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Studentenaustausch Studentenaustausch: Von Nanjing direkt nach Cottbus

Von Bettina Grachtrup 22.01.2003, 22:03

Cottbus/dpa. - Die Heimat ist weit weg, und mit dem deutschenEssen hat Yi Ding auch seine Probleme. Dennoch bereut der 26-jährigeChinese nicht, zum Studium nach Cottbus gekommen zu sein. Dort ist erin guter Gesellschaft: Die Brandenburgische Technische Universität(BTU) ist eine der deutschen Hochschulen mit den meisten Studentenaus dem Reich der Mitte. Im laufenden Semester sind von 4500Studenten rund 470 Chinesen. Bundesweit beobachtet der DeutscheAkademische Austausch Dienst (DAAD) in Bonn seit 1997 einendeutlichen Anstieg chinesischer Studenten in Deutschland.

Yi Ding studierte in seiner Heimat schon Automatisierungstechnik.Da ein zweites Studium dort nicht erlaubt ist, versuchte er es inDeutschland mit Informatik. Wie er aus der Millionen-Stadt Nanjing imeher beschaulichen Cottbus gelandet ist? «An einer Universität inBerlin hätte ich keinen Platz für einen Deutschkurs bekommen»,erklärt der junge Mann. Seine Grundkenntnisse in der fremden Sprachehätten damals für ein Studium nicht ausgereicht.

Rund 13 500 von Yi Dings Landsleuten studierten im Wintersemester2001/2002 an deutschen Universitäten, wie Stefan Hase-Bergen vomDAAD-Referat China und Mongolei sagt. Innenpolitischen Reformen unddie Ein-Kind-Politik hätten in China dazu geführt, dass Familien mehrGeld für die Ausbildung ihres Nachwuchses haben: «Alles konzentriertsich auf das eine Kind.» In China gebe es jedoch zu wenigStudienplätze, so dass die jungen Leute in die westlichen Ländergeschickt würden.

Das Land der Träume sei für die Chinesen zwar nach wie vor dieUSA, sagt Hase-Bergen. Doch Deutschland habe einen guten Ruf inChina. Zudem gebe es hier keine Studiengebühren. Heute sind dieChinesen die größte Gruppe ausländischer Studenten an deutschenHochschulen. Nach den von der Kulturministerkonferenz festgelegtenKriterien müssen sie einen Bildungsabschluss mitbringen, der zu einemStudium berechtigt und zudem bereits in China eine Zeit lang studierthaben.

Bevorzugt bewerben sich Chinesen für Wirtschafts-, Natur- undIngenieurwissenschaften. Zu den beliebtesten Zielorten gehören auchBremen und Darmstadt. Die Technische Universität Darmstadt mit 18 000Studenten verzeichnet im laufenden Semester 377 Chinesen. An derUniversität Bremen sind es derzeit 437 von rund 20 000 Studenten.

Nachdem die Zahl der gefälschten Bewerbungsunterlagen starkzugenommen hatte, richtete der DAAD am 1. Juli 2001 in der DeutschenBotschaft in Peking eine Prüfstelle ein. Die Mitarbeiter checken dieUnterlagen und führen Interviews mit den Kandidaten. Über dieZulassung entscheiden letztlich die deutschen Hochschulen selbst, sieverlangen aber in der Regel ein Zertifikat der Prüfstelle. Imvergangenen Jahr gingen in Peking zwischen 13 000 und 14 000 Anträgeein, deutlich mehr als erwartet.

Deshalb kann auch in Brandenburg längst nicht jeder Aspirant miteiner Annahme rechnen. In Cottbus wollen die jungen Asiaten vor allemInformatik und Wirtschaftsingenieurwesen studieren, sagt die Leiterindes BTU-Auslandsamtes, Kathryn Prouty. Aber: «Wir lassen nur etwa dieHälfte der internationalen Bewerber zu.»