Porträt Porträt: Brigitte Mohnhaupt - Organisatorin des Terrorjahrs 1977
Karlsruhe/dpa. - Dass die Haft nach mehr als 24 Jahren ein Ende fand, verdankt sie auch ihren Feinden von einst: Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hatte sich für die vorzeitige Entlassung ausgesprochen.
Unmittelbar nach dem Ende einer ersten Haftstrafe Anfang Februar 1977 hatte Mohnhaupt sich voller Tatkraft in die Reorganisation des Terrors gestürzt. Sie brachte den stockenden Informationsfluss zu den Stammheimer Häftlingen wieder in Gang und traf sich mit den orientierungslosen «Illegalen» der RAF - «um den mit Bullen durchsetzten, zu Aktionen unfähigen Verein auszumisten». Die Frau, die eigentlich Journalistin werden wollte, benötigte dazu nur zwei Monate: Am 7. April 1977 wurde Generalbundesanwalt Siegfried Buback von einem RAF-Mordkommando erschossen - als Planerin stand Brigitte Mohnhaupt hinter der Tat.
Bis heute gilt sie als strategischer Kopf der RAF jener Jahre bis zu ihrer Festnahme am 11. November 1982. Ihr Wort hatte in der Terrorgruppe Gewicht. Nicht nur, weil die Kaufmannstochter, die nach der Scheidung der Eltern bei der Mutter vor allem im Raum Karlsruhe aufgewachsen war, schon Anfang 1971 in den Untergrund gegangen war und damit zu den «Kämpfern» der ersten Stunde gehörte. Während der letzten acht Monate ihrer Haft war sie - bei vier Stunden «Umschluss» pro Tag - im siebten Stock der Vollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim von denen auf ihre Führungsrolle vorbereitet worden, um die sich damals bei der RAF alles drehte: von Andreas Baader, Gudrun Ensslin und den anderen «Stammheimern».
Allerdings wäre es ein Irrtum zu glauben, Brigitte Margret Ida Mohnhaupt sei lediglich das intellektuelle Gehirn hinter der RAF gewesen. Als der Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto sich im Juli 1977 seiner Entführung widersetzte, feuerte Mohnhaupt ohne Zögern die tödlichen Schüsse ab.
Im September 1977 drehte die RAF die Schraube der Eskalation weiter. Hanns Martin Schleyer wurde entführt und später ermordet, und Rädelsführerin unter den 20 beteiligten Terroristen war Brigitte Mohnhaupt. Sie war es auch, die mit einer Palästinensergruppe die Entführung der Lufthansa-Maschine «Landshut» einfädelte, mit der Baader, Ensslin und die anderen freigepresst werden sollten. Am Ende des Jahres waren neun RAF-Opfer tot, und wäre nicht der geplante Raketenwerferanschlag auf die Bundesanwaltschaft fehlgeschlagen, hätte es womöglich weitere Tote gegeben.
Dass Mohnhaupt noch einmal Terrorakte begehen könnte, glaubt heute niemand mehr - schon, weil mit dem Ende der RAF der Motor der Gewalt weggefallen ist. Auch wenn sie den RAF-Terrorismus nicht nachträglich in Frage stellt: Mit den Folgen ihrer Taten soll sie sich ernsthaft auseinander gesetzt haben. So jedenfalls steht es im Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart zu ihrer Entlassung, in dem auch nachzulesen ist, warum Mohnhaupt eine Entschuldigung an die Adresse der Angehörigen für unzulänglich hält: Entschuldigen könne man sich für Vieles im täglichen Leben, nicht jedoch für den Verlust eines Menschen.