Solar-Unternehmen Solar-Unternehmen: Zurück in die Zukunft
Halle (Saale)/MZ. - Die deutsche Solarindustrie steckt in der Krise. Die Konkurrenz von asiatischen Unternehmen - vornehmlich aus China - ist gnadenlos. Die Preise für Solarmodule sanken in den vergangen zwölf Monaten laut Experten um rund 30 Prozent. Erst Anfang der Woche gab das Solarunternehmen Q-Cells aus Bitterfeld-Wolfen bekannt, dass es nach hohen Verlusten sein gesamtes Eigenkapital aufgezehrt hat. In diesem schwierigen Marktumfeld baut der ehemalige Q-Cells-Vorstand Hartmut Schüning dennoch eine neue Solarfirma auf. In den kommenden drei Jahren soll für einen zweistelligen Millionenbetrag eine erste Produktionsstätte entstehen. Sitz des Unternehmens mit dem Namen Second Solar Century ist Halle.
Schüning kennt sich in der Solarbranche bestens aus. Sechs Jahre leitete er die Finanzgeschäfte von Q-Cells. Er brachte das Unternehmen 2006 an die Börse und sorgte vor seinem Ausscheiden Mitte 2009 dafür, dass Q-Cells mit dem Verkauf von Anteilen des Solarkonzerns REC eine halbe Milliarde Euro zuflossen. An Angeboten von anderen Firmen mangelte es ihm nach eigenen Aussagen danach nicht. "Ich wollte aber in der Solarbranche bleiben", sagt der heute 52-Jährige. Er entschied sich, eigene Wege zu gehen. Zusammen mit Ralf Wendt gründete er Second Solar. Wendt kommt von der ehemaligen Q-Cells-Tochter Calyxo, die Dünnschichtmodule auf Basis von Cadmiumtellurid (CdTe) herstellt.Schüning sieht in dieser Technologie die solare Zukunft. Die CdTe-Module ließen sich kostengünstig herstellen und würden selbst bei schwachem Licht oder hohen Außentemperaturen einen guten Wirkungsgrad erreichen. Kritik an der Umweltverträglichkeit der Module mit Cadmium - der Stoff ist sehr giftig - weist Schüning zurück. Mehrere Studien hätten die Unbedenklichkeit nachgewiesen, da Cadmium als Stoff fest eingebunden sei. Der amerikanische Solarkonzern First Solar setzt erfolgreich auf die Technik und ist in wenigen Jahren zum weltgrößten Solar-Unternehmen aufgestiegen. First Solar produziert auch in Frankfurt (Oder), leidet derzeit aber auch unter dem harten Wettbewerb auf dem Solarmarkt. "Es gibt weltweit eine Handvoll Unternehmen, die diese Technologie anwenden und beherrschen", so Schüning. Er will an den Erfolg von First Solar anknüpfen - der Unternehmensname Second Solar sei daher bewusst gewählt.
Für Halle als Firmensitz sprach laut Schüning vor allem die Forschungslandschaft. Vor Ort befinde sich das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP und es gebe viele qualifizierte Arbeitskräfte. Bis Mitte 2014 soll eine erste kleine Fabrik mit einer Kapazität von mehr als 25 Megawatt gebaut werden. Als Standort fasst Schüning das Gewerbegebiet in Halle-Queis ins Auge. "Wir schauen uns aber auch bereits bestehende Objekte an", sagt der Unternehmer. In der Region gibt es nagelneue Fabrikhallen von insolventen Solar-Firmen. Auch die Finanzierung des Projektes hält Schüning trotz Überkapazitäten im Weltmarkt für machbar. Bisher haben sich mit Fraunhofer Venture und der IBG Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt zwei Risiko-Kapitalgeber an Second Solar beteiligt. Für deutsche Solar-Unternehmen mit einer herkömmlichen Technologie sei es derzeit extrem schwer, frisches Kapital zu bekommen, sagt Schüning. Mit den von Second Solar verwendeten CdTe-Modulen wolle man jedoch preislich gegenüber chinesischen Solarzellen-Herstellern wettbewerbsfähig sein. Es sei angestrebt, mittelfristig Modulpreise von 50 Cent pro Watt zu erreichen. Zum Vergleich: Derzeit bieten große Solarfirmen sogenannte kristalline Solarmodule, die allerdings auch leistungsfähiger sind, für rund 80 Cent pro Watt an.
"Ziel ist es, dass unsere Solarmodule auch ohne staatliche Förderung für die Käufer finanziell attraktiv sind", sagt Schüning. Er spricht von der sogenannten Netzparität. Der Begriff bezeichnet den Zustand identischer Preise für selbst erzeugte im Vergleich zu eingekaufter elektrischer Energie.