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Universitätsklinikum Halle Universitätsklinikum Halle: Gegen das Aufwachen aus der Narkose

Von Julia Klabuhn 25.10.2012, 17:23

Halle (Saale)/MZ. - Während einer Operation aus der Narkose aufwachen - dieses Szenario ist für Patienten eine schreckliche Vorstellung. Und zum Glück ereignet sich eine solche sogenannte intraoperative Wachheit sehr selten - die Wahrscheinlichkeit liegt bei rund eins zu 14.000. Es gibt aber Risikopatienten und Eingriffe, bei denen die Wahrscheinlichkeit aufzuwachen bei fast einem Prozent liegt.

Schwerwiegende psychische Folgen können daraus entstehen, falls sich der Patient nach dem Eingriff daran erinnert oder unterbewusst das Operationsgeschehen mitbekommt. "Aber auch, wenn sich der Patient nicht erinnert, kann intraoperative Wachheit sehr gefährlich werden", erklärt Christian Strauss, Direktor der halleschen Universitätsklinik und Poliklinik für Neurochirurgie. Dann nämlich, wenn der Patient sich unerwartet bewegt, und sei es nur minimal. "Bei neurochirurgischen Eingriffen können auch kleinste Bewegungen des Patienten fatale Folgen haben", sagt Strauss.

Am Universitätsklinikum Halle wird nun an einer Methode geforscht, mit der das Aufwachen von Patienten aus einer Narkose frühzeitig erkannt werden kann. Ein zuverlässiges Verfahren dazu existierte bisher noch nicht, sagt Strauss. Beim herkömmlichen Narkose-Monitoring werden unter anderem Gehirnströme aufgezeichnet und ausgewertet, sowie Blutdruck und Herzfrequenz gemessen. "Die Narkosetiefe kann bisher aber nicht wirklich graduell bestimmt werden", sagt Michael Bucher, Direktor der Uniklinik und Poliklinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin.

Bucher und Strauss haben gemeinsam mit Julian Prell, Oberarzt an der Neurochirurgischen Klinik, nun ein solches Bestimmungsverfahren für die Narkosetiefe entwickelt. Es basiert auf der Überwachung der Muskelaktivität der Schlund- und Rachenmuskulatur. Diese erfolgt bei bestimmten Operationen an der Schädelbasis. "Das Verfahren wird bei den chirurgischen Eingriffen eingesetzt, um die Hirnnerven im Operationsfeld zu überwachen und so deren Schädigung zu verhindern", sagt Strauss. Dabei stellten die Mediziner nun aber auch fest, dass es bei einzelnen Patienten zu einer Aktivitätszunahme der Schlund- und Rachenmuskeln kam, die sich nicht mit dem Operationsgeschehen erklären ließen. Ihre Hypothese deshalb: Dieses Phänomen könnte ein beginnendes Aufwachen der Patienten anzeigen.

Bei der Narkoseausleitung nach einer Operation wurde diese Hypothese bei 23 Patienten geprüft - und bestätigt, sagt Strauss. "Wir haben einen ersten Schritt getan, das Risiko intraoperativer Wachheit weiter zu minimieren und so die Anästhesie noch sicherer zu machen", sagt Bucher.

Dabei stellte sich heraus, dass die Überwachung der Schlund- und Rachenmuskulatur viel früher ein Aufwachen anzeigt, als das herkömmliche Narkose-Monitoring. "Das neue Verfahren hat im Schnitt 4,3 Minuten früher angezeigt, dass der Patient im Begriff ist aufzuwachen, als das herkömmliche Narkose-Monitoring. Genügend Zeit also für den Anästhesisten, eben dies zu verhindern", sagt Julian Prell. Angewendet werden kann die Methode allerdings nur bei Eingriffen, bei denen den Patienten keine Mittel zur Muskelentspannung verabreicht wurden.

Die Daten dieser Pilotstudie sollen nun in einer großen Studie überprüft werden. Dabei wollen die Mediziner ebenfalls herausfinden, ob die Narkosetiefe auch mittels Überwachung der Gesichtsmuskulatur bestimmt werden kann. Denn das jetzt entwickelte Monitoring erfordert, dass im Schlund und Rachen Nadeln gesetzt werden. Für die Narkoseärzte bedeutet dies einen großen Aufwand. Praktikabler wäre die Platzierung der Nadeln in der Gesichtsmuskulatur. "Wir wollen ein Verfahren entwickeln, das auch Ärzten anderer Kliniken zugänglich ist und ohne großen Aufwand angewandt werden kann", sagt Strauss.