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USA USA: Außenpolitik ist für Obama auch Innenpolitik

Von Jochen Arntz 08.02.2015, 18:08

Natürlich, die Perspektive des Gipfeltreffens am Mittwoch in Minsk hat eine gewisse Atempause gebracht. Doch es ist eben erst einmal nur eine Atempause. Die eine große Frage an diesem Montag, an dem Angela Merkel Washington besucht, lautet immer noch: Sollen die USA der Ukraine Waffen liefern? Oder zugespitzter: Sollen die USA in einen europäischen Krieg eintreten?

Barack Obama, den Merkel im Weißen Haus treffen wird, hat sich in den letzten Tagen dazu nicht geäußert. Er wird abwarten, was ihm sein Vizepräsident Joe Biden und sein Verteidigungsminister John Kerry aus München berichten werden. Und er wird, wenn es für die deutsche Kanzlerin gut läuft, auch abwarten, was Angela Merkel ihm aus Berlin nahelegen wird. Und da ist es fraglich, ob Merkels Bezugnahme auf die Haltung der USA nach dem Mauerbau 1961 wirklich so glücklich war. Das klingt auf den ersten Blick entspannungspolitisch überzeugend. Wenn man aber nachrechnet, dass es 28 Jahre gedauert hat, bis die Amerikaner im Krieg um die Mauer ohne Waffen obsiegten, dann ist das Argument vielleicht doch nicht ganz so hilfreich.

Auch Madeleine Albright will Waffen liefern

Zumindest wird der amerikanische Präsident seine republikanischen Widersacher im Land, die lieber heute als morgen Waffen nach Kiew liefern würden, mit solchen Geschichtsbetrachtungen nicht überzeugen. Vielleicht kann man einen eigentlich nachdenklichen Vietnam-Veteranen wie den Republikaner John McCain, der Angela Merkel jetzt plötzlich als Zauderin beschimpft, ohnehin nicht mehr umstimmen. Und das ist das interessanteste Problem in der ganzen Gemengelage. Die Ukraine-Politik ist für Barack Obama auch Innenpolitik, weil er sich von seinen Gegnern im Kongress und Senat nicht vorwerfen lassen kann und will, er sei ein schwacher Präsident, nur da auch er nicht der Auffassung ist, dass sich der Kampf um die Ukraine mit Waffen gewinnen lasse. Daher könnte es sein, dass Obama mit Merkel einer Meinung ist, er es sich aber nicht erlauben kann, diese Meinung auch so deutlich zu vertreten, dass er sich festlegt. Das zeigt sich auch daran, dass Madeleine Albright, die frühere Außenministerin der Demokraten, in Interviews sehr deutlich fordern darf, die USA mögen der Ukraine endlich panzerbrechende Waffen liefern. Widersprochen wurde ihr bisher nicht von ihrer Partei. Viele Türchen bleiben also offen.

Für Merkel zumindest ist Obama und seiner Regierung in diesen Tagen keine große Unterstützung gewesen, vielmehr erscheint es so, dass der amerikanische Präsident es gerne der deutschen Kanzlerin überlässt, sich gegen den Krieg zu stemmen. Er hat das außenpolitische Risiko nach Europa delegiert. Das wird der deutschen Regierung längst klar geworden sein. Aber er hat ihr damit auch eine Menge Verantwortung gegeben. Und man kann nicht sagen, dass sie diese nicht angenommen hätte.

Es sind nicht viele Stunden, die Angela Merkel nun in Washington hat, um noch einmal für ihre Position zu werben. Nach den Flügen Richtung Kiew und Moskau. Immerhin, ihre Position war bislang so klar, dass deren Beschreibung nicht allzu viel Zeit bräuchte. Die Zwänge Barack Obamas dürften mehr Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen. Auch wenn sie gar nicht mehr alle ausgesprochen werden müssen. Irgendeine Form der Stärke wird der Präsident zeigen müssen, und wenn er Angela Merkel nur zu noch härteren Sanktionen gegen Russland drängen sollte. Auch dagegen hat sich die deutsche Kanzlerin zwar stets gewandt. In der gegenwärtigen Situation aber könnten mit einer solchen Lösung vielleicht beide Seiten das Gesicht wahren, Europa und Amerika, Merkel und Obama.

Wobei es sehr wahrscheinlich ist, dass es nicht lange dauern wird, bis beim nächsten Telefonat, beim nächsten Besuch wieder über Waffen für die Ukraine, Waffen gegen Putin geredet wird. Das klingt nach der Logik des Kalten Krieges, und doch ist heute so vieles anders: Im Kalten Krieg gab es keinen deutschen Bundeskanzler, der in Washington so für Europa sprechen konnte, sprechen musste, wie Angela Merkel es heute tut. Nicht nur an diesem Montag im Weißen Haus.