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Synthetisches Quarzglas aus Bitterfeld Synthetisches Quarzglas aus Bitterfeld: Reiner und klarer als saubere Bergluft

Von Frank Zimnol 11.04.2001, 16:54

Bitterfeld/MZ. - Der Siegeszug von Internet und E-Commerce wird für den Standort Bitterfeld der Heraeus Tenevo AG (Hanau) mehr und mehr zum Glücksfall. Weil der Bedarf an Glasfaserkabeln zur Datenübertragung über das neue Medium explosionsartig wächst, will der Investor seine Produktionskapazitäten für das Ausgangsmaterial Quarzglas verdoppeln. Anfang nächsten Jahres geht Werk II in Betrieb, sagte Günter Bachmann, Vorstandschef von Heraeus Tenevo, gestern in Bitterfeld.

Synthetisches Quarzglas ist ein absolutes High-tech-Produkt. "Würde man durch einen entsprechend dicken Quarzglasblock schauen, wäre die Sicht noch besser als in klarer Bergluft", verdeutlichte Vorstand Heinz Fabian, zuständig für Produktentwicklung, die Güte des in Bitterfeld erzeugten Materials. Eine Tonne Quarzglas enthalte weniger als ein Gramm an Verunreinigungen. Diese "höchste chemische Reinheit" prädestiniert die daraus erzeugten hauchzarten Fasern, Daten auf völlig neue Weise zu übertragen. Während sie in Kupferkabeln in Form von elektrischen Signalen transportiert werden, geschieht das in dem neuen Werkstoff durch Ausbreitung von Lichtimpulsen. Auf diese Weise sei es möglich, größere Datenmengen schneller und sauberer zu übertragen, erläuterte Fabian. Während es zum Beispiel Wochen in Anspruch nehmen würde, einen Videofilm via Kupferkabel zu versenden, passiere das mittels optischer Kommunikationsleitung in Minutenschnelle.

Der Glasfasermarkt verzeichnete in den letzten zwei Jahren Wachstumsraten von 40 Prozent. 30 Prozent erwarten Experten für 2001 und in den folgenden Jahren noch immer 20 Prozent. Heraeus Tenevo, das für ein Viertel aller in der Welt erzeugten Fasern das Quarzglas liefert - 90 Prozent dieser Menge stammen aus Bitterfeld - will am Boom weiterhin teilhaben.

Doch der Ausbau der Kapazitäten geht ins Geld. Um neue Finanzquellen zu erschließen, sollen erstmals in der Geschichte von Heraeus externe Kapitalgeber ins Boot geholt werden. Die Verhandlungen stünden vor dem Abschluss, sagte Bachmann. Sorgen bereitet dem Manager der Mangel an hochqualifizierten Fachleuten. Während es keine Probleme bereite, die Produktionskräfte für das Aufstocken der Bitterfelder Belegschaft von derzeit 370 auf etwa 670 zu rekrutieren, sei der Arbeitsmarkt bei geeigneten Ingenieuren sowohl an der Mulde wie im Rhein-Main-Gebiet "wie leer gefegt".