Stellenabbau Stellenabbau: Die Deutsche Bank im Fadenkreuz der Kritik
Frankfurt/Main/dpa. - Rolf Breuer, Aufsichtsratsvorsitzender der Bank und Vorgängerihres heutigen Chefs Josef Ackermann, ist die Sonderrolle leid. «Wirwollen keine deutsche Ikone sein», bekannte er im kleinen Kreis,nachdem ein unerwarteter Sturm der Entrüstung über die Deutsche Bankhereingebrochen war.
Anlass war ein Stellenabbau von 6400 Arbeitsplätzen, der simultanmit einem stark gestiegenen Gewinn und ehrgeizigen Renditezielenverkündet wurde - einen Tag, nachdem die Zahl der Arbeitslosen inDeutschland erstmals die Grenze von fünf Millionen überschrittenhatte. Vertreter aus Politik, Wirtschaftsverbänden und Wissenschaftgaben inmitten des Karnevals jegliche Zurückhaltung auf undkritisierten den Schritt als «Schweinerei», sahen «tumbeGeldmenschen» am Werk und riefen sogar zum Boykott der Bank auf.
Frank Roselieb vom Kieler Institut für Krisenforschung gibt derVorgehensweise der Bank eine Mitschuld: Die gute Nachricht einesGewinnsprungs und die schlechte des Personalabbaus hätte nichtzeitgleich von ein und derselben Person, nämlich Ackermann,verkündet werden dürfen. «Den Bankern in ihren Zentralen fehlt dieAnbindung an die realen Probleme der Menschen. Die Filialen sindweit weg», betonte Roselieb. Aufsichtsrat Breuer zeigte sich bereitsreuevoll. Banken umgebe immer der Schleier des Geheimnisvollen. «Wirmüssen mehr erklären», meinte er.
Kontroversen um Äußerungen und Auftritte von Deutsche-Bank-Managern haben inzwischen Tradition. Der frühere VorstandssprecherHilmar Kopper hatte offene Handwerkerrechnungen in Millionenhöhe imZusammenhang mit dem Skandal um den gescheiterten Baulöwen JürgenSchneider 1994 als «Peanuts» - also «Kleinigkeiten» - bezeichnet.Die Tochter «Deutsche Bank 24» mutierte 2000 durch ungeschickteKommentare zum Symbol für eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, weil dievermögenden Privatkunden vom Mutterhaus betreut wurden. Imvergangenen Jahr schließlich ließ sich Ackermann als Angeklagter imDüsseldorfer Mannesmann-Prozess grinsend mit Siegeszeichen von denKameras ablichten - und erklärte später, die Geste sei eineNachahmung des Popstars Michael Jackson gewesen.
Die Rolle des Aushängeschilds kann das Kreditinstitut nur schwerablegen. «Die Deutsche Bank entstand 1870 im Zusammenhang mit derReichsgründung zur Unterstützung des deutschen Außenhandels. Siegalt immer als die größte und die 'deutsche' Bank - das war nichtnur eine Formel», erklärt der Frankfurter Historiker Lothar Gall.Mit der Auflösung der Deutschland AG, eines Netzwerks von Banken undIndustriekonzernen, und der internationalen Expansion imInvestmentbanking änderte sich das Profil der Deutschen Bank zwargrundlegend, doch in der öffentlichen Wahrnehmung bleibt diehistorische Rolle lebendig.
So groß die Aufregung auch ist, die Folgen einer Imagekrise fürden Geschäftserfolg der Bank dürften nach Einschätzung vonKrisenforscher Roselieb dennoch überschaubar sein. Boykottaufrufekönnten bei Lebensmitteln oder anderen Produkten, die täglich neugekauft werden, Erfolg haben. «Aber niemand wird wegen einesFehltritts von Herrn Ackermann sein Konto bei der Deutschen Bankauflösen».