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Umwelt Umwelt: Mibrag bohrt in Mecklenburg-Vorpommern

Von Birgit Voelsch 19.06.2005, 13:38
Der Geschäftsführer der Vielanker Brauhaus GmbH in Vielank (Landkreis Ludwigslust), Kai Hagen, zeigt im Sudhaus ein frisch gezapftes Weizenbier (Archivfoto vom 21.08.2003). In Mecklenburg-Vorpommern einem Braunkohletagebau weichen zu müssen, hätte sich der Düsseldorfer Unternehmer Kai Hagen niemals träumen lassen. (Foto: dpa)
Der Geschäftsführer der Vielanker Brauhaus GmbH in Vielank (Landkreis Ludwigslust), Kai Hagen, zeigt im Sudhaus ein frisch gezapftes Weizenbier (Archivfoto vom 21.08.2003). In Mecklenburg-Vorpommern einem Braunkohletagebau weichen zu müssen, hätte sich der Düsseldorfer Unternehmer Kai Hagen niemals träumen lassen. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Lübtheen/dpa. - Wennhier in 10 oder 15 Jahren ein Tagebau entstünde, würde er Brauhaus,Hotel und Gaststätte sofort schließen und verschwinden, sagt Hagen.Vier Millionen Euro habe er investiert, eine weitereMillioneninvestition nun gestoppt.

Auch für die alteingesessenen Einwohner der «Griesen Gegend» imKreis Ludwigslust ist die Erkundung der Braunkohle, die immer alsminderwertig galt, ein Schock. Denn warum, fragt sich dieBürgerinitiative «Braunkohle - Nein», gibt die Mibrag Geld fürProbebohrungen aus, wenn nicht der Wille zum Abbau vorhanden ist? Undwozu sollte die Kohle mit einem Heizwert unter 50 Prozent verwendetwerden, die nicht einmal in der an Rohstoffknappheit leidenden DDRabgebaut wurde?

Die Mibrag, ein Unternehmen der Washington Group International(Boise/USA) und NRG Energy Inc. (Minneapolis/USA), hat nach Angabender Sprecherin Sylvia Werner bis zum Jahresende die Genehmigung fürProbebohrungen. Dann müsse entschieden werden, ob sich eine weitereErkundung lohnt. Ob der Antrag auf Abbau gestellt wird oder nicht,sei noch offen.

Andreas Vones von der Bürgerinitiative hat recherchiert: Nicht dieKohle, sondern die Asche ist interessant. Die rund um das StädtchenLübtheen lagernde so genannte Diatomeenkohle ist nicht aus Pflanzenentstanden, sondern aus Kieselalgen, erläutert der Dezernent beimGeologischen Dienst im Landesamt für Umwelt, Naturschutz undGeologie, Karsten Obst. Eine wirtschaftliche Nutzung sei nur lohnend,wenn neben der Kohle-Verbrennung zur Stromerzeugung auch die Aschegenutzt werde. Sie bestehe zu großen Anteilen aus Kieselgur, denDiatomeengehäusen. Sprecherin Werner bestätigt: «Die energetischeVerwendung allein ist nicht lukrativ.» Es müsse ein Abnehmer fürKohle und Asche gefunden werden. Die Mibrag werde kein Kraftwerkbauen. «Wir erbringen Vorleistungen für einen eventuellen Abnehmer.»

Mit dem Rohstoff Asche ließen sich Schadstoffe aus Gasen filtern,außerdem könne er als Isolier- und Füllmaterial verwendet werden.«Ohne die Asche hätte Alfred Nobel das Dynamit nicht erfinden können,denn erst sie macht Nitroglyzerin transportfähig», sagt Vones. Undnoch eine Nutzung hat er ausgemacht: Die Asche könne zu einem äußersthitzebeständigen keramischen Werkstoff verarbeitet werden, etwa fürHitzeschilde in der Raumfahrttechnik. Vones vermutet, dass die US-Eigentümer der Mibrag in der amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasaeinen Abnehmer des Rohstoffs finden könnten.

Das auf fünf Milliarden Tonnen geschätzte Diatomeenkohle-Vorkommenbei Lübtheen östlich der Elbe wurde bereits in den 70er und 80erJahren erkundet, sagt Obst. Das Vorkommen, das sich über 135Quadratkilometer erstreckt, sei im Vergleich zu anderenBraunkohlelagerstätten klein, aber Diatomeenkohle sei sehr selten.Sie lagere hier 50 bis 400 Meter tief in fünf übereinander liegendenFlözen. Abbauwürdig sei nur das mittlere, 37 Meter mächtige Flöz. Amwenigsten tief liege die Kohle auf dem Gelände des Übungsplatzes.

Die Mibrag wie auch das Schweriner Wirtschaftsministerium, daseinen Abbau genehmigen müsste, verstehen die Aufregung derBürgerinitiative nicht. Es werde über Dinge gesprochen, dievielleicht in 10, 15 oder 20 Jahren aktuell seien, sagteMinisteriumssprecher Gerd Lange. Die Einwohner beruhigt das nicht.Betroffen seien Landwirte wie Tourismusanbieter, die sich in denvergangenen Jahren in dem Landstrich etabliert haben. MehrereInvestitionen seien auf Eis gelegt - vom Bau einer Fünf-Millionen-Ferienanlage bei Lübtheen bis hin zum Kauf von Einfamilienhäusern.