Wehrbeauftragter zeigt Ausrüstungsmängel auf
Berlin/dpa. - Die Bundeswehr fühlt sich auch gut 50 Jahre nach ihrer Gründung von der Gesellschaft nur unzureichend akzeptiert und klagt über erhebliche Mängel bei ihrer Ausrüstung.
Das lässt sich aus dem Jahresbericht 2008 über den Zustand der deutschen Streitkräfte herauslesen, den der Wehrbeauftragte des Bundestags, Reinhold Robbe, am Donnerstag in Berlin vorstellte. Als besonders gravierend nannte er dabei den personellen Aderlass im Sanitätsbereich und allgemein die überbordende Bürokratie.
Mängel an Gebäuden, Ungerechtigkeiten bei der Besoldung und eine vereinzelt familienfeindliche Personalpolitik schmälerten den Anspruch der Bundeswehr als moderne Armee. Soldaten hätten ihm im vergangenen Jahr von Zuständen berichtet, die ihn als «verlängerten Arm des Bundestags» tiefgreifend beschäftigten. Als eines von mehreren Beispielen führte Robbe die Situation in einer der größten deutschen Kasernen, der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn, an.
Dort sind 4300 Soldaten und 1200 zivile Mitarbeiter im Dienst sowie die Flugbereitschaft der Bundeswehr, die Soldaten transportiert, aber auch Regierungsmitglieder und Bundestagsabgeordnete in alle Teile der Welt bringt. In diesem Standort seien rund 50 Prozent der mehr als 200 Gebäude über 50 Jahre alt, 25 Prozent hätten gar 70 Jahre auf dem Buckel. Die Arbeitsbedingungen habe ein Stabsoffizier mit den Worten beschrieben: «Wir kontingentieren und regulieren uns noch zu Tode.»
Ein Pilot habe davon gesprochen, dass sich die Hierarchie in der Bundeswehr «nach oben hin zu einem Ja-Sagertum» entwickelt habe. Der technische Stand seines Arbeitsbereichs sei im Vergleich zu den USA und England «vorsintflutlich». Die Flugzeuge seien technisch ausgezeichnet, die Funkgeräte stammten aber aus dem vorigen Jahrhundert.
Die Sicherheit und der Schutz der Soldaten stehe im Mittelpunkt seiner Arbeit, sagte Robbe. Unter dem Oberbegriff «Fürsorge» sei festzustellen, dass rund 100 Ärzte den Sanitätsdienst im vergangen Jahr verlassen hätten, wo ohnehin 430 medizinische Planstellen nicht besetzt seien. Die Zahl der Offiziersbewerber in diesem Bereich sei um 22 Prozent zurückgegangen. Besonders nachdenklich stimme ihn, dass «die Motivation der Ärzte in der Bundeswehr in erschreckendem Maße gekippt» sei. «Die deutlichen Anzeichen einer vermehrten inneren Kündigung» von Sanitätsoffizieren gäben Anlass zu «ernsthafter Sorge».
Die Furcht vor Abwanderung besteht neben dem medizinischen Bereich auch bei den Piloten der Flugbereitschaft: Es sei nicht nachvollziehbar, dass im Cockpit eines Luftwaffen-Airbus der Kommandant eine Zulage erhalte, auf die der Co-Pilot und der Rest der Besatzung aber verzichten müsse. «Das Vertrauen in den Dienstherrn wurde durch diese Maßnahme auf das äußerste strapaziert», heißt es in dem Robbe-Bericht.
Der Wehrbeauftragte würdigte erneut die Arbeit vor allem der im Auslandseinsatz tätigen Soldaten. Schwer zu erklärende Bürokratie habe er beim Besuch der deutschen Soldaten innerhalb der Internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan registriert. Um personelle Obergrenzen nicht zu überschreiten, mussten viele Soldaten fast unmittelbar nach ihrer Ankunft wieder in einen mehrwöchigen «Obergrenzenurlaub» zurück nach Deutschland. Beklagt wurde von den Afghanistan-Soldaten auch, dass sie von Anschlägen häufig nur über Medien und nicht von ihren Vorgesetzten erführen.
Durchgängig ist die Kritik an der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und Dienst in der Bundeswehr, beispielsweise durch fehlende Kitas in Kasernen. Oft unzureichend sei auch die Familienbetreuung während des Einsatzes sowie das Fehlen flexibler Arbeitszeitmodelle. Sorgen bereiteten nach wie vor auch sexuelle Übergriffe auf weibliche Soldaten. Ferner hätten ihn 31 Verdachtsfälle auf Kinderpornografie erreicht. Leicht zurück gingen die Anzeigen, die mit Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus zu tun hatten.