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Thüringen Thüringen: Holz- und Zellstoffindustrie boomt im Südosten

Von Arno Schütze 06.08.2004, 14:14
Durch ein "Gebirge" von Sägespänen arbeitet sich im ostthüringischen Ebersdorf ein Schaufellader in der Bau- und Holztechnik Thüringen GmbH (BHT), ein Tochterunternehmen der Kunz Holding Unterensingen. (Foto vom 28.07.2004: dpa)
Durch ein "Gebirge" von Sägespänen arbeitet sich im ostthüringischen Ebersdorf ein Schaufellader in der Bau- und Holztechnik Thüringen GmbH (BHT), ein Tochterunternehmen der Kunz Holding Unterensingen. (Foto vom 28.07.2004: dpa) ZB

Ebersdorf/dpa. - Viele Standortvorteile hat der südöstlichsteZipfel Thüringens nicht. Die Region ist bergig, dünn besiedelt undliegt weitab von Industrie-, Kultur oder Wissenschaftszentren. Nurvon einem hat die Gegend genug: Bäume. Und daraus schlägt sieinzwischen erfolgreich Kapital. Mehrere Unternehmen haben sich im«Kompetenzzentrum Holz» angesiedelt, dem Sägewerke, Holzverarbeiterund ein Zellstoffproduzent angehören. Nach Angaben desWirtschaftsministeriums beschäftigen die elf Holz verarbeitendenFirmen des Saale-Orla-Kreises ein Drittel der 3200 Mitarbeiter derBranche und erwirtschaften damit mehr als die Hälfte des Umsatzesvon 700 Millionen Euro.

Zehn Güterzüge und 1000 Lastwagen liefern allein den fünf größtenFirmen mit den Kurzbezeichnungen KHT, ZPR, BHT, Rettenmeier und ZHTjeden Tag Holz. Oder sie bringen die fertigen Produkte zu Kunden. ImJahr kommen dabei über fünf Millionen Tonnen zusammen. Rund eineMillion davon geht auf das Konto des 1999 gebauten Betriebs der Bau-und Holztechnik Thüringen GmbH (BHT). Der stellt den am meistenverwendeten Holzwerkstoff Deutschlands her: Spanplatten. «80 Prozentder Fertighäuser in Deutschland werden mit unseren bis zu achtZentimeter dicken Spanplatten gebaut», sagt Geschäftsführer ManfredKunz. Das günstige Produkt geht auch an Hersteller von Möbeln undFußbodenbelägen.

Stolz präsentiert Kunz die neuartige 45 Meter lange Presse, diebei 250 Grad eine Endlosspanplatte herstellt. Eine Säge am Endeschneidet sie in Bretter. Vor den grauen Werkshallen mit den rotenStreifen türmen sich Berge von Sägemehl und Hackschnitzel auf. «Wirhaben uns hier wegen der Nähe zum Rohstoff und zum Abnehmerangesiedelt», sagt Kunz. «Es bleibt viel Geld auf der Strecke, wennman Holz über weite Distanzen transportiert.»

Die Idee des zur schwäbischen Kunz-Gruppe gehörenden Unternehmenswar es, den größten Teil der Rohstoffe vom nach eigenen Angabengrößten Einzelsägewerk Europas Klausner Holz Thüringen (KHT) auf deranderen Straßenseite zu bekommen. Seit einiger Zeit klappt das abernicht mehr richtig. Die Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal inBlankenstein (ZPR) hat ihre Produktion stark ausgeweitet, bekommtnun den Großteil der Hackschnitzel von KHT. Sie ist auf rindenfreieQualität angewiesen, kann dafür mehr zahlen als BHT. «Nun beziehenwir unsere Rohstoffe von 170 Sägewerken und 200 Forstämtern aus demgrößeren Umkreis», sagt Kunz. Sein Werk mit 110 Mitarbeiternarbeitet profitabel, erwartet in diesem Jahr ein Umsatzwachstum vonzehn Prozent auf 50 Millionen Euro.

Auch ZPR schreibt schwarze Zahlen. Die Firma stellt mit ihrenrund 500 Mitarbeitern heute kein Papier mehr her, wohl aber 310 000Tonnen Zellstoff, der an Papierfabriken geht. In diesem Jahrerwartet Geschäftsführer Leonhard Nossol ein Umsatzwachstum von fünfProzent auf 150 Millionen Euro. Derzeit beginnt im zum Unternehmengehörende Zellstoffwerk in Arneburg (Sachsen-Anhalt) die Produktion,mittelfristig werde auch der Blankensteiner Betrieb noch einmalerweitert. In den vergangenen Jahren hatte die ZPR ihre Produktionverdoppelt.

In der neuen Papierfabrik in Rudolstadt-Schwarza wird in Kürzeallerdings nicht der Zellstoff aus Blankenstein, sondern Altpapiergebraucht. Der Betrieb des Fuldaer Unternehmens Adolf Jass will dortab Ende des Jahres mit 220 Beschäftigten Papier für Verpackungen ausWellpappe herstellen. Zu den weiteren größeren Firmen, die mit Holzzu tun haben, gehören das Sägewerk Rettenmeier in Ullersreuth undder Hersteller von Mulchen und Holzgranulaten ZHT Holzverwertung inEbersdorf.

So begehrt das Holz ist und so viele Arbeitsplätze daran hängen,für viele Bürger ist die neue Industrie auch eine Plage. Nur zwölfProzent des Holzes werde derzeit auf der Schiene transportiert, sagtKunz. Die ansässigen Unternehmen hätten nichts dagegen, mehr Zügeeinzusetzen. Allerdings spielt die Deutsche Bahn AG nicht mit undwill zu allem Überfluss möglicherweise einen Teil der derzeit vonden Holzfirmen genutzten Strecken stilllegen. «Wir haben vor, füreine Million Euro ein Gleis direkt an unser Gelände zu legen», sagtKunz. «Das macht natürlich nur Sinn, wenn die Strecke auch weiterhinbetrieben wird.» Noch sei die Chance nicht vertan, aus demwirtschaftlich erfolgreichen auch einen verkehrstechnischfortschrittlichen Standort zu machen.