen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft unmittelbar nach der Urteilsverkündung.
Die Bestechungsvorwürfe gegen den Formel-1-Chef bringen auch den in der Rennserie beteiligten Daimler-Konzern in Bedrängnis. Nach internen Regeln duldet Daimler keine "korrupten Praktiken seitens Geschäftspartnern". Es wird daher über einen Ausstieg von Mercedes aus der Rennserie spekuliert. Für Gribkowskys Anwälte ist ihr Mandant im Vergleich zu Ecclestone ohnehin ein Wirtschaftskrimineller zweiter Klasse. "Ecclestone war der Verführer, es war sein Spiel und Herr Gribkowsky hat mitgespielt", verteilte dessen Anwalt Daniel Amelung in seinem Plädoyer die Gewichte. Auch Ecclestone müsse vor Gericht, weil zu einer Bestechung immer zwei gehören. Das Verfahren gegen seinen Mandanten dürfe nur der Auftakt zu Größerem sein, an dessen Ende auch "Zirkusdirektor Ecclestone" zur Rechenschaft gezogen wird. Sonst gebe es eine Gerechtigkeitslücke.