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Wittenberg Wittenberg: Das Bild vom Bundespräsidenten

06.03.2012, 17:37

WITTENBERG/MZ/TEO. - Am Donnerstag ist in Berlin der umstrittene Große Zapfenstreich für Ex-Bundespräsident Christian Wulff. Für sein Konterfei in öffentlichen Ämtern war der schon längst. Abgehängt von der Wand im Foyer der Kreisverwaltung wurde das Bild zwei Tage nach Wulffs Rücktritt am 17. Februar. Die kahle Stelle werde wohl niemandem auffallen. "So lange hing ja das Bild nicht, dass es einen weißen Fleck geben könnte", meint Kreis-Pressesprecher Ronald Gauert. "Es sollte einer oder eine sein, der die Interessen von Ost und West miteinander verknüpfen kann", zeichnet indes Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) sein Bild von einem Staatsoberhaupt, ohne Namen nennen zu wollen.

Im Krankenbett hatte die Coswiger Bürgermeisterin Doris Berlin (parteilos) die Nachricht von Wulffs Amtsaufgabe erreicht. Als sie in der Woche darauf wieder genesen an ihren Schreibtisch zurückkehrte, war dessen Foto an der Wand zu ihrer Linken schon verschwunden. Wer es abgenommen hat, wisse sie nicht. "Sowas kommt bei uns ins Archiv", sagt die Coswigerin. Dort dürften sich jetzt fünf Bilder ehemaliger Bundespräsidenten seit 1990 befinden. Die Bürgermeisterin hält es für angemessen, dass das Staatsoberhaupt seinen Staatsdienern präsent ist. "Eine Frau als ersten Mann im Staate" würde sie sich wünschen, sagte Berlin. "Natürlich, aufgeschlossen, dem Volk aufs Maul schauend" - so skizzierte sie ihr Idealbild. Eine Vorschrift, dass das Foto des Bundespräsidenten in kommunalen Ämtern aufzuhängen ist, gibt es übrigens nicht. "Bei der Schnelligkeit lohnt sich das auch nicht", sagt der Jessener Bürgermeister Dietmar Brettschneider (CDU). Er gibt auch unumwunden zu, dass er den von der Regierungskoalition nominierten Joachim Gauck nicht für das Vorbild hält, das ein Bundespräsident dem Volk sein sollte - "schon wegen dessen Familienverhältnisse, da bin ich eben konservativ". Akzeptanz im Volk werde nur ein vom Volk direkt gewählter Bundespräsident finden, meint der Jessener.

Peter Müller (Freie Wähler) hat das Bild vom Bundespräsidenten in seinem Büro vorgefunden, als er am 1. Januar 2011 ins Bürgermeisterzimmer des Zahnaer Rathauses einzog. Dass Wulff an dieser Stelle ausgedient hat, sei ihm erst viele Tage nach dem 17. Februar 2012 aufgefallen. Müller hat stattdessen die Urkunde über die Städtepartnerschaft Zahna-Edemissen aufgehängt, die soll auch dort hängenbleiben. Für Wulffs Nachfolger - "Ich kann mit jedem leben, der sich wirklich dem Volk widmet"- soll ein neuer Platz gefunden werden. "Erich Honecker war der Letzte", der laut Bürgermeister Harry Rußbült (Linke) im Gräfenhainichener Rathaus auf seine Untertanen herabschaute. Auf Beständigkeit setzt Torsten Seelig (CDU) in Kemberg: Sein Bürgermeisterbüro schmückt ein Bild vom Marktplatz des Städtchens, wenngleich sich der in nächster Zukunft durch Umbau verändern wird. In Oranienbaum hat Uwe Zimmermann (Linke) ein Foto von einem anderen Staatsoberhaupt auf dem Schreibtisch: Königin Beatrix der Niederlande. Sie hatte es ihm bei ihrem Besuch in der Barockstadt geschenkt.