+++ Ukraine-Newsticker+++ +++ Ukraine-Newsticker+++: Putin fordert Merkel zum Dialog auf
Kiew/Berlin - Die Ukraine-Krise hat sich am Wochenende dramatisch verschärft: Bei einer Militäroffensive gegen Separatisten im Osten des Landes und einem provozierten Hausbrand in Odessa gab es dutzende Tote. Zu einer kurzen Kampfpause kam es am Samstag, um den freigelassenen OSZE-Militärbeobachtern die Ausreise nach Berlin zu ermöglichen. Wir halten Sie über die weitere Entwicklung mit einem Newsticker auf dem Laufenden.
+++22:20 Uhr: Immer mehr ukrainische Juden wandern nach Israel aus+++
Immer mehr ukrainische Juden wandern angesichts der Krise in ihrem Heimatland nach Israel aus. Von Januar bis April seien insgesamt 762 ukrainische Einwanderer registriert worden, teilte die Einwanderungsbehörde am Sonntag mit. Im Vergleich zum Vorjahr, als im gleichen Zeitraum 315 Juden aus der Ukraine nach Israel kamen, hat sich die Zahl der Einwanderer damit mehr als verdoppelt. Es fragten auch immer mehr ausreisewillige ukrainische Juden bei der Behörde um Rat, sagte eine Sprecherin. In der Ukraine leben etwa 200.000 Juden, die meisten von ihnen in der Hauptstadt Kiew. Aus dem Ukraine-Konflikt hat sich die israelische Regierung bislang herausgehalten. Auch in Russland gibt es mit rund 570.000 Menschen eine große jüdische Gemeinde.
+++20:15 Uhr: Putin fordert bei Telefonat mit Merkel Dialog in der Ukraine+++
Der russische Präsident Wladimir Putin hat in einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach Kremlangaben einen Dialog der Konfliktparteien in der Ukraine gefordert. Der Kremlchef bekräftigte seine Haltung, wonach die prowestliche Führung in Kiew dringend das Gespräch mit den moskautreuen Protestführern im Südosten des Landes suchen müsse. Merkel habe sich in dem Gespräch erleichtert gezeigt über die Freilassung der festgesetzten OSZE-Beobachter, hieß es am Sonntagabend in Moskau. Wie der Kreml weiter mitteilte, wird der OSZE-Vorsitzende Didier Burkhalter an diesem Mittwoch (7. Mai) zu Gesprächen über die schwere Ukraine-Krise nach Moskau reisen.
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+++19:34 Uhr: „Waren 36 Stunden gefesselt im Keller“+++
OSZE-Mitarbeiter Holger Schmuck ist wieder zu Hause und berichtet von seiner Zeit als Geisel. Mit verbundenen Augen und gefesselt war er im Keller eingesperrt. Ständig habe der Hürther an seine Familie gedacht, nie verlor er seinen Optimismus. Hier geht's zum Artikel
+++18:02 Uhr: Steinmeier fordert weitere internationale Ukraine-Konferenz+++
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier dringt auf eine weitere internationale Konferenz zur Beilegung der Ukraine-Krise. Er werbe für ein neues Treffen in Genf, „in dem endlich klare Verabredungen getroffen werden, wie man diesen Konflikt zum Stillstand bringt“, sagte Steinmeier am Sonntag der ARD-Sendung Bericht aus Berlin. „Alles andere wäre verantwortungslos, weil es nur weitere Opfer bedeutet.“ Es gehe darum, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zu stärken, „sie mit Vermittlungsaufgaben betrauen, lokale runde Tische einzurichten, dafür zu sorgen, dass lokale Konflikte in einzelnen Städten entkrampft werden“.
+++ 15:30 Uhr: Pro-russische Kräfte stürmen Rathaus von Odessa +++
Prorussische Kräfte haben am Sonntag die Zentrale der Polizei in der südukrainischen Stadt Odessa angegriffen. Die rund 3000 Demonstranten riefen „Faschisten, Faschisten“, als sie das Gebäude stürmten, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. In der Hafenstadt war am Freitagabend die Gewalt zwischen hunderten Anhängern der Regierungen in Kiew und Moskau eskaliert, 42 Menschen wurden bei den Zusammenstößen und dem Brand eines Gewerkschaftsgebäude getötet.
+++ 15:20 Uhr: Fan-Umzug als Auslöser? +++
Es begann mit einem Umzug von Fußballfans, am Ende erlebte die Ukraine den blutigsten Tag seit Monaten: Die Gewalteskalation in der Hafenstadt Odessa wurde nicht nur durch politische Rivalitäten verursacht, sondern nach übereinstimmenden Zeugenberichten auch durch gewaltbereite Fans herbeigeführt. 42 Menschen kamen dabei ums Leben, die meisten von ihnen wohl Anhänger der prorussischen Separatisten. In der Innenstadt von Odessa hatten sich am Freitag zunächst Anhänger des Heimvereins Tschornomorez mit den Gästefans des Clubs Metalist Charkiw getroffen. Die 1500 Fußballfans zogen gemeinsam zum Stadion, wo am Nachmittag die Partie angepfiffen wurde.
Dass der Marsch eine Demonstration für die Einheit der Ukraine werden würde, war nicht vorherzusehen. „Wir haben überhaupt keine Demonstration geplant. Wir haben diese Versammlung nicht organisiert“, betonte Natalia Petropawlowska, eine der Anführerinnen der proeuropäischen Proteste in Odessa. Die Initiative sei vielmehr von jungen Fans ausgegangen, die mehrheitlich für die Einheit der Ukraine seien.
Der Fanumzug in den Nationalfarben blau und gelb, die gleichzeitig das Wappen des Metalist Charkiw zieren, wurde von mehreren hundert prorussischen Demonstranten angegriffen. Einige der Angreifer waren bewaffnet, manche trugen Skimasken oder Helme, wie Augenzeugen berichteten. Bei den folgenden Auseinandersetzungen wurden mindestens vier Menschen erschossen und etwa zehn weitere verletzt.
+++ 14:26 Uhr: Russland fordert Reaktion des Westens +++
Russland fordert von der OSZE und dem Europarat eine scharfe Reaktion auf die „Anti-Terror-Operation“ in der Ostukraine. Die Regierung in Kiew führe eine „Strafaktion gegen das eigene Volk“ durch, aber der Westen schweige dazu, kritisierte das Außenministerium in Moskau am Sonntag. Russland könne nicht glauben, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) nicht informiert sei über das „Blutvergießen, das schießende Truppen an unbewaffneten Menschen“ anrichteten, hieß es in einer Mitteilung. Moskau rufe den Westen mit Nachdruck auf, auf die „tragischen Ereignisse in der Ukraine schnell zu reagieren“.
+++ 14:01 Uhr: Jazenjuk wählt drastische Worte +++
Der ukrainische Regierungschef Arseni Jazenjuk hat die tödliche Gewalt und den Brand in der Hafenstadt Odessa als Teil eines russischen „Plans zur Zerstörung der Ukraine“ bezeichnet. Es sei Russlands Ziel gewesen, „in Odessa zu wiederholen, was sich im Osten des Landes ereignet“, sagte Jazenjuk am Sonntag bei einer Pressekonferenz in der südukrainischen Stadt.
Zuvor hatte Jazenjuk eine „umfassende und unabhängige Untersuchung“ der Straßenschlachten und des anschließenden Brandes in einem Gewerkschaftshaus versprochen, bei denen in Odessa am Freitag 42 Menschen getötet worden waren.
+++ 13:06 Uhr: „Waren mehrfach in Lebensgefahr“ +++
Die nach einer Woche Geiselhaft freigelassenen OSZE-Militärbeobachter haben sich mehrfach in Lebensgefahr gefühlt. Das berichtete der tschechische Offizier Josef Prerovsky bei einem Zwischenstopp in Berlin den tschechischen Medien. Die Bewacher hätten vor den mit verbundenen Augen auf dem Boden Sitzenden immer wieder hörbar mit ihren Waffen gespielt. Auch hätten sie mehrfach gedroht, ihre Opfer als lebende Schutzschilde einzusetzen. Prerovsky wurde in Berlin am späten Samstagabend vom tschechischen Verteidigungsminister Martin Stropnicky empfangen und in die Heimat begleitet.
+++ 11:45 Uhr: Jazenjuk reist nach Odessa +++
Nach dem tödlichen Brand in der südukrainischen Hafenstadt Odessa reist Ministerpräsident Arseni Jazenjuk in die Stadt. Der Interimsregierungschef werde Vertreter aus Gesellschaft, Politik, Kultur und Wirtschaft treffen, kündigte sein Büro am Sonntag an. Jazenjuk versprach eine „umfassende und unabhängige Untersuchung“ der Straßenschlachten und des anschließenden Brandes in einem Gewerkschaftshaus, bei denen in Odessa am Freitag 42 Menschen getötet worden waren. Jazenjuk machte im Gespräch mit dem britischen Rundfunk BBC die Sicherheitskräfte für die tödliche Gewalt verantwortlich.
+++ 10:49 Uhr: Gauweiler kritisiert von der Leyen und deutsche Soldaten +++
Nach dem Ende des Geiseldramas um die entführten OSZE-Beobachter äußert CSU-Vizechef Peter Gauweiler Kritik an Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Die Aktivitäten von Bundeswehrsoldaten in Zivilkleidung in der Ostukraine - zeitgleich und außerhalb der diplomatischen OSZE-Sondermission - seien nicht im deutschen Interesse, sagte er dem „Spiegel“. Er verstehe nicht, „dass es unser Interesse sein soll, uns in dieser plumpen Weise noch tiefer in den Konflikt hineinziehen zu lassen“. Auch die festgesetzten Bundeswehroffiziere hätten während der achttägigen Geiselhaft keinen guten Eindruck gemacht, meinte Gauweiler. Zwar verletze die Zurschaustellung durch die Separatisten alle Standards. „Ich habe mich allerdings auch gefragt: Warum zum Beispiel bedankt sich ein deutscher Offizier bei seinem Geiselnehmer in einer öffentlichen Pressekonferenz? Der ganze Vorgang macht auch für die Bundeswehr einen unguten Eindruck.“
+++ 8:15 Uhr: Moskau fürchtet Großoffensive der Ukraine +++
Nach dem Ende des Geiseldramas befürchtet Moskau eine Großoffensive der ukrainischen Sicherheitskräfte gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes. Das sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow in einem Telefongespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Frank-Walter Steinmeier, wie das russische Außenministerium mitteilte.
Wie am Sonntagmorgen bekannt wurde, setzten ukrainische Sicherheitskräfte ihren „Anti-Terror-Einsatz“ gegen prorussische Separatisten mit Kampfhubschraubern und gepanzerten Fahrzeugen fort. In der Großstadt Lugansk im Osten des Landes starb bei Schusswechseln mindestens ein Aktivist, zwei weitere wurden verletzt. Das teilte Innenminister Arsen Awakow am Sonntag in Kiew mit. In Mariupol begannen die Regierungseinheiten mit dem Sturm auf ein besetztes Verwaltungsgebäude. „Sie haben uns fünf Minuten gegeben, um das Haus zu verlassen, und danach das Feuer eröffnet“, sagte Separatistensprecher Michail Krutko.
Kurz vor Freilassung der Geiseln war die Gewalt in der Ostukraine wieder eskaliert. Besonders schwere Kämpfe tobten am Samstag in der Stadt Kramatorsk, etwa 20 Kilometer südlich von Slawjansk. Die Regierungseinheiten hätten nach zweitägigen Kämpfen fast alle besetzten Verwaltungsgebäude von den Protestführern geräumt, teilte die Führung in Kiew mit.
Die Ereignisse des Samstags zum Nachlesen.
+++ 8:00 Uhr: Geisel berichten von enormer Anspannung +++
Nach acht Tagen Geiselhaft sind die in der Ostukraine festgesetzten OSZE-Militärbeobachter am Samstag wieder freigekommen. Die Männer, unter ihnen vier Deutsche, landeten am Abend an Bord einer Bundeswehr-Maschine in Berlin. Der Leiter der Beobachtermission, der deutsche Oberst Axel Schneider, äußerte sich erleichtert. „Von uns fällt im Moment ein beträchtlicher Druck“, sagte Schneider bei einem Zwischenstopp in Kiew. „Die Anspannung war enorm.“
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen widersprach der Haltung, die Militärbeobachter seien in einer viel zu gefährliche Mission unterwegs gewesen. „Die Entführung der Inspektoren ist ja der Anfang der Eskalation in der Region gewesen“, sagte die Ministerin im ZDF-„heute journal“. Die Delegation war am 25. April in Slawjansk festgesetzt worden. Allerdings hatte es bereits am 13. April in der Stadt einen sogenannten Anti-Terror-Einsatz gegen Separatisten mit Toten und Verletzten gegeben.
Oberst Schneider berichtete nach der Freilassung, in den vergangenen Tagen habe es für das OSZE-Team eine „ständig steigende Bedrohung“ gegeben. Nach Beginn der Offensive von Regierungseinheiten gegen die prorussischen Separatisten „kam sprichwörtlich das Feuer von Handwaffen und von Artillerie immer näher. Und wir waren hier zur Untätigkeit verurteilt“. (dpa, afp, rtr)